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Landeshauptstadt: Gehäutete Artgenossen

World Press Photo-Schau in den Bahnhofspassagen

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Sie gastiert in rund 80 internationalen Metropolen: New York, Paris, Tokio – und auch in Potsdam. Die Ausstellung der „200 besten Pressefotos der Welt 2009“, die jährlich von der World Press Photo-Stiftung gekürt werden, ist gestern nun schon zum dritten Mal in den Bahnhofspassagen Potsdam eröffnet worden.

Bei der Schau geht es um zweihundert Momente, bei denen es „Klick“ gemacht hat – eine erlesene Auswahl aus über 100 000 Beiträgen, die von 5847 Fotografen aus 128 Ländern eingesandt wurden. Damit ist World Press Photo der wohl größte Foto-Wettbewerb der Welt. Für fast jedes Foto hier gilt die Formel „ein Bild sagt mehr als tausend Worte“. Jeder der Schnappschüsse erzählt seine eigene Geschichte, manchmal tragisch, manchmal beeindruckend, manchmal kurios.

Dabei geht es beileibe nicht nur um Tages- und Weltpolitik: Auch in Kategorien wie Sport und Kunst, Natur und Umwelt oder Wissenschaft und Technologie sind zahlreiche eindrucksvolle Beiträge vertreten; etwa Stefano De Luigis Foto einer verdursteten Giraffe, die in einem ausgetrockneten Flussbett in Kenia liegt, das den zweiten Preis „Aktuelle Einzelfotos“ gewonnen hat.

Den Preis für das beste Pressefoto 2009 überhaupt erhielt der Italiener Pietro Masturzo: Es zeigt ein Häuserdach in Teheran, drei Frauen stehen darauf und rufen in die Nacht. Es sind Protestrufe im Schutz der Dunkelheit; das Foto entstand nach den umstrittenen Präsidentschaftswahlen im Iran, die tagelange Demonstrationen nach sich gezogen hatten. Das Bild erinnert damit an die nächtlichen Proteste der islamischen Revolution von 1979, die zum Sturz des Schahs führten. „Es berührt dich visuell und emotional“, sagte Masturzo dazu.

Wie das Siegerfoto funktionieren auch die anderen Fotografien stets auf mehreren Ebenen: Die Fotos transportieren eine Botschaft, bewegen innerlich, haben eine Pointe, bringen ein Ereignis auf den Punkt oder sind einfach nur technisch brillant. Vor allem aber sind sie ein Ausschnitt der Wirklichkeit – und die ist nicht immer schön. „Die Mehrzahl der Fotos zeigt Schwierigkeiten in der Welt“, sagte Landtagspräsident Gunter Fritsch bei der Eröffnung. Angesichts vieler ernster Themen ist für die Ausstellung auch ein gesonderter Bereich für Über-Achtzehnjährige eingerichtet wurde. Eines der dort zu sehenden Bilder zeigt drei Schafe, die durch einen Türspalt auf drei gehäutete Artgenossen blicken, die an Fleischerhaken hängen.

Einer der insgesamt drei deutschen Preisträger, der 33-jährige Meiko Herrmann, hat eine Reihe sehr bedrückender Momentaufnahmen aus dem Gaza-Streifen geschossen: Herrmann war einer der ersten westlichen Journalisten, die nach dem Gaza-Krieg 2009 in das Kriegsgebiet gelangten; es sei eine Reise durch „surreale Landschaften“ mit stark zerstörter Infrastruktur gewesen, so Herrmann. Ein Foto zeigt einen Jungen, der durch eine Haustür geht – das einzige, was von dem Haus übrig geblieben ist. „Es war nicht leicht, die Menschen in dieser Not zu fotografieren, denn ich betrat ja nicht irgendwelche Ruinen, sondern ihr zu Hause“, sagte Herrmann. Erik Wenk

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