Potsdam: Geldmangel: Straßenbahnnetz wird nicht erweitert
Für Neubaustrecken durch Eiche und die Großbeerenstraße fehlen wegen Kürzungen des Bundes die Finanzen. Die Stadt Potsdam kann den Bau selbst nicht bezahlen.
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Potsdam kann sein Straßenbahnnetz nicht wie geplant mit neuen Strecken erweitern. Die umstrittenen Neubauprojekte nach Golm und durch die Großbeerenstraße, die das im Januar vorgelegte Stadtentwicklungskonzept Verkehr noch vorsah, wird es vorerst nicht geben. Gesichert sei lediglich die Verlängerung der Straßenbahnlinie vom Bornstedter Feld zum Campus Jungfernsee für insgesamt 6,1 Millionen Euro, teilten die Stadtverwaltung und die Potsdamer Verkehrsbetriebe auf PNN-Anfrage mit. Außerdem sei für die nächsten Jahre die Sanierung der Tramstrecken durch die Friedrich-Ebert-Straße und die Heinrich-Mann-Allee gesichert.
Hintergrund des städtischen Sinneswandels sind jüngste Entscheidungen auf Bundes- und Landesebene. Die Bundesregierung will die Mittel für Investitionen in die Schieneninfrastruktur der Kommunen senken. Brandenburgs Infrastrukturminister Jörg Vogelsänger (SPD) beabsichtigt zwar, sogar eine leichte Erhöhung der Investitionsmittel über eine Änderung des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr zu erreichen. Doch selbst wenn es so kommt, kann Potsdam wie berichtet künftig deutlich weniger Geld für Neubau und Sanierung von Straßenbahnstrecken ausgeben. Der Grund dafür ist, dass die Mittel des Bundes bisher projektbezogen vom Land an die Kommunen zugewiesen worden sind. Nach Vogelsängers Plänen werden sie künftig über einen Verteilungsschlüssel berechnet, der Streckenlänge und Fahrgastanzahl berücksichtigt. Danach soll Potsdam von allen Städten in Brandenburg zwar weiterhin das meiste Geld erhalten, trotzdem stehen der Landeshauptstadt weniger Mittel zur Verfügung: In den vergangenen Jahren hatte die Stadt im Durchschnitt 2,9 Millionen Euro jährlich für Investitionen in die Tram-Infrastruktur kassiert. Ab 2014 müsste sie nach den Planungen des Landes mit knapp zwei Millionen Euro auskommen.
Mit den Mitteln in der angekündigten Höhe scheine die Erhaltung des vorhanden Gleisnetzes in den nächsten Jahren möglich zu sein, sagt Stadtsprecher Stefan Schulz. Größere Neubauten sind also nicht möglich. Ein Blick auf die Zahlen verdeutlicht das: Der Verkehrsbetrieb in Potsdam (ViP) gab von 2006 bis 2011 insgesamt fast 35 Millionen Euro für die Sanierung von Gleisanlagen und Oberleitungen der Straßenbahn aus. Davon kamen zwölf Millionen Euro von der Stadt Potsdam. Der Rest des Geldes wurde durch Quersubventionierung innerhalb der Stadtwerke-Holding, zu der der Verkehrsbetrieb gehört, und durch Fördermittel von Land und Bund aufgebracht. Teilweise lag die Förderquote bei 75 Prozent. Allein die von den Verkehrsbetrieben angedachte Strecke von Potsdam-West durch Eiche zum Uni-Standort Golm sollte je nach Trassenverlauf zwischen 30 und 40 Millionen Euro kosten. Die Pläne sind bei den Anwohnern umstritten. Es gründete sich die Bürgerinitiative „Keine Tram durch Eiche“. Man hoffe, dass die Absage an den Tram-Bau dauerhaft sei, auch wenn der Bund künftig seine Meinung wieder ändere, sagte Wilhelm Erning von der Bürgerinitiative am Donnerstag. „Wir hielten das Projekt ohnehin für unwirtschaftlich“, so Erning. Seit die Buslinie 606 zusätzlich zur Linie 605 zwischen Golm und dem Uni-Campus am Neuen Palais fahre, seien die Busse nicht mehr überfüllt, ein wichtiges Argument für die Tram nach Golm also vom Tisch.
Die Absage an eine Netzerweiterung der Straßenbahn bringt jedoch das Verkehrskonzept der Stadt ins Wanken: Das sieht vor, den wachsenden Verkehr in der Stadt mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu bewältigen. Der Anteil des Autoverkehrs soll sinken. Dazu müssten Busse und Bahnen jedoch schneller und attraktiver für Potsdamer und Pendler werden. Dazu beitragen soll eine neue Busspur, die es seit dem gestrigen Donnerstag in der Zeppelinstraße zwischen Pirschheide und Forststraße gibt. Dort kann der Bus nun auf etwa 500 Metern am Stau vorbeifahren. Weniger attraktiv dürfte indes sein, dass Stadt und ViP über einen „steigenden Beitrag der Fahrgäste“ nachdenken, um die neue Finanzlücke zu schließen.
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