Sanierung der Potsdamer Schlösser: Gewächshäuser für die Werkstätten
Am Donnerstag wurde der Grundstein für das neue Wissenschafts- und Restaurierungszentrum der Schlösserstiftung gelegt. Es ist das teuerste Projekt des Masterplans
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Sanssouci - Kaum zu glauben, dass etwas scheinbar so Profanes wie ein Wissenschafts- und Restaurierungszentrum in der Nachfolge der berühmten Preußenschlösser steht. Und dennoch: „Die letzte Grundsteinlegung in den preußischen Schlössern und Gärten gab es vor 100 Jahren“, sagte Hartmut Dorgerloh, Chef der Schlösserstiftung am Donnerstag. Es war der Grundstein für das Schloss Cecilienhof.
Und auch wenn das neue Projekt kein Schloss wird: Das Wissenschafts- und Restaurierungszentrum ist keineswegs ein profaner Neubau. Fünf Jahre wurde an der Planung gefeilt, schließlich entsteht der aus sechs Gebäuden bestehende Komplex an sensibelster Stelle, nur einen Steinwurf vom Schloss Sanssouci entfernt. In der Zimmerstraße, auf dem früheren Gelände des Hans Otto Theaters, verwirklicht die Schlösserstiftung ihr teuerstes Projekt aus dem ersten Masterplan: 26 der insgesamt 155 Millionen Euro, die der Bund, Berlin und Brandenburg bis 2017 für die Rettung bedrohter Preußenschlösser ausgeben, fließt in den Neubau. Für die Restaurierungsabteilungen und die Mitarbeiter der Werkstätten endlich verbesserte Arbeitsbedingungen zu schaffen sei einer der wesentlichen Gründe gewesen, den Masterplan-Topf überhaupt aufzulegen, sagte Brandenburgs Kulturministerin Sabine Kunst (parteilos).
Bis 2016 entsteht ein Komplex aus fünf Neubauten, der mit dem historischen Teil der ehemaligen Theatergebäude verbunden wird. Die Neubauten lehnen sich in ihrer Architektur an Gewächshäuser an: schräge Dächer, viel Glas, eine Fassade aus Ziegelsteinen und von Efeu berankte Giebel. „Die Häuser sollen sich in die Gartenlandschaft einfügen und kaum wahrnehmbar sein“, sagte Peer Petersen vom Berliner Büro Staab-Architekten, aus dem der Entwurf stammt.
In spätestens einem Jahr soll die Kubatur der Gebäude zu sehen sein, sagte Dorgerloh. 2016 soll das neue Forschungs- und Restaurierungszentrum in Betrieb genommen werden, in dem künftig alle bedeutenden Forschungs- und Werkstattabteilungen unterkommen sollen (siehe Kasten). Rund 10 000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche werden dann zur Verfügung stehen – so viel, wie ein Fußballplatz hat.
Seit Jahrzehnten arbeiten die Restauratoren zum Teil unter Bedingungen, die heutige Ansprüche längst nicht mehr erfüllen. Gleiches gilt für die zahlreichen Archivbestände der Schlösserstiftung. So sind etwa die Graphische und die Plansammlung im Neuen Palais weder ausreichend gegen Klimaschwankungen noch gegen Brände geschützt. Mit rund 100 000 Einzelobjekten bildet sie den größten Sammlungsbestand der Stiftung, ein unverzichtbarer Schatz, der die Grundlage für alle Restaurierungsarbeiten in den Schlössern und Gärten ist. Im Dachgeschoss des Neuen Palais sitzen derzeit auch die Textil- und die Bilderrestauratoren, die ebenfalls in die Zimmerstraße verlagert werden sollen.
Der Umzug bietet noch einen weiteren Vorteil – er erleichtert die weitere Sanierung des Neuen Palais, für die auch nach dem Ende des ersten Masterplans noch fast 100 Millionen Euro nötig sind.
Kunst feierte das Projekt als Meilenstein für die Schlösserstiftung. Das neue Zentrum werde nicht nur bessere Bedingungen für viele Mitarbeiter schaffen, sondern auch dafür sorgen, dass die Forschungsarbeit der Stiftung stärker als bisher wahrgenommen werde.
Das Gelände an der Zimmerstraße war bis über das Kriegsende 1945 hinaus als Tanzgaststätte „Zum Alten Fritz“ genutzt worden. Noch 1947 wurden hier durch den Privatunternehmer P. H. Winter mit seiner Potsdamer „Bunten Bühne“ Theaterstücke aufgeführt. Ab 1948 wurde es mit einem Aufwand von zwei Millionen Mark für das Hans Otto Theater ausgebaut und am 16. Oktober 1949 mit Goethes „Faust I“ als ständige Spielstätte eröffnet. Trotz immer neuer Um- und Anbauten blieb es ein Provisorium. Am 1. Dezember 1991 wurde der Spielbetrieb mit dem Stück „Noch ist Polen nicht verloren“ eingestellt. Seitdem stand der Komplex weitgehend leer. Vor drei Jahren hatte die Stiftung das Areal von der Stadt gekauft.
Ursprünglich sollte dort auch ein neues Depot für Bilder und Möbel gebaut werden, was letztlich aus Kostengründen verworfen wurde. Stattdessen soll das Depot nun in der Friedrich-Engels-Straße entstehen – auf der Fläche zwischen dem Autoteilproduzenten Magna und den denkmalgeschützten früheren RAW-Gebäuden. Die Fläche hat die Stiftung der Firma Semmelhaack abgekauft. Mit dem Bau soll im Frühjahr 2014 begonnen werden. Er wird wegen der Baupreissteigerungen aber teurer als gedacht – rund zehn statt 7,7 Millionen Euro.
Hintergrund
Im Wissenschafts- und Restaurierungszentrum konzentriert die Schlösserstiftung alle ihre Werkstätten und Forschungseinrichtungen, die jetzt noch über den ganzen Park Sanssouci verteilt sind. In der Zimmerstraße werden ab 2016 folgende Abteilungen ihren Sitz haben: die Gemälde- und Rahmenrestaurierung, die Fotowerkstatt, die Naturwissenschaftliche Werkstatt, das Dokumentationszentrum mit Archiv, die Grafische Sammlung, die Textilrestaurierung, das Archiv der Königlich-Preußischen Porzellanmanufaktur (KPM), das Atelier für Architektur- und Wandfassungen, die Papierrestaurierung, die Büros der Abteilungen Schlösser und Sammlungen sowie der Abteilung Restaurierung – und schließlich auch die Betriebskantine der Schlösserstiftung. (PNN)
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