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Von Sabine Schicketanz: „Ghostwriter“ bringt Silber für Babelsberg
Regie-Bär für Roman Polanski: Nach zehn Jahren zeichnet die Berlinale wieder eine Produktion des Potsdamer Studios aus
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Potsdam / Berlin - Endlich wieder Berlinale-Glanz in Babelsberg: Erstmals, seitdem Bibiana Beglau und Nadja Uhl für ihr Spiel in Volker Schlöndorffs „Die Stille nach dem Schuss“ vor zehn Jahren den Silbernen Bären erhielten, hat das Berliner Festival am Samstag eine Produktion des Potsdamer Filmstudios ausgezeichnet. Der Silberne Bär für die beste Regie ging an Regisseur Roman Polanski für „Der Ghostwriter“.
Der rund 40 Millionen Euro teure Politthriller war vor einem Jahr in Babelsberg, auf Sylt und Usedom gedreht worden. Er feierte auf der Berlinale seine Weltpremiere.
Der 74-jährige Polanski konnte den Preis nicht persönlich entgegen nehmen. Er steht unter Hausarrest in seinem Chalet in der Schweiz. Gegen ihn läuft ein Verfahren wegen Kindesmissbrauchs; der Fall liegt 32 Jahre zurück. An Polanskis Stelle traten im Berlinale-Palast die Produzenten Robert Benmussa und Alain Sarde auf die Bühne. Er sei sich sicher, dass Polanski sich sehr freue, sagte Sarde, doch der Regisseur wäre so oder so nicht zur Preisverleihung gekommen: Das letzte Mal, als er einen Preis bei einem Festival entgegennehmen sollte, sei er im Gefängnis gelandet, habe Polanski gesagt. Sarde sprach der „fantastischen deutschen Crew“ und dem „wundervollen Partner Studio Babelsberg“ Dank aus.
Die Studiochefs Carl Woebcken und Christoph Fisser sind Koproduzenten, Studio Babelsberg Motion Pictures-Chef Henning Molfenter ist Ausführender Produzent von „Der Ghostwriter“. Für Babelsberg sei der Silberne Bär eine „Bestätigung unserer Arbeit“, sagte Fisser gestern. Das Studio habe Polanski ein kreatives Umfeld geboten und seine perfektionistischen Vorgaben erfüllt. „Er sagte, er habe sich beim Dreh noch nie so wohl gefühlt.“ Um den Anforderungen gerecht zu werden, sei besonders die Vorbereitung wichtig, erklärt Molfenter. Er sei mit Polanski mehrmals durch Deutschland gefahren, um Drehorte zu besichtigen. Die Herausforderung: Die Verfilmung des Bestsellers „Ghost“ von Robert Harris, in der ein britischer Ghostwriter (Ewan McGregor) die Memoiren des früheren Premierministers Adam Lang (Pierce Brosnan) verfassen soll, spielt in den USA und London. Dort kann Polanski aufgrund seiner Vergangenheit nicht drehen, Deutschland musste so zur US-Ostküste werden.
Polanski spiele nicht nur „jede Rolle in seinem Wohnzimmer einmal selbst“, wie Schauspieler McGregor vermutete, er nehme auch jedes Set in Augenschein, sagt Molfenter. „Er steht, überlegt, hadert, und wenn er sich am Kopf kratzt, geht es los“, dann verlange Polanski Änderungen. „Es kann sein, dass alle Sitzkissen ausgetauscht werden müssen, oder eine neue Lampe her muss.“ Dies sei „für das ganze Team sehr mühsam“, sagt Molfenter. Doch einen Regie-Preis gebe es nur, „wenn der Regisseur sich fallen lassen kann und alle Möglichkeiten hat, die er braucht“. Dass das Studio dies garantieren könne, stelle es mit Polanski zum zweiten Mal unter Beweis: Für das in Babelsberg gedrehte Drama „Der Pianist“ bekam Polanski den Regie-Oscar. Entspannt war der Regisseur dieses Mal aber vielleicht auch, weil er gewöhnlich um 20 Uhr Drehschluss machen konnte. In Potsdam habe Polanski oft Restaurants besucht, auch seine Kinder seien am Set gewesen. „Er lebt den Moment“, sagt Molfenter.
Dass der Silberne Bär ein politisches Signal der Berlinale-Jury im juristischen Fall Polanski sein könnte, glauben die Babelsberger nicht. „Es geht um die künstlerische Leistung, der Preis ist absolut politfrei“, so der Motion-Pictures Chef.
Für Babelsberg könnte der Silberne Bär die Einnahmen erhöhen: Als Koproduzent mache das Studio nicht nur während des Drehs Umsatz, sondern sei auch am Einspielgewinn beteiligt, sagte Fisser. In Deutschland und den USA läuft „Der Ghostwriter“ seit wenigen Tagen im Kino.
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