Landeshauptstadt: Goldene Teller, große Oper und Feuerwerk Friedrich der Große liebte das höfische Zeremoniell nicht, aber nutzte es für seine Zwecke
Als Wilhelmine, die Markgräfin von Bayreuth, am 1. August 1750 zu einem Besuch in Potsdam eintraf, brannte König Friedrich der Große für seine Lieblingsschwester den ganzen Monat über ein Feuerwerk von höfischen Lustbarkeiten ab: Festmahle mit goldenem Geschirr, große Opern, Bälle, Manöver und Ritterspiele.
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Als Wilhelmine, die Markgräfin von Bayreuth, am 1. August 1750 zu einem Besuch in Potsdam eintraf, brannte König Friedrich der Große für seine Lieblingsschwester den ganzen Monat über ein Feuerwerk von höfischen Lustbarkeiten ab: Festmahle mit goldenem Geschirr, große Opern, Bälle, Manöver und Ritterspiele. Dafür hatte er auch alle anderen Geschwister samt Familien in die Residenz bestellt.
Diese Festlichkeiten schilderte der Hi s toriker Thomas Biskup, Universität Hull (England), gestern auf dem Symposion „Friedrich der Große: Hof und Familie“, das von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG) bis heute im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte veranstaltet wird. Die glanzvollen Feiern entsprechen so gar nicht dem Bild Friedrichs als Kritiker und Verächter des Hoflebens, wie es die ältere Geschichtsschreibung überliefert.
Dieses Bild muss also überarbeitet werden, meint Biskup. Der König habe das höfische Zeremoniell nicht geschätzt und sich ihm weitgehend entzogen. Wenn es seinen politischen Zielen dienlich sein konnte, nutzte er es dagegen konsequent. Ihm ging es darum, seinen Ruhm zu mehren und die Reputation des preußischen Staates weiter zu erhöhen.
Dafür seien auch die Festlichkeiten für seine Schwester Wilhelmine ein Beispiel. Indem er erstmals seit 1728 in Europa wieder ein „Karussell“, ein äußerst aufwändiges Ritterspiel, aufführen ließ, demonstrierte der König Macht und Stärke Preußens nach zwei gewonnenen Kriegen, neue Bauten, glanzvolle Theater- und Opernaufführungen und die gerade vollzogene vorübergehende Übersiedlung Voltaires nach Potsdam und Berlin kennzeichneten eine europäische Spitzenstellung in der Kultur. Mit der Anwesenheit aller wichtigen Mitglieder der Hohenzollernfamilie sollte die Potenz der Herrscherdynastie trotz der Kinderlosigkeit des Königs verdeutlicht werden.
Preußen als neue Großmacht - die Gesandten Russlands und Englands erkannten diese Zielrichtung der Festlichkeiten und blieben ihnen zum Ärger Friedrichs fern.
Ob der König entgegen der Praxis anderer Herrscher den Hof politisch zur Bedeutungslosigkeit verurteilte, untersuchte der Frank Göse, Universität Potsdam, in seinem Beitrag „Hof und Zentralbehörden“. Zwar gehen zahlreiche Historiker auch heute davon aus, dass die politischen Entscheidungen vom König im engen Kreis seiner Kabinettsräte weitgehend allein getroffen und über die Verwaltung umgesetzt wurden. Göse wies jedoch darauf hin, dass der Hof für die politische Elite Ort der Repräsentation und der Kommunikation blieb. Hier ging es um Ämter, Rangerhöhungen, Geldgeschäfte Zudem hätten zahlreiche Hofleute auch Ämter in der Verwaltung bekleidet. Der Hof und die Landesverwaltung seien deshalb keineswegs so scharf getrennt gewesen wie in jüngster Zeit häufig dargestellt.
Dass der König sich im politischen Interesse auch auf anderen Gebieten den Gepflogenheiten des höfischen Zeremoniells nicht verschloss, machte auf der Tagung u.a. ein Beitrag über das Geschenkwesen deutlich. Jeanette Opalla aus Gründau berichtete, wie viele Überlegungen und Erkundigungen der Auswahl von Geschenken für den türkischen Sultan vor ausgingen, der 1761 im Siebenjährigen Krieg vom militärisch bedrängten Preußen für ein Defensivbündnis gegen Russland gewonnen werden sollte. Als dann jedoch ein Waffenstillstand mit den Russen zustande kam, ließ Friedrich die Geschenke kurzerhand verhökern - dafür bekam 1770 Zarin Katharina ein vielteiliges Porzellandservice, dessen Tafelaufsatz und Dekor mit vielen Schmeicheleien für die als Göttin der Weisheit Minerva dargestellte Herrscherin und ihr Land verziert war.
Nachdem im Vorjahr eine Überblicks tagung bereits ein „neues Bild vom Alten Fritz“ entworfen hatte, setzte die erneut von Jürgen Luh, SPSG, organisierte Tagung zu Hof und Familie diese aktualisierte Darstellung auf einem Teilgebiet fort. Im Langzeitprojekt „Friedrich 300“ zum 300. Geburtstag des bedeutendsten Preußenkönigs werden weitere zwei Symposien folgen. Wie Stiftungs-Generaldirektor Prof. Hartmut Dorgerloh erklärte, sollen sie auch wichtige Hinweise für die Friedrich-Ausstellung geben, die als Höhepunkt der Jubiläumsfeierlichkeiten von Ostern bis zum Reformationstag 2012 im Neuen Palais gezeigt wird.
Erhart Hohenstein
Erhart Hohenstein
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