MIssbrauchsprozess in Potsdam: Grenzen überschritten
Im Prozess um sexuellen Missbrauch hat jetzt die Mutter des mutmaßlichen Opfers ausgesagt.
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Potsdam - Im Missbrauchsprozess gegen einen einstigen Börsenmanager ist der Mann von seiner Schwester belastet worden – die zugleich die Mutter des mutmaßlichen Opfers ist. Ihr Bruder sei gegenüber Frauen schon immer übergriffig gewesen und habe Grenzen überschritten, sagte die 52-jährige Schweizerin während ihrer Vernehmung vor dem Potsdamer Landgericht am Donnerstag. So sei es in der Familie normal gewesen, dass ihr Bruder auch jüngeren Mädchen in den Hintern kniff, die Brüste berührte, anzügliche Bemerkungen machte oder zotige Witze riss.
Wie berichtet soll der inzwischen 57-jährige Sven-Uwe K. (Namen geändert) seine Nichte Marie F. seit ihrem fünften Lebensjahr sexuell missbraucht haben, etwa wenn K. seine Schwester und ihre Tochter in der Schweiz besuchte. Angeklagt sind insgesamt sechs Vorfälle. Erst 2006 hatte sich die heute 28-Jährige einem Sozialarbeiter anvertraut.
Etwas später erfuhr ihre Mutter von den Vorwürfen. Im Gericht schilderte sie, wie sie daraufhin ihren älteren Bruder anrief und zur Rede stellte. „Was hast du mit meiner Tochter gemacht?“, habe sie ihn am Telefon angefahren. Doch statt sich zu verteidigen, habe ihr Bruder nur gesagt: „Darüber müssen wir jetzt nicht sprechen.“ Dann habe er aufgelegt. „Da war mir klar, dass es stimmt“, sagte die Schwester. Ihr Bruder schüttelte mehrfach den Kopf.
Die Zeugin schilderte auch den schwierigen Umgang mit den Vorwürfen in der Großfamilie – speziell nachdem sie Strafanzeige gegen K. stellte. So habe ihre jüngste Schwester ihr sogar die Schwesternschaft gekündigt, so die Mutter des mutmaßlichen Opfers. Auch ihr Vater habe sie aufgefordert, wegen der Vorwürfe „kein großes Theater zu machen“. Die Grenzüberschreitungen des Bruders seien in der Familie bagatellisiert worden. Dagegen hätten ihre drei Töchter ab dem Teenager-Alter zunehmend Ausflüchte gesucht, den heute in Potsdam lebenden Onkel bei seinen Besuchen in der Schweiz nicht mehr sehen zu müssen.
Während des Verfahrens kam auch ein – gleichwohl eingestelltes – Ermittlungsverfahren gegen K. wegen des Verdachts auf Besitz von Kinderpornos zur Sprache. Die Zeugin sagte, ihr Vater habe ihr von „Filmen mit kleinen Jungs“ berichtet, die er bei einem Umzug entdeckt habe. Daraufhin hatte sie erneut Strafanzeige gestellt. K. selbst bestreitet die Vorwürfe. Sein Anwalt Claus Pinkerneil stellt die Glaubwürdigkeit der Hauptbelastungszeugin infrage. Auch die Mutter habe wenig konkrete Fakten genannt, sagte der Jurist den PNN am Rande der Verhandlung.
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