
© Andreas Klaer
SPITZEL-AFFÄRE: Große Koalition gegen Paffhausen
EWP-Chef gab 500 000 Euro an Sicherheitsfirma – doch was die für das Geld machte, ist unklar
Stand:
Es wird einsam um Peter Paffhausen: Den mächtigen Chef der Potsdamer Stadtwerke stützen in der Politik nur noch die Linken – und auch das nicht uneingeschränkt. Der Rest der Stadtpolitik setzt sich ab von Paffhausen: Die Rathaus-Fraktionen von SPD, CDU, Grünen, FDP samt Bürgerbündnis und Potsdamer Demokraten sind dafür, Paffhausen mit einem Beschluss des Stadtparlaments abzuberufen. Dazu soll es Ende nächster Woche eine Sondersitzung geben. Die Stadtverordneten hätten dann die Chance, Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) anzuweisen, den seit 1997 im Dienst städtischer Unternehmen stehenden Geschäftsführer abzuberufen. Jakobs selbst, so hieß es am Abend aus seinem Umfeld, sei nicht unzufrieden mit dieser Entwicklung.
Auf diese Anti-Paffhausen-Position haben sich die Stadtpolitiker nach der rund vierstündigen Beratung des Hauptausschusses am Mittwochabend verständigt. Dort traten Jakobs, Paffhausen und, in Vertretung des Juristen Joachim Erbe, die Rechtsanwältin Jutta Burghard auf. Zuvor war den Stadtverordneten der von Jakobs in Auftrag gegebene Prüfbericht von Erbe zur Lektüre gegeben – und dann wieder eingesammelt worden. Erbe hatte untersucht, ob es im Auftrag der Energie und Wasser Potsdam GmbH (EWP) – eine mehrheitliche Stadtwerke-Tochter mit Paffhausen als Chef – weitere Spitzelaufträge gegeben hat.
Nach PNN-Informationen trifft der Erbe-Bericht dazu aber keine Aussagen; vielmehr geht es um die Aufträge, die die EWP von 2001 bis April 2011 an die Berliner Firma „UP-Sicherheitsmanagement“ vergeben hat. Diese Firma soll, wie berichtet, den dreiseitigen Bericht erstellt haben, der vom 26. März 2001 datiert und im November vergangenen Jahres auftauchte. Auf Basis „legendierter“ – getarnter – Gespräche mit Mitarbeitern hatte die „UP-Sicherheitsmanagement“ damals die Lage des städtischen Unternehmens Gewoba analysiert, Mutmaßungen über angebliche persönliche Vorteilsnahme des Chefs Horst Müller-Zinsius – heute Geschäftsführer des städtischen Firmenverbunds Pro Potsdam – und mögliche krumme Immobiliengeschäfte angestellt.
Wie aus Stadtverordneten-Kreisen verlautete, gebe es mittlerweile keine Zweifel mehr daran, dass Paffhausen selbst diesen Bericht in Auftrag gegeben hat. Hintergrund soll das Projekt „Krone“ gewesen sein: „Krone“ funktioniert dabei als Chiffre für eine Stadtholding, unter deren Dach alle städtischen Unternehmen arbeiten sollten. Dafür sollte die damalige Energieversorgung Potsdam (EVP) – Vorläufer der EWP – die Gewoba übernehmen.
Potsdams früherer Finanzdezernent Hans-Joachim Bosse wies auf Anfrage kursierende Informationen zurück, wonach er im vertraulichen Rahmen eine Übernahme der Gewoba durch die EVP angeregt habe: „Wer das behauptet, der lügt.“ Auch habe er in keiner Form die EWP oder Paffhausen beauftragt, Informationen über die Gewoba einzuholen.
Für Unverständnis sorgte bei vielen Stadtverordneten, dass Paffhausen bis zum April dieses Jahres Aufträge an die Firma „UP-Sicherheitsmanagement“ – deren Geschäftsführer ist der ehemalige Stasi-Offizier Uwe Petzold – vergeben hat. Erst auf Anraten Erbes wurde die seit 1999 bestehende Geschäftsbeziehung beendet. Deren Grundzüge blieben für die Stadtverordneten weitgehend undurchsichtig: Insgesamt geht es um Rechnungen über eine Million Euro. Doch davon sei nur die Hälfte mit konkreten Leistungen wie Videoüberwachung am Hallenbad am Stern oder Untersuchungen zu Unregelmäßigkeiten bei der Müllentsorgung belegt. Für die andere Hälfte gebe es nur Pauschalrechnungen für nicht näher qualifizierte Beratungen oder sogenannte Sonderleistungen. Paffhausen soll dazu widersprüchliche Aussagen gemacht haben. So sollen einige Berichte über die Leistungen der „UP-Sicherheitsmanagement“ bereits vernichtet sein – doch habe Paffhausen nun nachträglich vier Aktenordner mit Material an die Erbe-Kanzlei übergeben.
Wie berichtet hatte der EWP-Aufsichtsrat am Mittwoch eine Abberufung Paffhausens mehrheitlich abgelehnt, die Geschäfte mit der „UP-Sicherheitsmanagement“ jedoch missbilligt und eine weitere Tiefenprüfung verlangt. Dass diese nicht wie bisher von Oberbürgermeister Jakobs geplant wieder Rechtsanwalt Erbe übernimmt, darauf drängen vor allem FDP und CDU. Die Unabhängigkeit des Juristen war unter anderem bezweifelt worden, weil dessen Kanzlei bereits für Paffhausen und die Stadtwerke gearbeitet hatte.
Paffhausen äußert sich nicht öffentlich zu der Affäre; Petzold beantwortete eine entsprechende Anfrage gestern nicht.
Für Stadtverordnete vor allem des Rathaus-Bündnisses von SPD, CDU, Grünen und FDP steht nach der Hauptausschusssitzung auch fest: Die Vorwürfe sind nicht entkräftet worden – vielmehr gebe es neue Fragen an Paffhausen. Auch Gerüchte über verwanzte Büros von EWP-Mitarbeitern habe der Bericht nicht dementieren können, so FDP-Fraktionsvorsitzende Martina Engel-Fürstberger. „Ich kann nicht erkennen, woher der Aufsichtsrat sein Vertrauen in Paffhausen hernimmt“, sagte CDU-Fraktionschef Michael Schröder. Die Andere will neben der Abberufung Paffhausens eine Rekommunalisierung der städtischen Betriebe.
Bei den Linken gibt es offenen Dissens über den Umgang mit der Affäre. Während Linke-Stadtfraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg sich im EWP-Aufsichtsrat hinter Paffhausen stellte, sagte Kreisvorsitzender Sascha Krämer, er hätte sich gewünscht, die Affäre erst aufzuklären, bevor der Aufsichtsrat Paffhausen stütze. Die kommunalen Firmen benötigten klarere Kontrollstrukturen als bisher.
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