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Landeshauptstadt: Handy-Nachrichten vom Herzschrittmacher

St. Josefs-Krankenhaus implantiert neuartige Geräte, die sogar Notfall-SMS verschicken können

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St. Josefs-Krankenhaus implantiert neuartige Geräte, die sogar Notfall-SMS verschicken können Das Wunder der Technik geschieht in der Nacht. In der Brust des Mannes, der da im Bett liegt und schläft, pocht nicht nur sein Herz. Eine winzige Antenne, kaum sichtbar angebracht am Titan umhüllten Herzschrittmacher, nimmt lautlos ihre Arbeit auf. Auf unsichtbaren Wegen schickt sie Daten durch die Luft, zu einem Handy, das auf dem Nachttisch steht. Die Daten sind die Herzschläge des Mannes, der da schläft. Sind sie ruhig und gleichmäßig? Zieht sich das Herz, dieser kräftige Muskel, auch kraftvoll zusammen, um das Blut durch den Körper zu pumpen? Der Herzschrittmacher, schwer wie drei Fünf-Mark-Stücke und nur ein wenig größer, weiß es. Er speichert die Daten, die Antenne schickt sie an das Handy, und das Handy ins Internet – oder in Notfällen per SMS gleich aufs Handy des Arztes. Acht dieser neuartigen Herzschrittmacher, die erst im vergangenen Jahr auf den Markt gekommen sind, haben Dr. Eckart Frantz, Chefarzt der Inneren Abteilung im St. Josefs-Krankenhaus, und seine Kollegen bereits implantiert. „Es funktioniert wie ein lebenslanges Langzeit-EKG“, sagt Frantz. Nicht bei jedem Mensch, der einen Herzschrittmacher brauche, sei die ständige Überwachung nötig. „Aber bei etwa zwanzig Prozent der Patienten sind wir froh, dass wir die Möglichkeit haben.“ Denn normalerweise werden die Herzschrittmacher nur einmal pro Jahr überprüft, die Daten abgelesen. Auf einer speziellen Internetseite können die Ärzte jetzt täglich die Herzschlag-Kurven kontrollieren – und sie nahezu überall auf der Welt aufrufen. Gleiches gilt für das Patienten-Handy: Es funktioniere, so Chefarzt Frantz, fast in allen Urlaubsländern. Und geht auf einem Arzthandy tatsächlich eine Notfall-SMS ein, kann der Mediziner möglicherweise eingreifen, noch bevor es dem Patienten sehr schlecht geht – indem er sofort ein Rettungsteam schickt. Einem 63-jährigen St. Josefs-Patienten könnte das „telemedizinische Fernüberwachungsverfahren“ sogar das Leben gerettet haben. „Bei ihm wurden schwere Herzrhythmusstörungen festgestellt“, so Oberarzt Peter Pfautsch. „Die hätten wir sonst erst ein Jahr später bemerkt, und das hätte er vielleicht nicht überlebt.“ Wo sich der Patient befindet, werde über das Schrittmacher-Handy allerdings nicht geortet, sagt Dr. Frantz. Also keine elektronische Patienten-Fußfessel. Auch die gewöhnlichen Herzschrittmacher erinnern längst nicht mehr an Fußfesseln, die dem Betroffenen das Leben schwer machen. „Der Schrittmacher ist keine Krankheit, sondern eine bewährte Therapie“, so Frantz. Erst vor ein paar Tagen wurde der 100. Herzschrittmacher seit Einführung dieser Behandlungen im St. Josefs-Krankenhaus im Jahr 2002 implantiert: Eine 41-jährige Frau litt unter einer „Entkoppelung der Erregung“. Das heißt, die Reizleitungen, die „wie Kabel in der Wand“ durchs Herz führen, haben die elektronischen Impulse, die den Herzmuskel zum Zusammenziehen bringen, nicht mehr ausreichend weitergeleitet. Die Folgen: Schwindel, Schwäche, Bewusstlosigkeit und Krampfanfälle, die dazu führen, dass kein Blut mehr gepumpt wird. Der Schrittmacher, dessen mit Silikon ummantelte Kabel in die Vor- oder in die Hauptkammer des Herzens reichen, ersetzt die ausgefallenen Elektroschläge. Ob tatsächlich ein Schrittmacher implantiert werden muss, werde anhand einer hausinternen Leitlinie entschieden, erklärt Frantz, der zuvor 15 Jahr am Deutschen Herzzentrum in Berlin tätig war. Im Vergleich zum Ernst von Bergmann-Klinikum sei das St. Josefs in der Schrittmacher-Therapie „nicht mehr unbedingt die kleinere Klinik“. Zwischen einer halben und anderthalb Stunden dauert die Implantation, sagt Oberarzt Pfautsch. Der Patient werde örtlich betäubt, könne 24 Stunden nach der Operation wieder nach Hause gehen – und nimmt, falls notwendig, sein nachtaktives Wunder der Technik gleich mit. Sabine Schicketanz

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