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Landeshauptstadt: Heftige Debatte um Straßennamen Stadtverordnete gegen Otto-Wiesner-Ehrung

In Potsdam wird keine Straße nach dem Antifaschisten Otto Wiesner benannt: Nach diesem Beschluss der Stadtverordneten am Mittwoch – mit der Mehrheit der Rathauskooperation aus SPD, CDU, Grünen und FDP – bahnt sich nun eine generelle Debatte um Straßenbenennungen in der Landeshauptstadt an.Hintergrund der Entscheidung ist ein Gutachten der Berliner Historikerin Elke Kimmel, dass der ehemalige KZ-Häftling, NS-Widerstandskämpfer und Schriftsteller in den 1950er-Jahren in der DDR „nachweislich die Existenz und das Leben von Menschen mit abweichenden politischen Überzeugungen gefährdet“ habe.

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In Potsdam wird keine Straße nach dem Antifaschisten Otto Wiesner benannt: Nach diesem Beschluss der Stadtverordneten am Mittwoch – mit der Mehrheit der Rathauskooperation aus SPD, CDU, Grünen und FDP – bahnt sich nun eine generelle Debatte um Straßenbenennungen in der Landeshauptstadt an.

Hintergrund der Entscheidung ist ein Gutachten der Berliner Historikerin Elke Kimmel, dass der ehemalige KZ-Häftling, NS-Widerstandskämpfer und Schriftsteller in den 1950er-Jahren in der DDR „nachweislich die Existenz und das Leben von Menschen mit abweichenden politischen Überzeugungen gefährdet“ habe. Es sei nachweisbar, dass Wiesner im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Parteikontrollkommission (PKK) in die Recherchen zu zwei Prozessen in Brandenburg involviert war, bei denen Angeklagte zu langjährigen Haftstrafen verurteilt wurden. In einem Fall sei eine direkte Denunziation belegt worden, hieß es in dem Gutachten – Wiesner habe die Folgen für die Betroffenen billigend in Kauf genommen.

Im Stadtparlament sagte Linke-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg, mit der Entscheidung gegen Wiesner würden hohe Maßstäbe für künftige Straßenbenennungen gelegt. Er erinnerte an Organisatoren des Hitler-Attentats 1944, die zuvor überzeugte Nazis gewesen seien. Jan Wendt (Die Andere) sagte, es gebe kaum Lebensläufe ohne Brüche – und verwies etwa auf den Antisemitismus des Komponisten Richard Wagner, nach dem in Groß Glienicke eine Straße benannt ist. Hans-Wilhelm Dünn (CDU) sagte hingegen, eine Straße mit dem Namen Otto Wiesner gleiche einem Faustschlag ins Gesicht für Opfer der SED. Noch 2005 hatte sich Wiesner ins Goldene Buch der Stadt eingetragen. Nach dessen Tod ein Jahr später würdigte Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) das Engagement Wiesners gegen Rechtsextremismus – etwa bei unzähligen Führungen von Schülern durch frühere Konzentrationslager.

Im Hauptausschuss hatte der Historiker Martin Sabrow vom Zentrum für Zeithistorische Forschung zuletzt angeregt, sich über Straßenbenennungen grundsätzlich zu verständigen, da sich die Sichtweise auf Persönlichkeiten im Laufe der Zeit verändern könne – einsträngige Lebensläufe gebe es kaum, sodass die Zeit, mit Straßennamen bestimmte Personen zu würdigen, vielleicht überholt sei. Er wolle einen Weg zeigen, wie man aus dieser kontroversen Debatte herauskomme, etwa in Form von Schülerprojekten. HK

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