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Reformorientiert. Das Potsdamer Abraham-Geiger-Kolleg bildet Rabbiner aus – hier bei der Ordination 2010 – kommt in der Frage der gleichberechtigten theologischen Ausbildung an deutschen Hochschulen eine Schlüsselrolle zu.

© AFP

Homepage: Heidelberg attackiert Fakultätspläne

Homolka: Potsdamer Jüdische Studien keine Konkurrenz zu Heidelberg

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Die Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg hat sich gegen die Gründung einer Fakultät für jüdische Theologie in Potsdam oder Erfurt gewandt. In einem am Montag veröffentlichten Brief an die Hochschulstrukturkommission des Landes Brandenburg und Thüringens Ministerpräsidentin Christiane Lieberknecht (CDU) warnte Hochschulleiter Johannes Heil vor Doppelstrukturen und unabsehbaren Mehrkosten. Bei den Planungen müsse die Sicherung und Weiterentwicklung des Bestehenden im Vordergrund stehen. Zudem bestehe die Gefahr, dass die neue Fakultät aufgrund ihrer Größe „als ,Bonsai-Fakultät’ mit vielleicht 30 Studierenden“ belächelt und kritisiert werde.
Das Potsdamer Abraham Geiger Kolleg verhandelt seit einiger Zeit mit Brandenburg über die Einrichtung der Fakultät an der Uni Potsdam. Auch mit der Uni Erlangen-Nürnberg sowie Thüringen gibt es Gespräche. Die Thüringer Landesregierung hat sich laut Lieberknecht positiv zu den Plänen geäußert, die Uni Erfurt ist allerdings noch nicht involviert. Die Verhandlungen in Thüringen sollen am heutigen Mittwoch fortgeführt werden.
Der Heidelberger Hochschulrektor Johannes Heil warnte vor „kostspieligen Doppelstrukturen und Blockaden“ mit negativen Folgen für die bestehenden wissenschaftlichen Standorte. Nach Angaben der HfJS wandte sich Heil mit seinen Bedenken auch an die brandenburgische Hochschulstrukturkommission. Heil argumentiert, die gegenwärtigen Strukturen – neben der Heidelberger Hochschule gibt es Rabbinerseminare in Potsdam und Berlin – reichten aus, um den Bedarf der jüdischen Gemeinden „in Deutschland und darüber hinaus“ zu decken. Selbst bei einer optimistischen Schätzung würden bundesweit jährlich nur zwei oder drei neue Rabbiner benötigt, so Heil.
Der Rektor des Potsdamer Abraham Geiger Kollegs, Walter Homolka, hatte wiederholt betont, dass das Geiger-Kolleg sich der Ausbildung liberaler Rabbiner widmen wolle, während die orthodoxe Ausbildung von der Uni Heidelberg betrieben werde. Gerade die alleinige Ausrichtung auf liberale Strömungen der jüdischen Theologie sieht der Heidelberger Rektor Heil aber kritisch: „Die denominationelle Ausrichtung der angestrebten Fakultät, zusammen mit der geplanten Konfessionsbindung der Professuren, wird einer kulturwissenschaftlichen Weitung ihrer Tätigkeit entgegenstehen.“

Homolka betont hingegen, dass man sich an die Empfehlungen des Wissenschaftsrats halte, dass es in Deutschland zwei akademische Rabbinerausbildungsstätten gibt: in Heidelberg und Potsdam. „Wenn Heidelberg die orthodoxen Rabbiner ausbildet, dann kann sich Potsdam ja wie geplant ganz der Ausbildung liberaler und konservativer Rabbiner widmen“, sagte Homolka.

Homolka betonte nun auch gegenüber den PNN, dass die Jüdischen Studien der Uni Potsdam bereits jetzt über 300 Studierende haben und damit doppelt so groß wie die Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg seien. „Durch die Bildung eines Jüdischen Zentrums Berlin-Brandenburg verstärkt sich dieser Trend hin zur Hauptstadtregion sogar noch“, sagte Homolka. Potsdam sei durchaus einzigartig im europäischen Vergleich und stehe in keinerlei Konkurrenzverhältnis mit der HfJS Heidelberg. Zu den Gesprächen in Erfurt sagte Homolka: „Aus den Äußerungen der Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht entnehme ich, dass sie die Frage in ihrer ganzen historischen Bedeutung bewertet und einordnet.“ Thüringen würde mit einer Fakultät „Wesentliches für das Ansehen Deutschlands“ leisten.
Der Universität Potsdam habe das Geiger-Kolleg nun ein Gesprächspapier für weitere Verhandlungen geschickt. Es gehe um die Abdeckung der Kernfächer Religionsgeschichte und Religionsphilosophie, eine Lösung für die räumliche Unterbringung der Jüdischen Studien und des Abraham Geiger Kollegs – das nach wie vor Büros in Berlin nutzt – und eine Anhebung des inneruniversitären Rechtsstatus. Brandenburgs Wissenschaftsministerin Sabine Kunst hatte vergangene Woche angekündigt, 1,5 Millionen Euro für sechs Professuren als Haushaltsmittel anzumelden. Sie hält die Schaffung der Fakultät auch ohne das Geiger-Kolleg für möglich. Jan Kixmüller (mit kna)

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