Landeshauptstadt: Helfende Hände
Beim gestrigen Welt-Aids-Tag sammelten Politiker Spenden für die Aids-Hilfe Potsdam
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Beim gestrigen Welt-Aids-Tag sammelten Politiker Spenden für die Aids-Hilfe Potsdam Von Henri Kramer Der Mann trägt blaue Jeans, darüber einen blauen Anorak gegen die Kälte. Er schwenkt seine Spendenbüchse, geht auf Leute zu, die an den Weihnachtsbuden in der Brandenburger Straße vorbei schlendern. „Guten Tag. Mein Name ist Günter Baaske, heute ist Welt-Aids-Tag. Wollen sie für die Aids-Hilfe spenden?“ Viele Leute eilen vorbei, ein älterer Herr grummelt: „Uns wird auch nichts geschenkt.“ Spendenwilliger gegenüber dem Vorsitzenden der SPD-Landtagsfraktion zeigt sich das Ehepaar Birgit und Dirk Petrich: „Diese Sache sollte man unterstützen.“ Ex-Sozialminister Baaske ist einer von vielen, die an diesem Tag in Potsdam auf die Immunschwäche-Krankheit Aids aufmerksam machen. Für die Helfer steht der 16. Welt–Aids-Tag dieses Jahr unter dem Motto: „Frauen, Mädchen, HIV und Aids“. Hortense Lademann von der Aids-Hilfe erklärt: „Aids wird immer mit Gruppen wie Homosexuellen, Drogenabhängigen oder Blutern in Verbindung gebracht, jedoch verschiebt sich die Zahl der HIV-Positiven in den vergangenen Jahren schleichend in Richtung der Frau.“ Hortense Lademann steht mit ihrer Kollegin Sabine Kaschubowski in der Nähe des Stands und versuchen ebenfalls Leute zu Spenden zu überreden. Rund 15 Mitglieder der Aids-Hilfe sind im Einsatz, überall in der Stadt. Neben Baaske erhalten sie an diesem Tag noch weitere Politiker-Unterstützung. So kommt zum Beispiel der Potsdamer PDS-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg zum Weihnachtsmarkt, an seiner Lederjacke hängt eine rote Aids-Schleife. Sozialbeigeordnete Elona Müller und SPD-Landtagsabgeordnete Klara Geywitz verteilen ebenfalls Schleifen und sammeln Spenden. Nur die CDU fehlt, weder aus dem Landtag, noch aus dem Stadtrat finden Abgeordnete den Weg zum Stand der Aids-Hilfe. „Wir haben im Vorfeld in der Fraktion und auf Kreisebene intensiv darüber gesprochen, was wir zum Welt-Aids-Tag machen wollen,“ sagt Götz Friederich, Vorsitzender der städtischen CDU-Fraktion auf Anfrage. „Dabei sind wir zu dem Ergebnis gekommen, dass unsere Mitglieder auf vielerlei Ebenen präsent sein werden.“ Wo genau, können er jedoch nicht sagen, so Friederich. Derweil steht Liselotte Plöger vom Gesundheitsamt auch am Info-Tisch der Aids-Hilfe in der Brandenburger Straße. Sie arbeitet seit 36 Jahren in der Beratung für Geschlechtskrankheiten, seit der Wende in der städtischen Aids-Beratung. „Wir haben dieses Jahr rund 600 kostenlose Tests durchgeführt“, sagt Plöger. Sie kennt die Berichte in den Medien, nach denen Aids kaum noch als gesellschaftliches Problem wahrgenommen wird, die Vorsicht beim Sex nachlässt. „Zum Glück ist das Interesse an unserer Beratung ungebrochen, die Leute kommen aus allen Altersgruppen“, sagt Plöger. Ihr ältester Ratsuchender sei 80 Jahre alt gewesen. „In letzter Zeit sind vermehrt frisch verliebte Pärchen zur Beratung gekommen .“ Ortswechsel, UCI-Kinowelt in den Bahnhofspassagen. Dort wurden seit letztem Donnerstag an jedem Vormittag die beiden Aids-Dramen „Mississippi - Fluss der Hoffnung“ und „Kids“ für Schüler gezeigt. Elf Schulen aus Potsdam und Umgebung kamen bisher. An diesem Vormittag sind 216 Schüler da, unter anderem aus der Rosa-Luxemburg-Schule. „Die Aktion war sehr erfolgreich“, sagt Susanne Friedrich von der Kinowelt und verweist auf die anschließenden Gesprächsrunden mit Mitarbeitern der Aids-Hilfe. Derweil ist es in der Brandenburger Straße dunkel geworden. Doch Hortense Lademann und ihre Kollegin laufen noch unermüdlich herum, längst sind die Politiker weg. „Solche Hilfe ist für uns trotzdem unheimlich wichtig, damit wir das Thema in der Öffentlichkeit halten“, sagt Lademann. Der Hilfe-Verein geriet nach der Benefiz-Gala am vergangenen Donnerstag in die Schlagzeilen: Bei der Veranstaltung war nicht wie erwartet der von der Aids-Hilfe zu erwirtschaftende Eigenanteil von 8000 Euro gesammelt worden. „Wir erhalten nun zum Beispiel Hilfe von Händlern in Babelsberg und Bergholz-Rehbrücke“, ist Lademann optimistisch. Endgültige Zahlen könne man jedoch erst Ende des Jahres nennen. So arbeitet Lademann an diesem Tag in dem Metier, dass sie als Sozialarbeiterin gelernt hat: Straßenarbeit mit Jugendlichen. Sie findet diese Arbeit wichtig, alleine im ersten Halbjahr 2004 sind in Brandenburg 14 Neuinfektionen gemeldet worden. „Die Zahlen steigen wieder“, warnt Lademann die jungen Leute, die über den Weihnachtsmarkt schlendern. Sie verweist darauf, dass Aids noch immer tödlich ist und nicht eine mit Medikamenten behandelbare chronische Krankheit: „Ihr müsst euch schützen!“
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