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360-Grad-Theater. Der Nachbau des „Globe“ ist wie das Original kreisrund und prachtvoll ausgestattet. Roland Emmerich drehte in der Kulisse, die an der Wetzlarer Straße steht, seinen Shakespeare-Film „Anonymous“.

© Manfred Thomas

Landeshauptstadt: Hollywood-Theater unterm Hammer

Babelsberger Kulisse aus Emmerich-Film wird im Internet angeboten / Theatergruppe will Bau retten

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Babelsberg - Vor gut einem Jahr drehte dort Hollywood-Regisseur Roland Emmerich, dann sollte aus dem Kulissennachbau des historischen Shakespeare-Runds ein echtes Theater auf dem Berliner Schlossplatz werden – jetzt allerdings wird das 14 Meter hohe Bauwerk, das immer noch auf dem Filmstudiogelände an der Wetzlarer Straße in Babelsberg steht, im Internet zum Verkauf angeboten. Mindestgebot für die original „Hollywood-Filmkulisse“: ein Euro.

Gebote seien bisher nicht eingegangen, sagt Christian Leonard, künstlerischer Leiter der Berliner Shakespeare Company und Besitzer des Kulissenbaus. Er hat das 360-Grad-Theater bei Ebay eingestellt – ein Verzweiflungsakt, wie er einräumt. Denn eigentlich hatte Leonard große Pläne für den Kulissenbau. Für rund 365 000 Euro wollte er das „Globe Theatre“ umbauen, daraus eine feste Theaterstätte auf dem Schlossplatz machen (PNN berichteten). Dafür hat er eigens eine Machbarkeitsstudie von Statiker und Architekt erstellen lassen. Doch diese Pläne sind bislang gescheitert.

Die Kulisse, die laut Leonard für knapp eine halbe Million Euro errichtet worden war, hatte Hollywood-Regisseur Emmerich dem Berliner Theatermacher nach Drehschluss überlassen – umsonst, aber unter der Bedingung, dass die Shakespeare Company den Abbau und Umzug bezahlt. Kosten: rund 50 000 Euro. Geld, das die Theatergruppe und er nicht hätten, wie Leonard sagt.

Damit steht er vor einem massiven Problem: Bis Ende Juli muss er die Kulisse abgebaut haben, darauf drängt das Studio Babelsberg als Besitzer des Grundstücks. Die Vorbereitungen für den neuen Film „Wolkenatlas“ mit Tom Hanks liefen an, die Flächen würden für den Dreh gebraucht, so Studio-Sprecher Eike Wolf. Daher müsse Leonard die Theater-Kulisse bis Monatsende abgebaut haben. Für die Filmemacher und die Kulissenbauer des Studios, sagt Wolf, sei ohnehin klar, dass ihre Bauten nicht für die Ewigkeit taugten: „Sie landen im Deko-Himmel und sind dort gut aufgehoben.“ Dennoch habe das Studio bisher das Umzugs-Vorhaben unterstützt, weiter könne die Abbau-Frist aber nicht aufgeschoben werden.

Der Theatermann Leonard, der mit neun weiteren Schauspielern seiner Company auch in dem Emmerich-Film mitgespielt hatte, will die Hoffung bis zuletzt nicht aufgeben. Er hoffe, dass sich ein Sponsor findet, der den Abbau der Kulisse übernimmt – denn der Wiederaufbau sei trotz aller bisher nicht erfolgreichen Gespräche mit Berliner Behörden nicht ausgeschlossen. Er und seine Company, sagt Leonard, träumten seit mehr als zwölf Jahren von einem eigenen Shakespeare-Theater in Berlin. Nirgendwo breite sich die Atmosphäre der Shakespearschen Werke so intensiv aus wie in einem dem Theaterrund des 16. Jahrhunderts nachempfundenen Bau. Im Oktober vergangenen Jahres standen Leonard und seine Mitstreiter sogar in der Babelsberger Kulisse auf der Bühne – um einem ausgewählten Publikum die Attraktivität des „Globe Theatre“ unter Beweis zu stellen.

Erfolg hatte das jedoch nur bedingt: Wie der künstlerische Leiter der Company schildert, sei Berlin zwar interessiert gewesen, den „Globe“-Umzug zu unterstützen, doch gebe es keine Einigkeit zum Standort: Während die Staatlichen Museen zu Berlin der Stiftung Preußischer Kulturbesitz bereit gewesen seien, das „Globe“ am Kulturforum an der Potsdamer Straße in unmittelbarer Nähe des Potsdamer Platzes anzusiedeln, habe die Senatsbauverwaltung diesen Standort bisher abgelehnt, so Leonard. Das stattdessen angebotene weniger frequentierte Grundstück an der rückwärtigen Seite des „Kulturforums“ an der Tiergartenstraße komme für seine Company nicht infrage: Die Investition der staatlich nicht geförderten Theatergruppe von rund 365 000 Euro für Umzug und Umbau des „Globe“ sei dort mit einem zu hohen Risiko verbunden, so Leonard. Daher habe er interessierte Sponsoren, darunter die Stiftung Deutsche Bank, bisher nicht an das Projekt binden können. Er hoffe jedoch, dass bei der Standortsuche das letzte Wort nicht gesprochen sei.

Auf der Suche nach einem Retter für den Hollywood-Bau habe er auch schon in Potsdam Theaterkollegen angefragt, ob sie nicht Interesse hätten, sagt Leonard – beispielsweise als Ort für ein internationales Shakespeare-Festival. Zusagen bekam er aber nicht. Ebenso scheiterte ein Umzug des Theaters ins bayerische Burghausen: Bürgermeister Hans Steindl hatte den Kulissenbau sogar schon vor Ort besichtigt, sich dann aber wegen der hohen Kosten für den Umbau doch dagegen entschieden, ihn in seine Stadt zu holen, berichtet Leonard. Er hoffe jetzt auf ein Wunder – ansonsten müsse er „in Babelsberg meine leeren Taschen zeigen“.

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