
© M. Thomas
nh Potsdam: Im Dezember kommt ein Prinz
Janina Bachmann-Graffunder, neue Chefin des Hotels nh Potsdam in der Innenstadt, will das Haus auch als Kulturstandort vermarkten.
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Über das Kopfsteinpflaster im Innenhof, sind, sofern es wirklich noch original ist, schon die verschiedensten Füße getrappelt. „Hier stand Potsdams älteste Konservenfabrik“, sagt Janina Bachmann-Graffunder, neue Chefin des Potsdamer nh-Hotels. Vor den Arbeitern der 1886 gegründeten Konservenfabrik Otto Liepe sei hier oft Friedrich der Große über den Hof geritten. Die Höhe der Einfahrt im Vorderhaus erinnert noch an die Zeiten von Ross und Reiter. Jetzt sind an diesem historischen Ort in der Friedrich-Ebert-Straße Hotelgäste unterwegs. Der „schönste und älteste Innenhof Potsdams“, wie Bachmann-Graffunder schwärmt, werde nur leider oft übersehen. Sie habe schon wahrgenommen, dass viele Potsdamer ihr Hotel gar nicht kennen.
Das möchte sie ändern. Im vergangenen Mai übernahm Bachmann-Graffunder die Leitung des Hotels und hat seitdem viele Ideen entwickelt, um die Übernachtungszahlen zu erhöhen, aber auch die Potsdamer auf das Hotel aufmerksam zu machen. Derzeit liegt die Auslastung bei 70 Prozent. Das gehe gerade so. Aber bei der zentralen Lage, mitten in der historischen Innenstadt, gegenüber des Holländischen Viertels und fußläufig zum Park Sanssouci, da sei mehr drin. „Man hatte hier schon mal 90“, sagt sie. Da will sie wieder hin.
Die Hotelchefin arbeitet seit 17 Jahren für die nh-Kette, zuletzt in ihrer Heimatstadt Berlin. Als die 42-Jährige gefragt wurde, ob sie das Potsdamer Hotel übernehmen möchte, sagte sie zu. Sie wusste, dass hier Arbeit wartet. „Aber ich hatte Lust, mit meinen Erfahrungen einen Imagewechsel anzugehen.“ Ihr geliebtes Köpenick wollte sie allerdings nicht verlassen. Also lebt die kleine Familie – Bachmann-Graffunder ist verheiratet und hat eine kleine Tochter - weiterhin in Berlin, und die Hotelchefin pendelt. Natürlich ist Potsdam mindestens ebenso schön wie Berlin. Es sei vor allem eine fröhliche Stadt. „Die Menschen hier sind so freundlich, das spüre ich immer, wenn ich mal in der Mittagspause raus gehe.“ Das begegne einem in Berlin eher selten.
Was sie im Hotel vorfand, machte sie weniger glücklich. „Es lief – aber es war nichts Besonderes“, sagt sie. Es kamen kaum noch Tagungsgäste, besondere Veranstaltungen auch für Potsdamer gab es gar nicht. Dabei gibt es in dem Haus mit 143 Zimmern auch acht Konferenzräume, und der grüne Innenhof kann im Sommer sehr charmant sein. Was alles möglich sein könnte, zeigte sich das erste Mal im vergangenen Sommer – bei einer Lesung der Potsdamer Autorin Katja Kessler. Ein voller Erfolg. Mehr Lesungen sind also geplant. Jetzt im Winterhalbjahr erstmal als Literaturcafé jeden ersten Sonntag im Monat. Dann ist der Salon für Gäste, die die Ruhe schätzen, weil sie gern im Café lesen, reserviert. Auch die Hotelzimmer sollen mit Büchern ausgestattet werden, wer eine Kiste spendet, bekomme als Dankeschön einen Frühstücksgutschein, sagt Bachmann-Graffunder.
Noch im Winter beginnt die Reihe mit dem in Gründung befindlichen Cineclub Potsdams. Regelmäßig sollen im Hotel Perlen der Defa-Filmgeschichte gezeigt werden, inklusive dem originalen „Augenzeugen“ und der alten Kinowerbung. 2017 sind fünf Veranstaltungen geplant. Mentor ist Klaus D. Schwarz, Fotograf und Gründer der Cottbuser Cineclubs. Er fotografierte zu DDR-Zeiten nicht nur Defa-Stars und ist heute mit Chris Doerk, der Exfrau von Schlagerstar Frank Schöbel verheiratet. Eine Ausstellung mit seinen Bildern ist geplant, das werde toll zum Thema Film passen, sagt Bachmann-Graffunder. „Filmgeschichte gehört unbedingt zu Potsdam“, das müsse sich ja nicht auf das Filmmuseum beschränken.
Der erste Kinoabend im Hotel findet schon am 4. Dezember statt. Und zwar – auf Wunsch der Chefin und Familienfrau – mit dem Weihnachtsklassiker „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ um 16 Uhr. Als Stargast wird der „Prinz“ erwartet. „Pavel Trávnícek ist ein Star in Tschechien“, sagt die Hotelchefin. Zum Film gibt es Kaffee und Kuchen, selbstgebacken von den Azubis. Abends um 18.30 Uhr wird die Defa-Komödie „Ach, du fröhliche...“ aus dem Jahr 1962, Regie Günter Reisch und mit Erwin Geschonneck als Familienvater, gezeigt.
Im Januar beteiligt sich das Hotel an der Aktion „Erleben deine Stadt“. Dann werben Potsdamer Hotels um die Gunst der Gäste vor der eigenen Haustür. Am Wochenende des 7. und 8. Januar werden Übernachtungspakete inklusive Frühstück und Dinner etwas günstiger als sonst an Potsdamer verkauft. Buchen kann man jetzt schon auf www.erlebe-deine-stadt.com.
Damit das Hotel künftig nicht mehr übersehen wird, soll der Schriftzug „Voltaire“ an der historischen Fassade des Vorderhauses erneuert werden. Nach Voltaire, dem Philosophen und Freund Friedrichs des Großen, war das Hotel früher benannt. An diesen Teil der Geschichte soll künftig wieder erinnert werden.
Im Frühjahr will die Chefin noch richtig hoch hinaus. Auf der Dachetage, wo gerade der Wellnessbereich komplett erneuert wurde, steht bereits ein Bienenvolk. Im Winterschlaf. Im vergangenen Sommer gab das Völkchen etwa 14 Kilogramm Honig, der jetzt unter anderem auf das Frühstücksbüfett kommt. Nächstes Jahr sollen es mehr Völker werden, nach dem Berliner Vorbild will die Chefin die Initiative „Potsdam summt“ gründen – für mehr Bienen in der Innenstadt.
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