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Seit Herbst können die Potsdamer Muslime einen Raum in der Biosphären-Halle für das Freitagsgebet nutzen.

© Andreas Klaer

Diskussion um Potsdamer Moschee: Im Sommer könnte neuer Moschee-Standort feststehen

Die Suche nach einem Standort für eine Moschee in Potsdam wird noch für schwierige Debatten sorgen, glaubt Oberbürgermeister Jakobs. Die Diskussion im Hans Otto Theater gab einen ersten Vorgeschmack. Im Sommer will die Stadt einen Vorschlag für einen Standort machen.

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Potsdam - Bei der Raumsuche für eine Moschee in Potsdam setzen islamische Gemeinde und Stadt nicht auf einen Neubau mit Minarett, sondern auf einen möglichst großen Gebetsraum in einem bestehenden Gebäude. Das stellte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) am Dienstagabend bei der Podiumsdebatte zum Islam in Potsdam klar. Die Räume müssten vor allem den geltenden Brandschutzbestimmungen entsprechen, damit sich mehrere Hundert Menschen gleichzeitig darin aufhalten können: „Darum geht es am Ende.“

Wie berichtet hatte Jakobs am Beginn der Veranstaltung in der voll besetzten Reithalle des Hans Otto Theaters erklärt, noch bis zur Sommerpause einen Vorschlag für einen Standort für neue Gebetsräume machen zu wollen. Zuständig für die Suche sei Sozialdezernent Mike Schubert (SPD). Details über mögliche Standorte sind nicht bekannt. Zugleich betonte Jakobs: „Die Gemeinde muss bezahlen.“

Jakobs habe nach Biosphären-Entscheidung Hass-Mails erhalten

Wie das gehen soll, blieb eine der offenen Fragen des Abends. Seit vergangenem Herbst zahlt die Stadt jeweils 1500 Euro für die Freitagsgebete in der Orangerie der kommunalen Biosphäre. Die Stätte hatte das Rathaus den Muslimen angeboten, weil deren aktuelle Moschee in der Straße Am Kanal viel zu klein ist und viele Gläubige auf dem Gehweg beten mussten. Das sei nicht menschenwürdig gewesen, verteidigte Jakobs die Unterstützung durch die Stadt. Er wolle nicht zitieren, „welche Hass-Mails ich nach dieser Entscheidung erhalten habe“, fügte der Rathaus-Chef hinzu.

Neben der Standortfrage stand der Abend unter dem Eindruck der Debatte, ob die Freitagsgebete in Potsdam für muslimische Flüchtlinge integrationshemmend sind und einen zu konservativen Islam vermitteln. Das hatte der Journalist Constantin Schreiber in seinem Bestseller „Inside Islam“ anhand einer Predigt aus dem vergangenen Dezember erklärt, ähnlich war die Einschätzung des Verfassungsschutzes (PNN berichteten). Insofern gebe es derzeit „leider eine emotionale Zuspitzung“, sagte Jakobs. Zugleich wandte er sich an Imam der Gemeinde, Kamal Abdallah, der Schreiber als „Lügenreporter“ bezeichnet hatte. Das sei nicht in Ordnung, ein derartige Wortwahl würden sonst Menschen benutzen, „die sich am ganz rechten Rand bewegen“, kritisierte Jakobs. Er hoffe, der Satz sei der emotionalen Situation geschuldet.

Verein: Integration sei ein wichtiges Anliegen

Abdallah hatte seine Teilnahme an der Diskussion wegen seiner unzureichenden Deutschkenntnisse kurzfristig abgesagt, saß aber im Publikum. Für ihn war Habib Weide eingesprungen, der als Sprecher der Gemeinde vorgestellt wurde. Der Konvertit betonte, Hasspredigten würde es bei der Gemeinde nicht geben. Vielmehr sei man offen für Austausch, habe bereits gute Kontakte zu einigen evangelischen Pfarrern. Auch die Integration der vielen neuen Gemeindemitglieder – vornehmlich Flüchtlinge – sei ein wichtiges Anliegen. Ebenso sei man viel beschäftigt, mit den erheblichen Unterschieden in der Gemeinde umzugehen.

Der Islam sei eine inhomogene Glaubensgemeinschaft, bestätigte auch die Wissenschaftlerin Yasemin El-Menouar, die für die Bertelsmann-Stiftung eine Studie zum Islam in Deutschland erstellt hat – mit dem Ergebnis, dass die Integration der Muslime besser gelinge als häufig angenommen.

Imam Abdallah: Gepredigt würde stets auch in deutscher Sprache

Die rechtspopulistische AfD stellt solche Aussagen infrage. Ihr Potsdamer Pressesprecher Herbert Heider stellte denn auch eine Publikumsfrage, freilich ohne seine Funktion zu nennen. Ob der Imam das sogenannte Taqiyya-Konzept kenne, wollte Heider wissen – wonach es Muslimen erlaubt sei, unter Fremdherrschaft den wahren eigenen Glauben zu verheimlichen und die innere Feindschaft zu pflegen. Weil aber zunächst Sprecher Weide antworten wollte, verließ Heider ohne weiteren Kommentar die Diskussion. Weide sprach von einer Unterstellung: „Das verbitten wir uns.“ Jede Lüge falle auf einen selbst zurück. Imam Abdallah sagte, gepredigt würde stets auch in deutscher Sprache – nur im Einzelfall, wenn er vertreten werde, würden die Freitagsgebete nur auf Arabisch abgehalten. Erneut sagte er zu, die Predigten würden künftig ausgedruckt und im Internet veröffentlicht. Wann das passieren soll, ist aber noch unklar. Die Gemeindearbeit in Potsdam basiere vornehmlich auf ehrenamtlicher Tätigkeit, hatte Abdallah schon mehrfach erklärt.

Das Ehrenamt reiche eben nicht, wenn die Arbeit in den Moscheen professioneller werden solle, sagte Kadir Sanci. Er ist Islamwissenschaftler am Institut für jüdische Studien der Universität Potsdam, gilt als Vertreter einer liberalen Auslegung der Religion. Insofern wünsche er sich, dass muslimische Gemeinden „den Mut haben, sich weiterzuentwickeln“. Und er hoffe, dass die Debatte um das Schreiber-Buch keine negative Wirkung auf das Streben nach einer Moschee für Potsdam haben werde.

Weitere Formate für Gespräche gesucht

Auch Rathauschef Jakobs warnte, bei dem Thema könne es „schnell zu unschöneren Verrenkungen kommen“. Und weiter: „Es brodelt.“ Mehrere Teilnehmer im Publikum bemängelten, dass nur eine halbe Stunde Zeit für Fragen zur Verfügung stand. Jakobs sagte, auch angesichts des Gesprächsbedarfs müsse man sich noch andere Formate einfallen lassen, um das Thema zu besprechen. Dialog könne aber nicht das Ziel haben, dass sich eine Seite völlig unterwirft, betonte er auch. Letztlich gehe es darum, trotz verschiedener Positionen miteinander auszukommen – und die Werte der demokratischen Gesellschaft zu verteidigen.

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