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Seit Hebrst 2016 beten die Potsdamer Muslime zum Freitagsgebet in der Orangerie der Biosphäre, weil die Räumlichkeiten der bisherigen Moschee zu klein geworden sind.

© A. Klaer

Vor Podiumsdiskussion zur Potsdamer Moschee: Der Ton verschärft sich

Der Potsdamer Imam Abdallah nennt den ARD-Journalisten Constantin Schreiber einen „Lügen-Reporter“ und befeuert damit die Debatte um Potsdamer Moschee. Das Thema "Wo ist Platz für die Potsdamer Moschee" wird am Abend auch im Hans Otto Theater diskutiert.

Stand:

Potsdam - Im Streit um die Potsdamer Freitagsgebete verschärft sich der Ton deutlich. Der Imam des Vereins der Potsdamer Muslime, Kamal Abdallah, bezichtigte den ARD-Journalisten Constantin Schreiber nun vor laufender Kamera der Lüge. „Wir verlangen von dem Lügen-Reporter, dass er uns Beweise vorstellt, entweder mit einem Video oder einer Tonaufnahme. Dann wissen wir, wer wo was gesagt hat“, 13 Freitagsgebete in verschiedenen Moscheen besuchte und diese übersetzte – „etwas Negatives“ gesucht, sagte Abdallah: „Er möchte ein Buch schreiben und Geld verdienen.“

Abdallah liefert damit für die Podiumsdebatte zum Thema „Wo ist Platz für die Potsdamer Moschee“ am heutigen Dienstagabend am Hans Otto Theater zusätzlichen Zündstoff. Veranstalter ist die Landeshauptstadt mit dem Verein Potsdamer Toleranzedikt. Neben Imam Abdallah sitzen Oberbürgermeister Jann Jakobs und Brandenburgs Kulturministerin Martina Münch (beide SPD) auf dem Podium. Dabei sind auch Yasemin El-Menouar, die die Ergebnissen der Bertelsmann-Studie „Islam in Deutschland“ vorstellt, und der Potsdamer Islamwissenschaftler Kadir Sanci, der einen liberalen Islam vertritt.

Abdallah: "Man nutzt unsere Offenheit leider negativ aus"

Nun sagte Abdallah, er könne die Aufregung um das von Schreiber dokumentierte Freitagsgebet nicht verstehen, es sei schließlich nichts passiert. „Wir müssen uns nicht immer, wenn ein Lügner auftaucht, gleich aufregen.“ Abdallah sagte dem rbb aber auch, die Gemeindemitglieder seien „empört und stinksauer“ über die Kritik. „Man nutzt unsere Offenheit leider negativ aus.“

Aber auch Brandenburgs Verfassungsschutzchef Carlo Weber hatte jüngst erklärt, das Ergebnis von Schreibers Recherchen decke sich mit den Erkenntnissen der Sicherheitsbehörde: „Dort wird ein ziemlich konservatives Islambild vermittelt, das nicht der größte Beschleuniger von Integrationsbemühungen bei Flüchtlingen ist“, sagte Weber. 

Constantin Schreiber will nach Potsdam kommen

Schreiber sagte am Dienstag auf PNN-Anfrage, er habe vor "mit den Beteiligten in einen Dialog zu treten". Bereits vereinbart, aber noch ohne Termin ist ein Gespräch zwischen dem Potsdamer Imam und dem Journalisten Schreiber, das der Potsdamer Beigeordnete Mike Schubert (SPD) initiiert hat. Seine Teilnahme daran hat Schreiber zugesagt. Dieses Gespräch hat jedoch nichts mit der Veranstaltung am Dienstagabend im Hans Otto Theater zu tun, die lange vor Veröffentlichung des Buchs "Inside Islam" fest stand und zu der Schreiber auch daher nicht eingeladen ist.

Potsdamer Predigt sei streng konservativ gewesen

Die Debatte hatte sich an einer Predigt vom 16. Dezember entzündet, die Schreiber in der Biosphäre erlebt, aufgezeichnet und übersetzt hatte. Diese Predigt fand der Grimme-Preisträger besonders auffällig. Es habe zwar keine Hetze oder Agitation gegen die Demokratie gegeben, aber die Predigt sei streng konservativ gewesen. Zentrale Passagen könnten „als „Integrationshindernis wirken“. Die Gläubigen – vornehmlich Flüchtlinge – wurden gewarnt, dass sie sich nur „mit rechtgläubigen Muslimen befreunden“ sollten. Wer die Predigt gehalten hat, kann Abdallah immer noch nicht klar sagen. Gastprediger von außerhalb gebe es aber nicht, erklärte der Imam. Der Prediger des Freitagsgebets im Dezember habe aufgrund seiner speziellen Kleidung auch Nähe zum Salafismus vermuten lassen, hatte Schreiber erklärt. Abdallah sagte, „ich weiß nicht, wie ein Salafist aussieht“. Laut Grundgesetz bestehe für Gebete keine Kleiderordnung.

Seit vergangenem Herbst kann der Muslim-Verein auf Vermittlung durch das Rathaus die Orangerie der Biosphäre als Gebetsraum nutzen, rund 500 Teilnehmer kommen jeweils, darunter viele Flüchtlinge. Die eigentliche Moschee in der Straße Am Kanal war zu klein geworden, viele Gläubige mussten freitags bereits auf dem Gehsteig davor beten. Für die Nutzung der Biosphäre für die Freitagsgebete zahlt die Stadt je 1500 Euro. Abdallah sagte, der Verein könne das nicht zahlen. Wenn die Stadt die Kosten nicht mehr finanziere, müsse man zurück in die ursprünglichen Räume.

Predigten werden künftig auf Deutsch und Arabisch veröffentlicht

Abdallah bestätigte, dass die Predigten künftig auf Deutsch und Arabisch im Internet veröffentlicht und ausgedruckt werden sollen. Die kompletten Predigten könnten aber nicht aufgezeichnet und ins Internet gestellt werden. Das sei zu umständlich, dafür fehle die Zeit, sagte Abdallah. Schließlich handele es sich um ehrenamtliches Engagement. Seit 17 Jahren schon predige der Verein in deutscher und arabischer Sprache. Das Rathaus hatte auf die Veröffentlichung der Predigten gedrängt.

Abdallah hat keine Imam-Ausbildung

Angesprochen wurde Abdallah auch auf seine fehlende Imam-Ausbildung. Die sei für ihn, auch finanziell, nicht leistbar: „Der Imam muss auch wohnen, essen, trinken und Miete zahlen.“ Sonst müsse der Verein einen Imam aus dem Ausland holen, „hier gibt es keine ausgebildeten Imame“, so Abdallah, der im Libanon geboren wurde, seit mehr als 15 Jahren in Deutschland lebt und als Gebäudereiniger bei der Schlösserstiftung arbeitet. Mehrfach wurde er gefragt, ob er sich seiner Rolle als Repräsentant seiner Religion bewusst sei. Abdallahs Kommentar: „Ich verstoße nicht gegen das Grundgesetz.“ Die Freitagsgebete stünden allen offen, die Gemeinde habe nichts zu verstecken, sie lasse sich nicht „das Spiel verderben“ und wolle für Integration sorgen.

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