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Wurde 2003 eingemeindet: Der kleine Ort Marquardt am Rande von Potsdam.

© Norbert Löhn

Potsdamer Ortsteile im Kooperationsvertrag: „Immer das Happy End verpassen“

Das neue Rathausbündnis hat sich für den Potsdamer Norden einige Ziele gesetzt: Die Ortsvorsteher sehen Nachbesserungsbedarf.

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Schlechte Busverbindungen, zu wenig Infrastruktur, Desinteresse im Rathaus: Immer wieder haben Vertreter der neun Potsdamer Ortsteile die Stadtverwaltung und die kommunale Politik kritisiert und mehr Anstrengungen für den Norden Potsdams gefordert. Dem ländlichen Raum widmet das neue Rathausbündnis aus SPD, CDU/ANW, Grünen und Potsdamer Demokraten/ Freien Wählern in ihrem Kooperationsvertrag ein ganzes Kapitel – die jetzt neu- und wiedergewählten Ortsvorsteher (siehe Kasten) reagieren auf die Ankündigungen verhalten optimistisch, sehen aber noch viel Nachbesserungsbedarf.

So hofft Ramona Kleber aus Marquardt, dass das Dorf eine deutlich verbesserte Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr erhält. „Ein Problem ist, dass man nach 22 Uhr nicht mehr nach Marquardt kommt – wer etwa abends in den Bahnhofspassagen ins Kino gehen will, wird immer das Happy End verpassen, weil man vor dem Ende des Films den Bus nehmen muss“, sagte die Ortsvorsteherin am Donnerstag den PNN auf Anfrage. Auch tagsüber fahre der Bus maximal einmal pro Stunde. Ebenso sei es mit den Bahnen, die am Bahnhof Marquardt halten, so Kleber.

Das neue Rathausbündnis will das ändern. Für den Potsdamer Norden gehörten etwa eine Taktverdichtung und die Verbesserung des Nachtverkehrs zu den Zielen für die nächsten fünf Jahre, heißt es in dem Vertrag. Das sei auch nötig, findet Ortsvorsteher Rolf Sterzel aus Grube. Speziell am Wochenende müsse die Busverbindung in die Stadt verbessert werden.

Deutliche Kritik an den Plänen der Kooperation übt Carmen Klockow aus Neu Fahrland. Die Ortsvorsteherin und Stadtverordnete für das Bürgerbündnis kritisiert insbesondere die Festlegung, grundsätzlich neue Umgehungsstraßen – etwa für Neu Fahrland – auszuschließen. Denn gerade in Krampnitz und Groß Glienicke würden in den kommenden Jahren tausende neue Wohnungen entstehen. „Und dabei stößt die Bundesstraße 2 schon jetzt an ihre Grenzen“, sagt Klockow und beklagt zunehmenden Straßenlärm, etwa durch wachsenden Lkw-Verkehr.

In der Tat hat sich die Kooperation nur auf die Sanierung und maximal den Ausbau bestehender Straßen verständigt, neue Strecken sind nicht vorgesehen. Allerdings soll ein Lkw-Führungskonzept dafür sorgen, dass der Durchgangsverkehr in der Stadt minimiert wird, so die Kooperation. Dieses Problem ist auch in den Ortsteilen bekannt: So erklärt Sterzel, dass durch die Autobahnabfahrt Leest der Ortsteil Grube schon jetzt von Schwerlastverkehr besonders betroffen sei.

Auf Zustimmung stößt der Plan der Kooperation, im Geschäftsbereich des Oberbürgermeisters einen Beauftragten für die Ortsteile zu installieren. Ramona Kleber sagte, dass könnte den Belangen des ländlichen Raums mehr Beachtung einbringen. Auch Franz Blaser aus Groß Glienicke hofft, dass es mithilfe dieses Verantwortlichen nun einfacher werde, für ein Problem in den Ortsteilen einen Ansprechpartner in der Stadtverwaltung zu finden. Das glaubt auch der neu gewählte Golmer Ortsvorsteher und SPD-Stadtverordnete Markus Krause. Dennoch findet er auch kritische Worte für die Vereinbarung: „Leider gibt es weiterhin kein eigenes Budget für die Ortsteile für selbst verantwortete Investitionen.“ So müssen sich die Ortsvorsteher rühren. Blaser beschreibt dies am Beispiel von Groß Glienicke: „Wir haben wegen Lärmschutz nur einen eingeschränkt nutzbaren Sportplatz und werden langfristig einen neuen Platz außerhalb der Ortslage benötigen – dafür müssen wir dann bei den Stadtverordneten genügend Unterstützung finden.“

Weiterhin hat sich die Kooperation als Ziel einen Masterplan für den Norden aufgegeben – also ein Entwicklungskonzept für die Ortsteile. Die Sinnhaftigkeit dieses ursprünglich von den Linken vorgeschlagenen Projekts hatte Oberbürgermeister Jann Jakobs vor der Wahl noch angezweifelt – die einzelnen Ortsteilen seien zu verschieden, um sie einem Planwerk zu ordnen. Doch nun soll das Konzept doch noch kommen – in Verbindung mit der möglichen Bewerbung Potsdams für die Landesgartenschau 2019 im Norden der Stadt. „Vielleicht ist das eine Chance“, sagt Sterzel aus Grube. Der Kooperation geht es mit den Planungen darum, den Norden Potsdams „verträglich zu entwickeln“.

Und noch zwei Punkte hat das Bündnis in seinen Vertrag geschrieben: Potsdamer Bauern sollen beispielsweise zu Kooperationen mit städtischen Betrieben oder Schulen angeregt werden und so ihre Produkte absetzen können. Ebenso will die Kooperation eine Verbesserung im Bereich der medizinischen Versorgung mit dem städtischen Klinikum „Ernst von Bergmann“ ausloten. Dazu sagte Klinikumssprecherin Theresa Decker: „Wir stehen für Gespräche bereit.“

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