
© M. Thomas
Landeshauptstadt: Jauchs Riesling kosten
Der Wein von Potsdams bekanntestem Hobbywinzer Günther Jauch lockte am vergangenen Samstag viele Besucher in die Villa Schöningen
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Die meisten Fragen gelten nicht dem Wein. „Die Leute wollen zunächst erst mal wissen, ob Günther Jauch heute auch hier sein wird“, sagt Svenja Sieler. Die junge Frau, die am Samstagnachmittag im Skulpturengarten der Villa Schöningen die Weine des Guts mit dem vielleicht größten Promifaktor präsentiert, lächelt. Seit Mittag kommen mehr und mehr Besucher zu ihr, um sich mal anzusehen und zu probieren, was der Jauch da vergoren hat, seitdem er und seine Frau Thea 2010 das Weingut Orthegraven an der Saar – alter Familienbesitz aus der Familie von Günther Jauchs Großmutter – übernommen haben. Und auch wenn der bekannte Fernsehentertainer und Moderator, der mit seiner Familie quasi gleich um die Ecke wohnt, an diesem Tag verhindert ist: Kosten kann man die Weine ja trotzdem.
Das Event ist Teil der Kunst & Wein-Tour, die der Verband Deutscher Prädikats- und Qualitätsweingüter e.V. (VDP) seit Jahren organisiert: Dann werden deutsche Weine in Galerien und Museen verkostet, sozusagen simultaner Genuss für Auge und Gaumen. Bisher beschränkte sich diese Tour auf Berlin. Zum ersten Mal war nun auch Potsdam mit dabei. Teilnehmer waren außer der Villa Schöningen die Produzentengalerie M, das Kunsthaus Sans Titre, der Waschhaus-Kunstraum und die Galerie Kunst-Kontor Sehmsdorf. Dass Potsdam mitmacht, ist auch der Initiative von Svenja Sieler zu verdanken. Ein Jahr lang arbeitete sie als Volontärin in der Villa Schöningen; 2011 erlebte sie während eines Praktikums die Weinlese auf dem Gut Orthegraven. „Ich wollte die Villa Schöningen und Wein zusammenbringen und schlug das dem VDP vor“, sagt sie. Eine Dame aus Berlin-Zehlendorf ist begeistert, dass man bei der Kunst & Wein Tour auch hier Wein bekommt. „Ich wär sonst nach Berlin-Mitte gefahren, aber dort in den Galerien ist es immer sehr voll“, sagt sie. Und selbstverständlich macht der Name Günther Jauch neugierig.
Drei sehr unterschiedliche Rieslingweine Jahrgang 2012 und 2013, vom Kanzemer Altenberg, der mit 65 Prozent so stark geneigt ist wie das Matterhorn und nur von bergtauglichen Mitarbeitern bearbeitet wird, gibt es am Samstag zu kosten. „Der Altenberg liegt direkt hinterm Weingut“, sagt Svenja Sieler. Zwei Gesteinsbrocken, Blauer und eisenoxidhaltiger Roter Schiefer original vom Weingut, liegen dekorativ zwischen den aufgebauten Flaschen, Svenja Sieler erklärt gern die dortigen Bodenverhältnisse. Erzählt, dass Weinbauer Günther Jauch häufig vor Ort ist, die Arbeiten überwacht, auf Messen unterwegs ist. Bei den Gästen wirbt sie dann für die Fruchtsüße des Kabinett. „Ganz ganz toll“, sagt ein Herr beim Zurückbringen der Gläser.
Der große Garten der denkmalgeschützten Persiusvilla an der Glienicker Brücke ist für viele Spaziergänger an diesem spätsommerlichen Tag Station. Man kommt zu zweit, mit Hund, in Familie. Die Kinder barfuß, im Bollerwagen die Handtücher vom Badeausflug an den Heiligen See. Im Schatten unter den mächtigen Eichen und Buchen lässt es sich an traditionellen Holztischen gut rasten. Und dann war da ja noch was – richtig: die Kunst. Seit Juli zeigt die Villa Werke von Olaf Metzel. Bei einem Spaziergang, gern mit einem Glas Orthegraven-Wein, erkunden die Besucher, was im Garten aufgebaut ist: den verstörenden, überdimensionalen Eisenguss einer Pistole oder die Bronze-Skulptur „Turkish Delight“, zu Deutsch: „Türkischer Honig“, die einen weiblichen Akt mit Kopftuch zeigt.
Nicht nur, aber auch wegen der Kunst ist ein Paar aus der Berliner Vorstadt hier. „Wir haben heute den ganzen Tag Programm gemacht, es ist in Potsdam überall was los an diesem Wochenende“, sagt die Dame. Nach Wochenmarkt und Töpfermarkt war das Kunsthaus Sans Titre Station, und von der Villa Schöningen aus werden sie zur Schiffbauergasse weiterziehen. „Zur Vernissage im Museum Fluxus und dann zum Theaterfest“, sagt sie. Indessen wird am Weinstand kontinuierlich ausgeschenkt. Sehr schmackhaft aber preislich zumindest für sie unerschwinglich, sagt eine Frau. Zwölf oder 15 Euro für eine Flasche, das mag, was die Qualität des Weins betrifft, gerechtfertigt sein, aber bestellen wird sie nichts. Wer sofort bestellt, der hat binnen drei Tagen den Jauch-Wein zu Hause. Steffi Pyanoe
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