Ausstellung zeigt Kunst von und über Flüchtlinge: Jung, männlich, geflüchtet
Potsdam - Eigentlich ist es nur eine schlichte Steinskulptur eines Zuges, die da im Ausstellungsraum steht, doch die Inschrift an der Seite verleiht dem kleinen Kunstwerk ungeahnte Komplexität: „Frei Afghanistan“ ist da zu lesen. Gefertigt wurde er von Nematulah und Esanullah, zwei jungen Afghanen, die in der Flüchtlingsunterkunft in Groß Glienicke leben.
Stand:
Potsdam - Eigentlich ist es nur eine schlichte Steinskulptur eines Zuges, die da im Ausstellungsraum steht, doch die Inschrift an der Seite verleiht dem kleinen Kunstwerk ungeahnte Komplexität: „Frei Afghanistan“ ist da zu lesen. Gefertigt wurde er von Nematulah und Esanullah, zwei jungen Afghanen, die in der Flüchtlingsunterkunft in Groß Glienicke leben. Es ist nur eines von vielen Stücken, die am Dienstag in der Ausstellung „Kunst im fremden Haus“ zu sehen waren, die von der Stiftung Schwarz-Rot-Bunt (SRB) für einen Tag in der Gemeinschaftsunterkunft an den Kopfweiden veranstaltet wurde.
Der „Integrationsworkshop Steinbildhauerei“ gehört zu vier Projekten, die 2016 unter dem Motto „Jung, männlich, geflüchtet nach Deutschland – neue Wege in die Gesellschaft“ von der Stiftung SRB gefördert worden waren. Zusammen mit der Bildhauerin Birgit Cauer vom Verein „Neues Atelierhaus Panzerhalle“ entstanden so mehrere Objekte, die ganz ohne Worte die Gefühle, Wünsche und Ängste der Geflüchteten ausdrückten. Der 25-jährige Maamoun aus Syrien etwa fertigte eine Friedenstaube an, der 27-jährige Shahab eine kleine, steinerne Moschee. In seiner früheren Heimat Syrien war er von Beruf Bauleiter.
Integrationsbeauftragte Lemmermeier: „Den Flüchtling gibt es ebenso wenig wie den Deutschen“
Die Ausstellung nimmt bewusst junge, männliche Geflüchtete in den Fokus, die von außen gern als homogene Gruppe wahrgenommen werden: „Diese Zielgruppe wird häufig mit Argwohn betrachtet, doch wir wollen zeigen, dass sich hinter jedem von ihnen sehr individuelle Geschichten verbergen“, sagte Sylvia Schott von der Stiftung SRB in ihrem Grußwort vor den rund 100 Besuchern der Ausstellung. „Den Flüchtling gibt es ebenso wenig wie den Deutschen“, ergänzte Doris Lemmermeier, Integrationsbeauftragte des Landes Brandenburg.
Das Projekt „Blickwinkel – wer bin ich wirklich?“ des Jugendmigrationsdienstes Aschersleben macht dies besonders deutlich: Es besteht aus Doppelporträts von sechs jungen Geflüchteten aus Syrien, Afghanistan und Somalia, die jeweils in schwarz-weiß von hinten und in Farbe von vorne fotografiert wurden. „Die kommen alle nur nach Deutschland und sind doch nur Wirtschaftsflüchtlinge“ ist auf dem Schwarzweiß-Bild zu lesen, auf dem Farbfoto hingegen steht „Ich heiße Kabir, ich bin 16 Jahre alt, ich komme aus Afghanistan und möchte Elektriker werden.“
Kritik an der Brandenburger Abschiebepraxis
Die Ausstellung macht klar, dass die Träume und Wünsche der jungen Geflüchteten sich kaum von denen vieler deutscher Jugendlicher unterscheiden: Eine Arbeit finden, Geld verdienen, ein gutes Leben leben. Lemmermeier lobte die Ausstellung und kritisierte gleichzeitig das Land Brandenburg für seine Abschiebepraxis: „Das wir aus Brandenburg nach Afghanistan abschieben, wie erst kürzlich wieder geschehen, ist für mich nicht nachvollziehbar.“
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: