Landeshauptstadt: Junges Pflänzchen
58 Potsdamer Firmen beteiligten sich am „Zukunftstag“, aber die Resonanz bei den Schülern war schwach
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Diese Pflanze gibt es erst seit sechs Jahren. Dabei sieht das Gras, auf das Andreas Hermann zeigt, für den Laien ziemlich unspektakulär aus. Man könnte bestimmt gut damit pfeifen. Für Hermann, den Biologen im Landesumweltamt, ist es jedoch etwas Besonderes: Seine Kollegin Martina Düvel hatte es im Jahr 2000 entdeckt und auf den Namen „Märkisches Schwingelschilf“ getauft. Zwei Jahre später bestätigten Wissenschaftler die Entdeckung. Weil die Pflanze so selten ist – sie wurde bisher nur in Brandenburg, Mecklenburg und Ostpolen gesichtet – zieht der Botanische Garten der Uni Potsdam einige Exemplare davon, berichtete Hermann vor fünfzehn Schülern, die das Landesumweltamt in Groß Glienicke zum gestrigen Zukunftstag besuchten.
Das einzige Mädchen unter ihnen war Christin Schulze: Die 14-jährige Fontane-Oberschülerin wollte sich über die über 50 Berufe zu informieren, die beim Landesumweltamt gebraucht werden: „Chemiker, Biologen, Physiker, Juristen, Forstwirtschaftler und Geologen“, zählte Sprecher Lothar Blackert auf. Christin beeindruckte vor allem die Bibliothek. „Vielleicht mache ich mein Praktikum in der zehnten Klasse hier“, sagte sie.
Sechs Jahre alt wie das Märkische Schwingelschilf ist auch der Zukunftstag selbst: Was in anderen Bundesländern als „Girls Day“ auf die Berufschancen von Mädchen ausgerichtet ist, wendet sich in Brandenburg an beide Geschlechter. Koordinator der Veranstaltung, die mit EU-Geldern und Landesmitteln finanziert wird, ist das Sozialministerium.
Insgesamt 1118 Plätze für „Schnupperpraktika“ an 58 Einrichtungen und Firmen gab es laut Sozialministerium allein in Potsdam. Damit hätten sich in der Landeshauptstadt gut doppelt soviel Unternehmen wie noch 2007 beteiligt: Von der Uni bis zum Kosmetikstudio, vom Mieterverein bis zu den Landtagsfraktionen verschiedener Parteien. „Fantastische Angebote“, wie Carola Mahncke, die Sprecherin der Projektgruppe für den „Zukunftstag“ beim Sozialministerium, betonte.
Schlecht war jedoch die Auslastung: Denn teilgenommen haben laut Mahncke nur 332 Jugendliche – 786 Plätze blieben frei. Brandenburgweit sah die Bilanz ähnlich negativ aus: Von 11473 Angeboten bei 548 Firmen wurden nur 5053 genutzt, wie Mahncke bestätigte. Zum Vergleich: Im Vorjahr hatte es noch mehr als 7500 Anmeldungen von Schülern gegeben. Sozialministerin Dagmar Ziegler und Bildungsminister Holger Rupprecht (beide SPD) forderten die Jugendlichen gestern auf, den Zukunftstag mehr zu nutzen. „Die Informationen müssen besser in die Schulen getragen werden“, sagte Carola Mahncke den PNN. Zusammen mit dem Bildungsministerium müsse „intensivst“ überlegt werden, wie sich das Angebot „mehr herumspricht“.
Die Schüler der Neuen Grundschule Potsdam in der Babelsberger Flotowstraße drehten den Spieß gestern dagegen um: Statt eine Firma zu besuchen, luden sie den Staatssekretär des Wirtschaftsministeriums, Wolfgang Krüger, in ihre Schülerfirma ein. Bei der 2006 gegründeten „Milchbubis SGmbH“ kümmern sich momentan 27 Schüler um die Bestellung und Auslieferung der Pausenmilch, wie Geschäftsführer Marvin aus der 6b dem Staatssekretär erklärte. Selbst eine Marketing- und eine Personalabteilung unterhalten die Fünft- bis Sechstklässler. Krüger zeigte sich beeindruckt: „Bei uns kam die Milch noch vom Hausmeister“, erinnerte er sich.
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