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Landeshauptstadt: Kein Zutritt

Erstmals wird der Landtag an seinem neuen Sitz in Potsdams Mitte gewählt. Aber die Bürger müssen draußen bleiben

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Wie wurde es gefeiert, dieses Schloss, der neue Landtag in der historischen Mitte Potsdams. Als das Landesparlament zu Jahresbeginn vom Brauhausberg aus dem „Kreml“ hinunter in die Stadt zog, hinein in die Stadt, zu den Bürgern, den Wähler, sichtbar und offen für den Souverän. Nun am Sonntag erlebt dieses Landtagsschloss eine Premiere: Erstmals werden die Abgeordneten des Parlaments im neuen Sitz gewählt. Doch für die Bürger ist das Schloss seit Tagen verschlossen, die großen Fernsehstationen haben es für die Sendungen am Wahlabend belegt. Und auch am Wahlsonntag ist nichts mit Offenheit. Die Bürger können das Landtagsschloss nur von außen sehen und die Wahl für den Landtag nur vor den Bildschirmen verfolgen. Nicht einmal im unmittelbaren Umfeld auf dem Steubenplatz und Am Alten Markt ist etwas für die Bürger geplant. Bei früheren Wahlen war das Kreml-Gelände auf dem „Brauhausberg“ stets offen, es gab auch eine Bühne. Damit ist jetzt am neuen Standort Schluss.

Auch Landtagssprecherin Katrin Rautenberg bedauert, dass am Tag der Landtagswahl in Brandenburg der Landtag nicht zugänglich und für die Bürger auch nichts anderes geplant ist. „Wir haben alle Möglichkeiten hin- und hergewälzt“, sagt Rautenberg. Der Landtag ist nach ihren Angaben wegen der Sicherheitsvorschriften gesperrt. 200 Techniker war hier in den vergangenen Tage zu Gange, um in einer Zeltstadt die Studios im Innenhof aufzubauen, mehrere Kilometer Kabel zu verlegen, die Fernsehtechnik zu installieren und Dieselaggregate zur Absicherung der Stromversorgung aufzustellen. Der RBB, die ARD, das ZDF und diverse Radiostationen sind dabei. Die ARD hat sogar ihre Sendeplanung in den Schlosshof verlegt, von dort aus werden auch die Zahlen und Fakten für die Landtagswahl in Thüringen gesendet.

Um allen Bedürfnissen der Sendeanstalten, aber auch dem Brandschutz, gerecht zu werden, mussten einige Mitarbeiter des Parlaments aus ihren Zimmern umziehen. Am morgigen Wahlsonntag rücken rund 130 Journalisten sowie etwa 600 Techniker und Produktionsleute an.

Und das Schloss bleibt noch eine Weile aus Sicherheitsgründen gesperrt – noch eine ganze Woche nach der Wahl bis zum 22. September. „Wir müssen leider immer wieder Gäste abweisen“, berichtete Rautenberg. Dabei hat sich das Landtagsschloss seit seiner Eröffnung zu einem neuen, überaus beliebten Besuchermagneten für die Stadt Potsdam entwickelt. Bislang haben laut Rautenberg fast 150 000 Menschen das Schloss besichtigt. Das seien fast so viele Besucher wie in zwanzig Jahren am alten Standort auf dem Brauhausberg insgesamt, nämlich 160 000 Besucher, sagt Rautenberg.

Dass es keine Veranstaltung für die Bürger zur Wahl rund um das Schloss gibt, liegt auch an der Stadt, schließlich sind Alter Markt und Steubenplatz ihre Grundstück. Vielleicht fehlte die Idee oder der Wille. Aber es gibt auch technische Probleme: Eine Bühne auf dem Alten Markt ist aus Sicherheitsgründen nicht erlaubt.

Auch die öffentlich-rechtlichen Fernsehstationen haben ihren Anteil daran, dass der Landtag dieser Tage dicht ist. Nach den ursprünglichen Plänen sollten sie ihre Technik und Übertragungswagen, die für den Alten Markt zu schwer sind, auf dem Lustgarten abstellen. Der Landtag wäre von dort aus eine perfekte Kulisse. Jetzt stehen die Schwerlaster auf dem Steubenplatz, auf einem Reststraßenstück neben der Fachhochschule und an dem der Havel zugewandeten Schlossflügel. Grund sind technische Pannen, die bereits beim Schlossbau unterlaufen sind. Im Auftrag Potsdams hatte der Sanierungsträger der Stadt bekanntlich vom Landtag zum Lustgarten Leerrohre im Untergrund verlegen lassen. Allerdings hatten sich diese Rohre als zu eng für die Kabel erwiesen. Man habe eingebaut, was vom Land bestellt worden ist, verteidigte sich die Stadt vor zwei Jahren. Alternativ hätte eine temporäre Kabelbrücke errichtet werden können, das hätte mindestens 100 000 Euro und mehr gekostet. Nun vor der Wahl wurden sich die Sender nicht einig, ob sie die Kosten gemeinsam tragen. Die Kabel sollten so kurz wie möglich sein. Sogar Fenster wurden ausgehoben und im Landtag Kabeltrassen gebaut, um die Leitungen vom Innenhof zu den Übertragungswagen zu verlegen. Auch Landtagssprecherin Rautenberg nennt die jetzige Lösung im Innenhof „nicht befriedigend“.

Immerhin steht schon fest, dass der Rasen neu verlegt werden muss. Es sei davon auszugehen, dass das vorhandene Grün aufgrund der enormen Lasten irreparabel in Mitleidenschaft gezogen werde, so Rautenberg. Auch Pflastersteine, die durch die schweren Lasten gerissen sind oder an den Kanten abgeplatzt, sind schon vorsorglich für die Bestandsaufnahme der Schäden mit farbigen Klebestreifen markiert.

nbsp;Alexander Fröhlich

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