Homepage: „Keine Bauchschmerzen“
Der neue AStA fußt auf einer grün-schwarz-roten Koalition – der RCDS ist erstmals mit dabei
Stand:
Seit einer Woche trägt eine neue Koalition den AStA der Uni Potsdam. Ist die Krise nun überwunden?
Clas Hasslinger: Definitv. Die erste Woche der neuen Koalition war phänomenal. Wir haben alle gemeinsam die Büroräume aufgeräumt. Das hat ein neues Klima geschaffen, es entstand ein Gemeinschaftsgefühl und viel frischer Elan.
Tobias Dornisch: Nach einer knappen Woche wurden schon zahlreiche Themen diskutiert und Dinge angestoßen. Projekte und Ideen entstehen. Kein Vergleich zu den Wochen zuvor.
Über zwei Monate war die vorangegangene AStA-Koalition aus Grüner Alternativer Liste (GAL) und Offener Linker Liste (OLL) nicht zusammengekommen. Wer hat wen blockiert?
Dornisch: Wir als GAL haben uns kompromissbereit gezeigt. Aber bei bestimmten Dingen wollten wir nicht mitgehen. Etwa bei einer neuen zusätzlichen AStA-Stelle, die geschaffen werden sollte oder bei der Ausrichtung des studentischen Kulturzentrums (KuZe) in der Innenstadt. Dadurch war das Verhältnis von Anfang an belastet.
Hätte man nicht im Interesse der Studierendenschaft, die der AStA vertritt, zügig einen Kompromiss finden sollen?
Hasslinger: Man hätte sich vielleicht einigen können, innerhalb des Teams wäre aber ein bitterer Beigeschmack geblieben. Es war besser ein klare Grenze für einen Neuanfang zu ziehen. Jetzt haben wir ein zusammengewachsenes Team, das noch ein dreiviertel Jahr zusammen arbeiten kann.
Dornisch: Es gab inhaltlich keine Zusammenarbeit mit der OLL. Es wäre nur auf einen faulen Kompromiss hinausgelaufen. Da ist kein Kompromiss besser.
Es gab den Vorwurf, dass die Grünen die Koalition von Anfang an platzen lassen wollten.
Dornisch: Das ist falsch. Es fing nicht gut an. Trotzdem haben wir versucht für den AStA eine Modus Vivendi zu finden. Wir haben versucht unsere Meinung zu artikulieren. Das fand allerdings keine Berücksichtigung. Der Vorwurf, dass wir uns gezielt gegen die OLL abgesprochen hätten, läuft doch ins Leere: Wir hatten drei Stimmen, die OLL sechs. Wir haben immer wieder das Gespräch gesucht, sogar einen Brief geschrieben. Die Versuche blieben jedoch unerwidert.
Wie verlief vor diesem Hintergrund die Übergabe der Amtsgeschäfte?
Dornisch: Das pendelte zwischen Kooperation und Verweigerung – ich möchte allerdings keine Namen nennen, bei denen es nicht geklappt hat.
In der neuen Koalition sind nun neben den Jusos und der Liste LUST auch die Grünen und der CDU-nahe RCDS vertreten, wie passt das zusammen?
Dornisch: Ich habe mit dem RCDS gar keine Bauchschmerzen. Im Gegenteil. In der alten Koalition mit der OLL waren Probleme aufgetreten, die sich nicht lösen ließen. Gespräche mit den anderen Fraktionen hatten hingegen eine hohe Kompromissbereitschaft gezeigt. Nun ist es ein gutes Gefühl, dass es einen Diskussionsprozess gibt, dass inhaltliche Konflikte ausgetragen werden können.
Der RCDS ist grundsätzlich für Studiengebühren. Werden Sie, Herr Hasslinger, nun zusammen mit dem AStA gegen die Gebühren auf die Straße gehen?
Hasslinger: In erster Linie bin ich nun Mitglied des AStA“. Wenn sich die Mehrheit des Studierendenausschusses zur Teilnahme an solchen Protesten entschließen sollte, dann werde ich natürlich auch dabei sein.
Also gibt es jetzt keine inhaltlichen Unterschiede mehr im neuen AStA, nur noch Konsens?
Hasslinger: Nein, natürlich gibt es in vielen Punkten keine Übereinstimmung. Aber wir als AStA sollen schließlich das breite Meinungsspektrum von 17 000 Studierenden an der Uni Potsdam vertreten.
Der Spitzenkandidat des RCDS wurde während der Wahl im Juni als ehemaliges DVU-Mitglied enttarnt. Gerade ist der AStA-Vize in Gießen als Sprecher einer ultrarechten Burschenschaft bekannt geworden. Gibt es Versuche, den RCDS von rechts zu unterwandern?
Hasslinger: Davon würde ich nicht sprechen, das sind Einzelfälle, Der RCDS spricht sich eindeutig gegen Rechtsextremismus aus. Es ist traurig, wenn man erfährt, dass jemand aus der Gruppe ein solches Gedankengut hat. Ich war von dem Betroffenen hier in Potsdam persönlich enttäuscht.
Wie wappnen Sie sich gegen solche Fälle?
Hasslinger: Wir können nicht jedes Mitglied beim Verfassungsschutz überprüfen. Wir müssen in Gesprächen aufpassen, welche Äußerungen fallen, wie etwas gesagt wird. Aber manchmal fällt eben doch nicht auf, welche Gesinnung jemand hat. Es ist schade, dass durch solche Einzelfälle eine ganze politische Gruppierung diffamiert wird.
Bietet der RCDS einen Nährboden für Rechte?
Hasslinger: Auf keinen Fall. Wir stehen auf der rechtsstaatlichen Grundordnung. Ich weiß nicht genau, was solche Leute antreibt, vielleicht wollen sie lieber in den RCDS als in die NPD, weil wir konservativ sind und ihnen das liegt. Ich kann nicht in die Köpfe hinein schauen.
Dornisch: Dass uns als AStA dieses Thema sehr wichtig ist, wird auch eine fachübergreifende Vortragsreihe zeigen, die wir kommendes Semester zum Thema Rechtsextremismus veranstalten. Zudem möchten wir weiter zur Teilnahme an Demonstrationen wie in Halbe aufrufen und die Kontakte mit Studenten aus anderen Ländern intensivieren.
Gegen Rechtsextremismus hat sich auch die OLL engagiert. Wie wird sich die Arbeit der neuen Koalition davon unterscheiden?
Dornisch: Die OLL hatte häufig den Wunsch, größere gesellschaftliche Debatten zu führen, etwa im Freien Zusammenschluss von StudentInnenschaften (FZS). Wir möchten diese Arbeit nicht ganz ruhen lassen, besitzen aber nicht diesen festen programmatischen Anspruch. Wir möchten uns mehr auf den Service für die Potsdamer Studenten konzentrieren. Dazu gehört auch die engere Zusammenarbeit mit den einzelnen Fachschaften der Institute. Der AStA hat einfach bei vielen ein schlechtes Image, das wir mit einem breiten Beratungsangebot verbessern möchten. Dazu haben wir die Öffnungszeiten unseres Büros verlängert.
Hasslinger: Zudem müssen wir den AStA-Haushalt in den Griff bekommen. Wir verlieren Studierende an der Uni, deswegen wird auch unser Haushalt kleiner. Dies ist auch ein wichtiger Teil meiner persönlichen Arbeit als Referent für das Kulturzentrum.
Bekommt das KuZe nun einen konservativen Anstrich?
Hasslinger: Nein. Wichtig ist für mich in erster Linie, dass sich das Kuze selbst finanziell trägt, dass es für den Haushalt der Studierendenschaft nicht zur Belastung wird und sein strukturelles Defizit verringert wird. Wir sind ein allgemeiner Studierendenausschuss, wir wollen für alle Studierenden da sein, auch für alle politischen Gruppierungen. Der „Pub à la Pub“ hat streckenweise ein etwas konservativeres Publikum als das KuZe. Das Kulturzentrum ist sehr alternativ. Das ist verständlich und das soll es auch geben. Aufbrechen möchte ich jedoch im Konsens mit den Verantwortlichen das von der OLL durchgesetzte Verbot, dass dort nur Kultur stattfinden soll und politische Hochschulgruppen keinen Platz haben.
Es geht also um die Frage, wer im KuZe das Sagen hat: Die Geschäftsführung oder das Studierendenparlament, für das der AStA steht?
Hasslinger: Ich respektiere die Leitungsstrukturen im KuZe und diese sollen auch beibehalten werden, allerdings nur unter der Prämisse, dass das Defizit gesenkt werden kann und das Zentrum allen zur Verfügung steht.
An der Technischen Universität Berlin hat der RCDS mit nicht ganz sauberen Mitteln die Geschäfte übernommen. Ist so etwas auch in Potsdam zu befürchten?
Hasslinger: In Berlin ist der RCDS über so genannte Tarnlisten an die Macht gekommen, also über gewählte Fraktionen, die unter anderem Namen eigentlich für unsere Politik stehen. Dies schließe ich aus und finde es auch nicht gut.
Ein Blick nach vorne: Wie bewertet der neue AStA die ab 2007 amtierende Rektorin Sabine Kunst?
Dornisch: Bis jetzt macht sie einen offenen, ehrlichen Eindruck und bringt hoffentlichen positiven Wind für die Uni. Den Rest warten wir ab.
Das Interview führten Jan Kixmüller und Henri Kramer
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