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Fels in der Brandung. Die Potsdamer Uni behauptet sich trotz jahrelanger Unterfinanzierung. Für Spitzenforschung wären allerdings mehr Grundmittel nötig.

© Karla Fritze

Homepage: Keine goldenen Wasserhähne

Der Präsident der Universität Potsdam, Oliver Günther, hatte vorgeschlagen, aus der Hochschule eine Stiftungsuni zu machen. Für die nächsten Jahre schloss er einen solchen Schritt nun aber aus. Er fordert eine weitere Erhöhung der Grundfinanzierung

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Der Vorstoß hatte Aufsehen erregt. Vor dem Hintergrund der Probleme der brandenburgischen Hochschullandschaft hatte Potsdams Uni-Präsident Oliver Günther einen Stiftungsstatus für alle drei Universitäten des Landes vorgeschlagen. Nach der Viadrina in Frankfurt (Oder) sollten nun auch die Potsdamer Universität und die fusionierte BTU Cottbus-Senftenberg in Stiftungsuniversitäten umgewandelt werden. An der Potsdamer Uni gab es daraufhin aufgeregte Reaktionen. Nun hat Günther seinen Vorschlag zumindest zeitlich relativiert. Die Potsdamer Uni soll nicht kurzfristig in eine Stiftungsuni umgewandelt werden. Für die nächsten Jahre schloss er einen solchen Schritt aus. „Aber es muss erlaubt sein, über dieses Konstrukt intensiver nachzudenken“, sagte Günther in dieser Woche auf einem Treffen des Landesverbandes Brandenburg des Deutschen Hochschulverbandes (DHV) an der Potsdamer Uni.

Potsdams Uni-Chef erhofft sich von der Stiftungsstruktur mehr Autonomie. Er denkt dabei vor allem an die Vorbilder in Göttingen und in Frankfurt (Main), die Haushaltsmittel flexibler einsetzen und besser von einem Jahr ins andere übertragen können, was über Engpässe hinweghelfen kann.

Stiftungshochschulen sind Hochschulen, die durch eine öffentlich-rechtliche oder eine private Stiftung getragen werden oder in der Rechtsform einer Stiftung organisiert sind. Bei den Stiftungsunis übt in der Regel ein Stiftungsrat die Rechtsaufsicht über die Uni aus und nicht mehr das Ministerium. Dadurch könnten die Hochschulen etwa das Berufungsrecht selbst wahrnehmen und eigenständig Studiengänge einrichten.

Die Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) ist seit 2008 Stiftungsuniversität. Der neue Status brachte zwar nur in geringem Maße zusätzliche Spenden ein, doch die Autonomie der Uni sei sowohl in inhaltlichen wie auch Haushaltsfragen deutlich größer geworden, so die Einschätzung von Stephan Kudert, der drei Jahre lang Senatsvorsitzender der Stiftungsuni war. Die Georg-August-Universität Göttingen hat bereits zehn Jahre Erfahrungen als Stiftungsuni. „Unser Modell funktioniert ausgesprochen gut“, sagte Matthias Schumann von der Göttinger Uni in Potsdam. Vor allem habe man eine höhere Flexibilität bei der Berufung von Professoren erreicht. Die Abwicklung der Verfahren sei schneller möglich, zudem sei eine sachgemäße Gestaltung des Gebäudebestands möglich. Letztlich spreche auch die eigene Kontenführung, mehr Autonomie und eine starke Lobby durch den Stiftungsrat gegenüber dem zuständigen Ministerium für den Status. Eine Sparrunde bei den Hochschulen Niedersachsen habe man so 2005 gut überstanden. Zu bedenken ist natürlich, dass eine Stiftungsuni ein Milliardenvermögen als Stiftungskapital braucht. In Niedersachsen wurde dies durch die Überschreibung von Grundstücken ermöglicht. Ähnliches müsste bei der Umwandlung der Potsdamer Uni ermöglicht werden.

Brandenburgs Wissenschaftsministerin Sabine Kunst (parteilos) hat sich zu dem Vorschlag eher neutral geäußert. Sie habe dazu keine eigene Meinung, sagte sie am Mittwoch im Wissenschaftsausschuss des Landtages. Es handele sich um eine interne Überlegung der Uni. „Wenn ein Präsident seine Hochschule hinter diesen Vorschlag bringt, setzt sich die Exekutive damit natürlich auseinander“, hatte Kunst zuvor geäußert . Dazu dass Uni-Chef Günther das Modell mit einer Steigerung der Staatszuschüsse für die Hochschulen um 50 Millionen Euro jährlich verknüpft, sagte sie allerdings, dass die Größenordnung unrealistisch sei, auch wenn sich das Land der Bedeutung der Unis bewusst sei.

Hintergrund des Stiftungs-Vorstoßes war für Oliver Günther die schwierige Situation der Universitäten in Brandenburg. In der Öffentlichkeit sei kaum bekannt, dass die drei Unis des Landes signifikant schlechter gestellt seien als die hiesigen Fachhochschulen. Günther würdigte zwar die Aufbauleistung der brandenburgischen FHs. Aber das „finanzielle Nullsummenspiel“ im brandenburgischen Hochschulsektor gehe auf Kosten der Universitäten. Denn dadurch, dass die FHs nach Bundesdurchschnitt finanziert würden, bleibe für die Universitäten weniger im Topf. „Das ist eine unangenehme Wahrheit“, so Günther. Doch man müsse benennen, dass das Universitätssystem in keinem guten Zustand ist. „Hier muss dringend etwas getan werden“, sagte Günther. Es sei problematisch, dass die Fachhochschulen pro Student ungefähr die gleiche Summe vom Land erhalten wie die Unis, die neben der Lehre auch noch die Forschung zu leisten hätten. Auch wenn es forschungsstarke FHs gibt, bleibe die Kernfrage, ob die Universitäten, die neben der Lehre auch stark auf Spitzenforschung und internationale Sichtbarkeit setzen, nicht mehr Mittel erhalten müssten.

Uni-Präsident Günther rechnet vor, dass bei rund 105 Millionen Euro Landesmitteln für die Potsdamer Uni pro Student gerade mal 5000 Euro bleiben. Das sei bundesweit Negativrekord. Nur die Viadrina erhalte weniger. Ministerin Kunst verwies indes darauf, dass die Mittel für die Uni Potsdam nun auf 131 Millionen angestiegen seien. Durch den Hochschulvertrag erhalte die Uni nun 14 Millionen Euro mehr: „Das ist eine ganz erhebliche Steigerung.“ Günther hingegen beharrt darauf, dass der Vertrag kein Durchbruch sei, sondern die Mittel für kommenden fünf Jahre nur auf dem derzeitigen Stand festschreibe. Ohne weitere Aufwüchse bedeute dies aufgrund allgemein steigender Lohn- und Nebenkosten ein reales Abschmelzen der Mittel.

Sollten die Zuwendungen nicht angehoben werden, würde Brandenburg in Zukunft Studienplatzkapazitäten verlieren, so Günther. Es drohe eine Abwärtsspirale, da die Bundesmittel aus dem Hochschulpakt von der Gegenfinanzierung des Landes abhängen. Auch eine höhere europäische Forschungsförderung sei an eine höhere Grundfinanzierung gebunden.

In den letzten 20 Jahren sei es nicht gelungen, den Anteil des Landeshaushaltes für die Hochschulen auch nur annähernd auf Bundesdurchschnitt zu bringen, monierte Günther. Im Gegenteil bleibe man hier weiterhin ganz hinten. „Das ist der eigentliche politische Skandal“, sagte Günther, „denn diese Größe kann die Politik beeinflussen“. Die rund 286 Millionen Euro, die aus dem Landeshaushalt ohne Hochschulpaktmittel an die Hochschulen gehen, entsprechen rund 2,8 Prozent des Landeshaushaltes. „So wenig wird in keinem anderen Bundesland für Hochschulen ausgegeben“, sagte Günther. „Damit stehen wir auf verlorenem Posten.“ Günther spricht von einer falschen Weichenstellung, denn gerade in Brandenburg seien die Hochschulen angesichts der Überalterung der Gesellschaft und der strukturellen Schwächen ein wichtiger Entwicklungsmotor. „Es geht nicht um goldene Wasserhähne an der Universität, sondern darum, dass wir mehr für dieses Bundesland tun könnten.“ Hochschulen versprächen mehr Wohlstand, Arbeitsplätze und Innovationskraft. Ohne die massiven Investitionen in die Hochschulen in den 1950er- und 60er-Jahren sei die heutige Forschungs- und Wirtschaftsleistung von Bayern und Baden-Württemberg undenkbar.

Ministerin Kunst sieht hingegen eine Trendwende. Durch die Hochschulverträge würden in diesem Jahr 35 Millionen mehr an die Hochschulen fließen. Zudem sei der Landesregierung bekannt, dass in den kommenden Jahren eine Steigerung der Hochschulmittel nötig ist. Die SPD wirbt in ihrem Wahlprogramm damit, den Hochschuletat nach der Wahl jährlich um fünf Millionen Euro zu erhöhen, was unterm Strich in der Wahlperiode 75 Millionen Euro wären. Die Hochschulrektoren hatten errechnet, dass die Hochschulen allein in dieser Legislatur bereits 58 Millionen Euro an Landesmitteln verloren hätten. Insider gehen davon aus, dass jährlich 50 Millionen mehr gebraucht werden, um bundesweit aufschließen zu können.

Günther blickt skeptisch in die Zukunft: „Der Wind bläst uns ins Gesicht, der Wettbewerb wird härter.“ Ohne mehr Grundfinanzierung werde die Situation sich weiter verschlechtern. Mit Sorge schaut er auch nach Berlin: Selbst in dem klammen Nachbarland würden die Hochschulen mehr Geld pro Student erhalten.

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