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HFF-Schauspiel-Student Christoph Humnig über seine Arbeit mit Rosa von Praunheim
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„Sexuell freizügiger!“ Die zwei Worte schießen sofort aus Christoph Humnig heraus, wenn die Frage auf die Lehrleistung des Regisseurs Rosa von Praunheim kommt. Der 64-jährige von Praunheim lehrte von 2000 bis 2006 an der Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ (HFF). Für die Schule war die Verpflichtung des Ausnahmeregisseurs – von Praunheim drehte über 50 Filme, viele davon über das Thema Homosexualität – ein Aushängeschild. Für von Praunheim selbst wurde die Zeit der Lehrtätigkeit eine nicht so angenehme. Seine Erfahrungen mit den Filmnachwuchs und die Einsichten in die Abläufe einer Filmhochschule verarbeitete von Praunheim nun im Film „Sechs tote Studenten“. Der kommt zwar erst im Februar in die Kinos, aber im Rahmen einer Retrospektive anlässlich seines 65. Geburtstags wird das Werk am 29. November im Berliner Babylon-Kino uraufgeführt.
Humnig spielt in von Praunheims Werk Markus, einen der sechs „toten“ Studenten. „Rosa hat während seiner Zeit an der HFF sehr viele verwöhnte Studenten kennengelernt“, weiß Humnig zu berichten. Mit denen rechnet von Praunheim im Film ab, prangert Faulheit, Sattheit, fehlendes Interesse am Leben an. „Und ich durfte natürlich einer der faulen Studenten sein“, sagt Humnig, der im zweiten HFF-Studienjahr in der Schauspielklasse ist. Es sei eine Traumrolle gewesen. „Ich durfte faul sein, durfte oft mit nacktem Oberkörper spielen. Das war eine entspannte Zeit“, grinst er schelmisch.
Von Praunheim bezeichnete den Film bereits als eine Satire auf ihn selbst. Die Professorin im Film, sein Alter Ego, beauftragt sechs Studenten, auf einer Reise nach Kalkutta das richtige Leben kennenzulernen. Die Filmschüler jedoch bauen Kalkutta einfach im Studio nach und inszenieren ihren eigenen Tod, um die Professorin zu schocken und sich an ihr zu rächen.
Das Motto, das Leben kennen zu lernen, sei eine Vorgabe Rosa von Praunheims an zukünftige Regisseure, so Humnig. „Er legt Wert auf Inhalte.“ Das Credo der HFF sei, besonders technisches Verständnis zu schulen – wie Schnittachsen oder ähnliches. „Er sagt aber, nein, ihr Regisseure müsst selbst Erfahrungen sammeln, ihr müsst in den Knast gehen, ihr müsst die Armut kennenlernen, ihr müsst Orgien feiern.“ Erst danach sei man überhaupt in der Lage Filme zu machen.
Von Praunheim sieht – das hat er oft genug erklärt – das Filmemachen vor allem als Kunst. Film sei nicht Gedanken in Bildern, sondern Gefühle in Bildern, erklärte Rosa von Praunheim jüngst in einem Interview. „Das ist natürlich nicht das Motto der HFF. Und diese beiden Sichtweisen haben sich dann auch seit Jahren gebissen“, konstatiert Jungschauspieler Christoph Humnig trocken.
Zumindest bei dem 24-jährigen HFF-Studenten hat von Praunheims Sichtweise teilweise gefruchtet. „Rosas Ansichten sind schon so halb meine geworden.“ Nichts desto trotz verteidigt er aber auch seine Ausbildungsstätte. „Die HFF ist schon eine coole Schule.“ Aber die dortige Schauspielausbildung habe eben Vor- und Nachteile. „Wenn wir fertig sind, haben wir zwar schon ein richtiges Demo-Tape, doch die wichtige Theaterausbildung bleibt zu sehr zurück.“
„Sechs tote Studenten“ wird am 29. November, 21.15 Uhr im Berliner Babylon-Kino uraufgeführt.
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