Landeshauptstadt: Knobelsdorffs wollen einen echten Knobelsdorff
Familien-Vorsitzender besuchte Innenminister Schönbohm: „Eine Schloss-Anmutung reicht nicht aus“
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Innenstadt - Auf der Karte aus dem Jahr 1692, die gerahmt im Dienstzimmer des Innenministers hängt, hat Egon Freiherr von Knobelsdorff den Geburtsort seines Vorfahren schnell gefunden: Crossen heißt die Stadt, auf deren Gut Kuckädel Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff am 17. Februar 1699 zur Welt kam. Heute liegt Crossen in Polen und heißt Krosno Odrzanskie. „Aber ich war noch nie dort“, sagt der Freiherr, der Vorsitzender der Familie von Knobelsdorff ist, zu der heute rund 90 Menschen gehören.
Ihr Name ist in Potsdam seit Jahren in aller Munde, vor allem wegen des Stadtschlosses und Schloss Sanssouci. Doch nicht nur dieses hat Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff entworfen. Auch der neue, frisch sanierte Dienstsitz von Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) an der Henning-von-Tresckow-Straße ist ein Werk des berühmten Architekten – deshalb hat Schönbohm dessen Nachfahren Egon von Knobelsdorff an diesem Mittwochmorgen zum Rundgang eingeladen.
Dass der neue Potsdamer Landtag die Fassade des Knobelsdorffschen Stadtschlosses tragen muss, darin sind sich beide Männer schnell einig. „Es wäre schlimm, wenn der Landtag mit moderner Fassade gebaut würde“, sagt von Knobelsdorff. Dies drohe nach der 20-Millionen-Euro-Spende von Multimilliardär Hasso Plattner zwar nicht mehr, allerdings müsse nun darauf geachtet werden, dass die historische Fassade dem Original so nahe komme wie möglich: „Eine Anmutung davon würde uns nicht ausreichen, das Schloss muss richtig aufgebaut werden.“ Das meint auch Jörg Schönbohm. Plattner habe mit seiner Spende „der Diskussion um den Wiederaufbau des Stadtschlosses einen richtigen Drive gegeben“, sagt der Innenminister. Den habe es vorher nicht gegeben, „in der SPD, auch beim Finanzminister, waren Vorbehalte gegen die historische Fassade erkennbar“, so Schönbohm. Das Stadtschloss sei historisch und kulturell bedeutsam, es könne eine gemeinsame Identität stiften. Um den Wiederaufbau zu unterstützen, ist Freiherr von Knobelsdorff stellvertretend für die Familie Mitglied im Verein Potsdamer Stadtschloss und auch im Förderverein des Berliner Schlosses; seine Frau Rose-Marie arbeite außerdem ehrenamtlich im Souvenirladen des Schlosses Sanssouci. Doch den bekannten Namen nutze er zurückhaltend. „Wenn Unterstützung gewünscht wird, tun wir das gerne“, sagt von Knobelsdorff. Ansonsten beobachte die Familie „sehr intensiv“, was in Potsdam geschehe. Interveniert habe er nur einmal, vor Jahren: Mit Erlaubnis des damaligen Oberbürgermeisters Horst Gramlich sei dem Obelisken am Alten Markt, ebenfalls ein „Knobelsdorff“, ein übergroßes Kondom übergestülpt worden.
Einen direkten Nachfahren hat Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff übrigens nicht – er war Vater zweier Töchter, die wohl aus unehelichen Verbindungen stammten. Sabine Schicketanz
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