Landeshauptstadt: Krisensitzung nach Jauch-Rede
TV-Moderator hatte Verwaltung vorgeworfen, „Denkmalvernichter und Pinselsanierer“ zu bevorzugen
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Der wohl prominenteste Potsdamer, Fernsehjournalist Günther Jauch, hat schärfste Kritik an der städtischen Bauverwaltung geübt. In seiner Rede bei der Verleihung der Schinkelmedaille am Dienstagabend in Berlin hatte Jauch unter anderem gesagt, er habe manches Gebäude „nicht zur Sanierung erworben, weil ich dem für diesen Bereich jeweils zuständigen Sachbearbeiter kein zweites Mal begegnen wollte“. Außerdem warf Jauch der Verwaltung vor, Sanierungs- und Bauvorschriften „biegsam“ auszulegen, wenn bei einem Projekt Arbeitsplätze geschaffen werden sollen. Auch hätten „Denkmaldetailvernichter und Pinselsanierer“ oftmals gute Chancen, mit ihrer „Rambo-Mentalität durchzukommen“. Die Ausschnitte von Jauchs Rede hatte das RBB-Fernsehen am Mittwochabend in der Sendung „Brandenburg Aktuell“ ausgestrahlt – nach Angaben des RBB hatten dazu etwa 160 000 Zuschauer eingeschaltet. Dies entspreche einem Marktanteil von 15 Prozent.
Bei der Potsdamer Stadtverwaltung sorgten Jauchs Äußerungen gestern Morgen für eine Krisensitzung. Man bedauere außerordentlich, dass es offenbar Probleme bei Bauvorhaben von Jauch gegeben habe, sagte gestern Sigrid Sommer, Bereichsleiterin Marketing/Kommunikation im Rathaus. Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) werde unmittelbar „das direkte Gespräch“ mit Jauch suchen. Man nehme die Kritik „sehr ernst“. Zudem werde in der Verwaltung recherchiert, wo es Probleme gab. Sommer betonte, „Schelte“ für Jauchs Aussagen werde es nicht geben. Sie seien aber „doch überraschend“ gekommen, denn die Zusammenarbeit zwischen Verwaltung und den Mitarbeitern des Fernsehjournalisten sei bisher als gut eingeschätzt worden. Auch sei Günther Jauch ein Bürger der Stadt, der „ungeheures Engagement“ an den Tag lege. Deshalb machten seine Äußerungen „doppelt betroffen“ und es sei „schwierig, damit umzugehen“. Doch dürfte der Kontakt zu Mitarbeitern der Verwaltung „niemals dazu führen, dass wichtige Bauvorhaben nicht ausgeführt werden“.
Der „Potsdamer aus Leidenschaft“ Günther Jauch wird oftmals als „Hauptgewinn“ für die Landeshauptstadt gefeiert. Mit seiner Familie lebt er seit fast zehn Jahren in der Berliner Vorstadt und setzt sich für die Wiedergewinnung historischer Bauten ein. Sein größtes Vorhaben war der originalgetreue Wiederaufbau des Fortunaportals auf dem Alten Markt im Jahr 2002 . Dafür spendete er sieben Millionen D-Mark. Für den Landtagsneubau auf dem Grundriss des Stadtschlosses in historischer Anmutung setzt sich Jauch damit schon lange ein – Mitte Februar besuchte er sogar die „Montagsdemonstration“ der Schloss-Anhänger. Außerdem unterstützte er beispielsweise die Restaurierung des Marmorpalais im Neuen Garten und des Belvederes auf dem Pfingstberg sowie weitere Vorhaben der Schlösserstiftung. Jauch hat aber auch zahlreiche Gebäude in der Stadt erworben, die er sanieren ließ – das bekannteste darunter ist wohl das prachtvolle Eckhaus an der Brandenburger Straße/Friedrich-Ebert- Straße. Und erst vor wenigen Tagen fertig geworden ist das Holländer-Haus in der Benkertstraße 22, das ebenfalls dem Fernseh-Star gehört.
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