Landeshauptstadt: Laut, aber auch lauter?
Am Ufer der Nuthe hat ein Clubhaus des berüchtigten Rockerclubs Gremium MC eröffnet
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Waldstadt I - An jedem ersten und dritten Freitagabend im Monat wird es in der schmalen Straße Am Stadtrand laut. Zwischen den Einfamilienhäusern und Vorgärten fahren dann einzelne Autos entlang, oft mit lauter Rock-Musik, die durch den Abend dröhnt. Oder es rollen Harley-Motorräder mit bellenden Motoren durch die Straße. Ihr Ziel: Das neue Clubhaus „Black Seven“. Der Potsdamer Ableger des europaweit aktiven Rocker-Clubs Gremium MC hat es jüngst unweit vom Ufer der Nuthe eröffnet. Es ist das dritte seiner Art in Brandenburg. Und jeden ersten und dritten Freitag im Monat ist „cluboffener Abend“ – mit Voranmeldung über Handy oder Fax.
Der Gremium MC selbst sieht sich als ehrbarer Verein von Bikern, die Motorrad fahren wollen, gern Bier trinken und Spaß haben. Der 1972 in Mannheim gegründete Motorradclub gilt inzwischen als einer der größten seiner Art in Europa mit rund 100 Niederlassungen, so genannten Chaptern, von Italien über Polen bis Deutschland. Doch immer wieder gibt es gegen Gremium MC auch Vorwürfe wegen angeblichen Menschenhandels, illegaler Prostitution, Drogen- und Waffenhandels und Schutzgelderpressung. In Potsdam bestreitet Holger St., der Chef des Chapters, solche Vorwürfe. Rocker seien nicht kriminell oder rechtsradikal, sagt Holger St., der sich „Präsident“ des Clubs nennt und bis vor kurzem ein Tätowiergeschäft in der Innenstadt betrieb.
Die Polizei kennt solche Beteuerungen, sieht sie aber anders. Steffen Brand ist beim Landeskriminalamt (LKA) in Eberswalde speziell für Rocker-Kriminalität zuständig und kennt die Namen und Gesichter des 2005 gegründeten Potsdamer Gremium-Chapters. Auf zehn Personen schätzt er die Zahl der festen Mitglieder. „Rocker sind nicht von Haus aus kriminell, aber von den Potsdamern ist rund die Hälfte polizeilich bekannt und vorbestraft“, so Brand. Speziell Gremium-Chef Holger St. ist laut dem LKA-Ermittler „einschlägig“ bekannt. Ende der 90er Jahre soll Holger St. nach PNN-Recherchen oft an Schlägereien beteiligt gewesen sein.
Auch andere Mitglieder seines Gremium-Chapters können offenbar zuschlagen: Am 4. März diesen Jahres beteiligten sich zwei Männer im typischen Outfit des Clubs – dunkle Lederkutten mit dem Gremium-Schriftzug – an einer Schlägerei im „Waschhaus“-Kulturzentrum in der Schiffbauergasse. Dabei wurden mehrere Menschen „nicht unerheblich“ verletzt, bestätigt Christoph Lange, Sprecher der Potsdamer Staatsanwaltschaft. Zudem soll eine „Person mit Migrationshintergrund“ von den Rockern rassistisch beleidigt worden sein. Ermittelt werde wegen gefährlicher Körperverletzung. „Das Verfahren ist schwierig, da es offenbar viele Angriffe kurz nacheinander gab“, so Lange.
Jedoch warnt LKA-Ermittler Brand auch davor, Potsdams Gremium-Chapter überzubewerten: „Das Aussehen von Rockern ist zwar martialisch, doch dabei geht es vor allem um den Respekt, den sie sich verschaffen wollen.“ Dass das Clubhaus ausgerechnet jetzt in der so genannten Stadtrandsiedlung öffne, habe zwei Gründe: Früher habe das Haus der „V2 Crew“ gehört, ebenso ein Rockerclub, den das Gremium offenbar vereinnahmt habe. Ein eigenes Clubhaus sei für die Potsdamer Rocker um Holger St. zudem dringend nötig gewesen, weil dieses erst den Status eines vollwertigen Mitglieds der internationalen Gremium-Gemeinschaft bringe – davor hätten sich die Rocker häufig auf einem Babelsberger Firmengelände treffen müssen. Dass sich die Anwohner nun allerdings vor dem Clubhaus fürchten müssten, glaubt Brand nicht. „Die Bevölkerung kann davon ausgehen, dass die Polizei die Situation vor Ort im Auge behalten wird.“ Auch über Sicherheitsvorkehrungen am Clubhaus müssten sich die Anwohner nicht wundern, so Brand: „Rocker, auch die vom Gremium MC, sichern sich immer gegen alle möglichen Angriffe extrem ab.“
Und offenbar ist am neuen Clubhaus bisher alles ruhig geblieben. Anwohner zumindest haben mit den neuen Nachbarn bisher kein Problem, wie Nachfragen der PNN ergeben haben. Ein Anwohner: „Wir hatten sogar Einladungen für Feiern in unserem Briefkasten – und die Motorräder sehen auch gut aus.“
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