zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Lennés wieder entdeckter Bahnhofspark

Tag des Denkmals: Von „galanten Festen“ auf dem Werkstatttisch bis zu den „Mädchen in Uniform“

Stand:

Gut zweieinhalb Jahrhunderte hat die Darstellung eines „galanten Festes“ auf dem Buckel, die Friedrich der Große in der Kleinen Galerie von Schloss Sanssouci aufhängen ließ. In der langen Zeit wurde das Gemälde aus dem Umkreis des berühmten französischen Malers Watteau schon mehrfach restauriert, nun liegt es wieder auf dem Tisch der Werkstatt für Gemälde und Rahmen.

Dort wurde es gestern von vielen Neugierigen beäugt. Restaurator Daniel Fitzenreiter erläuterte, dass das Gemälde nicht auf neu geschönt wird, sondern bei der Wiederherstellung die Spuren früherer Arbeiten erhalten bleiben, um auch seine Geschichte zu dokumentieren.

Anlässlich des Tages des offenen Denkmals hatte die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten zu einer Werkstatt-Rallye eingeladen, bei der den Besuchern knifflige Fragen gestellt wurden, so nach dem Stil der Mosaikfontäne an der Villa Illaire (neogotisch) oder nach dem Geburtsland von Lordmarschall Keith (Schottland). Wer das Lösungswort „Kunst bewahren“ herausbekam, durfte auf eine Familienführung durchs Neue Palais hoffen – ein recht bescheidener Hauptpreis.

Doch wichtiger als dieser konkrete war sicher der Erkenntnisgewinn, der gestern an einer Fülle von Denkmalstandorten vermittelt wurde. Zu einem Aha-Erlebnis wurde der Gang durch den Bahnhofspark Sanssouci. Wer wusste schon, dass es ihn überhaupt gibt und dass er vom großen Lenné entworfen worden ist? Die Gartenarchitektin Hiltrud Berndt, durch ihr jahrzehntelanges Engagement für das Potsdamer Stadtgrün bekannt, brachte einer großen Schar von Interessenten das sich zwischen Stationsgebäude und Kaiserlicher Post an der Geschwister-Scholl-Straße entlang ziehende verwilderte Paradies nahe. Der Park entstand, als König Friedrich Wilhelm IV. die Eisenbahnstrecke Berlin - Potsdam in den 40er Jahren des 19. Jahrhunderts Richtung Magdeburg verlängern ließ. In Vergessenheit geraten,wäre er in den 1990er Jahren beinahe mit einem Supermarkt oder Wohnhäusern bebaut worden.

Nach der Übernahme des Bürgerbahnhofs durch die Stadt besteht nun aber Aussicht, auch den Lennéschen Garten wieder herzurichten. Bahngebäude und Park könnten dann endlich erneut bevorzugte Zielstation für Sanssouci-Besucher werden, die von Berlin bis hierher mit dem Regionalzug nur 30 Minuten benötigen.

Sahen die Besucher den Bahnhofspark zum ersten Mal, so war dies beim Kaiserin-Augusta-Stift am Neuen Garten letztmalig möglich. In dem 1902 eingeweihten Gebäude, in dem Adels- und Bürgertöchter als „Mädchen in Uniform“ erzogen wurden, ist der Ausbau der 44 Eigentumswohnungen in vollem Gange. Denkmalpflegerisch ist diese Nutzung sicher nicht die beste Lösung, doch hat die Prinz von Preußen Bauträgergesellschaft damit ein historisch und politisch wichtiges Denkmal gerettet.

Der von Thomas Sander geleitete Potsdamer Architektenverein ArchitraV nutzte den Denkmaltag, um seine neue Broschüre „Kaiserin-Augusta-Stift zu Potsdam“ vorzustellen. Für 8,70 Euro konnte sie der Besucher mit nach Hause nehmen. Er besitzt damit eine äußerst sorgfältig recherchierte, reich bebilderte Quelle über die Geschichte der Einrichtung vom Mädcheninternat bis zur Nutzung durch den sowjetischen Auslandsgeheimdienst.

Nicht gereift sind die Träume des seit 1999 bestehenden Fördervereins „Kongsnaes“, die Königliche Matrosenstation am Jungfernsee wieder zu errichten. Die drei erhaltenen Nebengebäude wirken stark sanierungsbedürftig, das als Museum und Vereinssitz gedachte Kleine Bootshaus/Werkstattgebäude steht weitgehend leer. Der Wiederaufbau der von Holm Hansen Munthe Ende 1896 in norwegischem Holzbaustil errichteten Empfangshalle ist ungewiss.

Erhart Hohenstein

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })