Potsdam: Mädchen dürfen noch nachlegen
In den Metall- und Elektroberufen sind nur acht Prozent der Lehrlinge weiblich. Das soll sich ändern. Im Lustgarten informiert die Branche deshalb noch bis Mittwochnachmittag über Chancen auf dem regionalen Arbeitsmarkt.
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Innenstadt - Für Carlo Preuß (18) war es wie ein Sechser im Lotto, als er bei Rolls-Royce eine Lehrstelle bekam. Denn noch immer bewerben sich beim Flugzeugturbinenbauer in Blankenfelde (Teltow-Fläming) pro Jahr 250 Schulabgänger auf die 42 Lehrstellen. Carlo kommt aus Eichwalde (Dahme-Spreewald) und braucht über eine Stunde mit der Bahn bis zum Ausbildungsplatz, mit dem Auto nur etwa 20 Minuten. Kaum 18 Jahre alt geworden, hat er deshalb seinen Führerschein gemacht. Carlo ist über seine Lehrstelle „riesenfroh“, sagt er. Zumal bisher alle Azubis in die Produktion übernommen werden.
Am Dienstag stand der angehende Fluggerät-Mechaniker im zweiten Lehrjahr im Berufsinfotruck der Metall- und Elektro-Industrie im Lustgarten. Der mit zahlreichen branchentypischen Maschinen und multimedialen Infotafeln ausgestattete Lkw ist in diesem Jahr erstmals auf Tour durch das Land Brandenburg und kann auch von Schulen angefordert werden. In Potsdam steht er noch bis zum heutigen Mittwoch um 15 Uhr. Vier Betriebe aus der Region zeigen dort ihr Ausbildungsangebot, neben Rolls-Royce sind das MTU, Mercedes-Benz und Gestamp-Umformtechnik in Ludwigsfelde.
Im Truck erfahren die Schüler, wie eine computergesteuerte Fräsmaschine programmiert werden muss, wie Wechselschalter eingesetzt werden können und wie man einen Aufzug steuert. Die Schüler der 7. bis 12. Klassen können sich aber auch per Film über die angebotenen Berufe informieren, freie Ausbildungsplätze in der Region suchen und virtuell typische Aufgabenstellungen lösen. Insgesamt bietet die Metall- und Elektroindustrie im Land Brandenburg 64 Ausbildungsplätze pro Jahr an, während die Bewerbungen noch immer in die Hunderte gehen. Deshalb empfehlen Azubis am MTU-Stand, Praktika im bevorzugten Ausbildungsbetrieb zu machen und natürlich gute Schulnoten vorzulegen. „Den Mädchen muss noch etwas mehr Mut gemacht werden, eine Lehrstelle in dieser Branche anzusteuern“, erklärte die Staatssekretärin im Arbeitsministerium Almuth Hartwig-Tiedt, die den Truck gestern besuchte. „Berufe wie Mechatronikerin, Anlagenmechanikerin, Industriemechanikerin und Elektronikerin sind auch für sie attraktiv“, findet sie. „Es muss nicht unbedingt Friseurin oder Verkäuferin sein, die immer noch am meisten gefragt sind.“
Das kann Maschinenbaumeister und Lehrausbilder Rainer Zellmer nur bestätigen. Denn mechanisches Feilen, Bohren und Entgraten gehört zwar noch zur Grundausbildung, doch später würden das die computergesteuerten Maschinen übernehmen, die nur präzise genug eingestellt werden müssten, erklärt er. Den neuen Informationstruck findet er prima, weiträumig und hell.
Bei den Lehrstellen habe man im Land Brandenburg eine Pattsituation, meint Katrin Rothländer, Referentin im Arbeitsministerium. Zwar gebe es genügend Lehrstellen für alle Schulabgänger, jedoch passten Wünsche und Angebote oft nicht zusammen, so Rothländer. Gute Beratung sei weiterhin nötig. Das Ministerium wird deshalb seine Ausbildungsoffensive fortsetzen. Am 20. Juli werde sie mit einer Unterschrift von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) fortgeschrieben und neue Ausbildungsfelder definiert. Anne-Lena, Anna und Celine von der Oberschule in Brück, die für ein Gruppenfoto das Werbeplakat „Brandenburg will dich“ hochhalten, finden den Ausflug nach Potsdam interessant, doch wahrscheinlich sind alle drei nicht die zukünftigen Metaller oder Elektroniker. Anna zum Beispiel will Erzieherin werden. Dass es an ihrer Schule Berufseinführungstage gibt, finden sie aber wichtig.
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