Neulich in der MENSA: Mal eben die Welt retten
Er kam auf einem Mutti-Rad: 26er Damenfahrrad mit Einkaufskorb. Kein sehr cooler Auftritt für einen Mann im besten Alter vor einer Mensa.
Stand:
Er kam auf einem Mutti-Rad: 26er Damenfahrrad mit Einkaufskorb. Kein sehr cooler Auftritt für einen Mann im besten Alter vor einer Mensa. Aber wer will schon immer cool sein. Und bei den Hipstern sind sogar Stoffbeutel cool. Der Kollege kam mit dem Rad, weil er nicht immer die kurzen Wege mit dem Auto machen will, bei dem schönen Wetter und wegen der Umwelt. Ja, vor allem wegen der Umwelt. In der Mensa gab es dann paniertes Schnitzel mit Frühlingsgemüse. Irgendwie wollte da keiner ran, bei der Hitze. Aber es gab noch etwas anderes: Tofusteak auf Ratatouille und Rosmarinkartoffeln, dazu Blattsalat. Tofusteak! Das ist was leichtes. Es sah zwar aus wie ein gegrillter Küchenschwamm. Aber mit reichlich Kräutern gewürzt schmeckte es sogar. Kein Fett, keine unglücklichen Schweine aus Massentierhaltung, keine Umweltbelastung. Und das an dem Fahrrad-Tag. Ganz klar, wir waren dabei, mal eben die Welt zu retten. Beim Leibniz-Kolleg der Uni hatten wir letzthin ja gelernt, dass es ausreichend Nahrung für zwölf Milliarden Menschen gäbe, wenn alle sich vegetarisch ernähren würden. Die Laune am Tisch war so gut wie das Wetter. Wäre da nicht wieder dieser Quäker in der Runde gewesen, dieser ewige Skeptiker. Er habe gelesen, dass man vier mal mehr pflanzliches Eiweiß essen müsse, um auf die gleiche Proteinmenge zu kommen wie durch Fleisch. Oder war es sogar sechs mal so viel? Sechs solcher Tofusteaks – dann würde der Tag schon gar nicht mehr so rund laufen. An die Unmengen von umweltschädlich angebautem Gen-Soja, die dafür nötig wären, erst gar nicht zu denken. Mein Kollege will morgen wieder das Auto nehmen. W. Kotti
W. Kotti
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: