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Landeshauptstadt: Mehr Feinstaub wegen der Wetterlage

Seit Anfang Januar sind schon 13 Mal die Grenzwerte überschritten worden – erlaubt sind 35 pro Jahr

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Dagegen sind die umstrittenen Pförtnerampeln machtlos: Wegen der Wetterlage sind allein seit Silvester die Grenzwerte für Feinstaub in der Zeppelinstraße schon an 13 Tagen überschritten worden, in der Großbeerenstraße schon zehnmal – erlaubt pro Jahr sind 35. Ein Sprecher des Landesumweltamts begründete die gestiegenen Werte gegenüber den PNN mit meteorologischen Einflüssen: Eine spezielle Hochdrucklage mit wenig Wind habe die Feinstaubwerte nicht nur in Brandenburg, sondern auch in anderen Bundesländern steigen lassen. Damit aber reichert sich laut Experten der Staub in den unteren Luftschichten an. So sind etwa im sächsischen Zittau schon 16 Mal die Grenzwerte verletzt worden. Die Belastung mit Feinstaub gilt als Risikofaktor für Atemwegs- und Herz-Kreislauferkrankungen, er entsteht etwa in Dieselmotoren.

Doch in Potsdam gibt es noch andere Probleme mit Luftverschmutzung: Auch die bereits im vergangenen Jahr leicht über den Grenzwerten liegende Belastung mit giftigem Stickstoffdioxid hat sich laut der Daten der Umweltamts im Januar kaum verändert, betroffen ist auch hier die Zeppelinstraße. Die Oxide entstehen bei Verbrennungsprozessen.

Seit Monaten wird in der Stadt gestritten, wie sich die Schadstoffbelastung trotz des Bevölkerungswachstums senken lässt. Die Stadt setzt derzeit auf Pförtnerampeln, die bei erhöhten Schadstoffwerten an Einfallstraßen deutlich weniger Verkehr passieren lassen – und damit Staus in Umlandgemeinden produzieren. Deswegen kommt von dort Protest. Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) hatte die umweltorientierte Verkehrssteuerung – sie kostete 2,3 Millionen Euro – zuletzt dagegen zum Erfolgsmodell erklärt und etwa auf die gesunkenen Feinstaubwerte im vergangenen Jahr verwiesen. Allerdings hatte ein Experte des Landesumweltamts bereits im Januar erklärt, die 2012 gesunkene Belastung mit Feinstaub habe vor allem an der günstigen Wetterlage und weniger an den Pförtnerampeln gelegen. Auch nach Berechnungen der städtischen Verkehrsbehörde hat sich mit den Pförtnerampeln der durch den Verkehr entstehende Feinstaub nur um 4,4 Prozent verringert, der Ausstoß von Stickstoffoxiden sei um 2,7 Prozent zurückgegangen.

Kritik an den Pförtnerampeln kommt auch aus der Wirtschaft. Das bestätigte ein Sprecher der Industrie- und Handelskammer Potsdam (IHK). Der motorisierte Individualverkehr dürfe nicht fortwährend behindert werden, heißt es in einem Beitrag in der IHK-Mitgliederzeitschrift. Eine ideologisch getriebene Umgestaltung Potsdams nach dem Leitbild der autoarmen Stadt werde die Region nicht zukunftsfest machen. Die Ansprüche des Wirtschaftsverkehrs müssten stärker berücksichtigt werden – sonst würden Unternehmen in andere Städte ausweichen: „Die Wirtschaft kann nicht alle ihre Leistungen mit der Straßenbahn erbringen.“ Zugleich fordert die IHK, zwei umstrittene Großprojekte erneut zu prüfen: den Bau einer innerstädtischen Entlastungsstraße (ISES) sowie der sogenannten Havelspange, also einer neuen Havelbrücke.

Für die Havelspange wird von der Stadt ein neues Konzept geprüft. Gegen den Bau des Großprojekts gibt es Widerstand im Umland und bei mehreren Bürgerinitiativen, die unter anderem einen verbesserten öffentlichen Nahverkehr zur Entlastung der Straßen fordern. Die Grünen wollen derweil debattieren, ob ein komplett kostenloser öffentlicher Nahverkehr auch die Schadstoffprobleme lösen kann. Dazu findet am Dienstag, dem 5. März, ab 19 Uhr eine Podiumsdiskussion im Haus der Natur in der Lindenstraße statt.

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