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So sehen Sieger aus. Drei Lolas gab es für Wolke 9: Neben Schauspieler Horst Westphal, Produzent Peter Rommel, Ursula Werner und Andreas Dresen (großes Bild, v.l.) waren auch Szenenbildnerin Susanne Hopf und Kostümbildnerin Sabine Greunig (Bild Mitte, v.l.) gekommen. Andreas Schmidt (unten) wurde Bester Nebendarsteller. Filmparkchef Friedhelm Schatz diskutierte mit dem Babelsberger X-Filme-Produzentenpaar Manuela Stehr und Stefan Arndt (oben, v.l.) die Lola-Chancen für die Metropolis-Halle.

© Manfred Thomas

Von Kay Grimmer und Jana Haase: Mit dem Moped zur Gala

Bei der diesjährigen Filmpreisverleihung war Andreas Dresens „Wolke 9“ der heimliche Gewinner

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Berlin - Sie kam mit dem Motorroller, und ins Galakleid wechselte sie erst auf dem Parkplatz. Pingelig ist Ursula Werner also bestimmt nicht. Dafür umso spontaner: Denn eigentlich hätte die Schauspielerin an diesem Abend auf der Bühne des Maxim-Gorki-Theaters stehen sollen. Weil die ausverkaufte Vorstellung von „Rummelplatz“ wegen eines Bombenfundes in Berlin Mitte jedoch kurzfristig abgesagt wurde, disponierte sie um und stieg zum ersten Mal in ihrem Leben, wie sie den PNN später erzählte, auf den Motorroller ihres Schauspiel-Kollegen Max Simonischek, der sie durch das Berliner Verkehrschaos zum Palais am Funkturm brachte.

Zum Glück: Denn wenig später wurde die Schauspielerin dort am Freitagabend bei der Verleihung des Deutschen Filmpreises auf die Bühne gerufen. Für ihre Rolle in Andreas Dresens „Wolke 9“ bekam sie eine Lola und setzte sich damit gegen ihre jüngeren Mitkonkurrentinnen Johanna Wokalek („Der Baader Meinhof Komplex“) und Anna Maria Mühe („Novemberkind“) durch. „Das hat mich ganz schön umgehauen“, gab Werner danach zu: „Dieser Preis ist schwer zu toppen.“

Er sollte nicht die einzige Auszeichnung für die Rentner-Liebestragödie des Potsdamer Regisseurs bleiben. Insgesamt dreimal war „Wolke 9“ für den Deutschen Filmpreis nominiert – die mehr als 1100 stimmberechtigten Mitglieder der Deutschen Filmakademie verwandelten alle Nominierungen in Preise. Und machten den Film damit unversehens zum heimlichen Gewinner des Abends.

Dresen selbst nahm die Auszeichnung als Bester Regisseur „fassungslos“ entgegen, sein Produzent Peter Rommel quittierte die Lola in Bronze für den Besten Film mit den Worten: „Wir dachten immer, das ist die Lola der anderen, aber jetzt hat es mal bei uns geklappt.“

Drei Mal hatte der Potsdamer Regisseur in den vergangenen Jahren bereits Regie-Nominierungen erhalten – bislang vergebens. „Es wurde ja schon zum Lacher, dass ich wieder einmal nominiert war“, sagte Dresen. Wohl auch deshalb waren die rund 1700 Zuschauer im Saal so einmütig in ihrer Meinung, dass Dresen es „endlich verdient hatte“, wie Regie-Kollegin und Lola-Gewinnerin 2008, Doris Dörrie, es ausdrückte. Ehrenpreis-artiges Pfeifen, Johlen und ausdauernder Applaus ließen Dresen die Stimme zittern, als er vom „großen Geschenk und großen Wunder“ sprach. „Es ist eine ganz besondere Form der Anerkennung, wenn die Wahl von Filmschaffenden, also Kollegen getroffen wird“, sagte er überglücklich nach der Verleihung. „Der herzliche und überschwängliche Jubel war aber trotzdem für mich unfassbar“, gestand der Preisträger, der sich gegen große Namen wie Uli Edel („Der Baader Meinhof Komplex“) oder hoch gehandelte Kollegen wie Florian Gallenberger („John Rabe“) durchsetzen konnte.

Doch Peter Hartwig, der Produktionsleiter von „Wolke 9“, meinte, das Erfolgsrezept für den vermeintlichen Außenseiter zu kennen: „Es ist ein Film, der im Team und mit viel Herzblut entstanden ist“, erklärte der Babelsberger: „Das überträgt sich auf den Film und das merken auch die Zuschauer.“

Auch in der Kategorie „Kinderfilm“ setzte sich der Außenseiter durch: Nicht die Studio-Babelsberg-Koproduktion „Hexe Lilli - Der Drache und das magische Buch“ von Oscarpreisträger Stefan Ruzowitzky gewann die Lola, sondern das Sozialdrama „Was am Ende zählt“, produziert von den beiden HFF-Absolventen Susann Schimk und Jörg Trentmann. Schimk schickte in ihrer Dankesrede auch ein „Dankeschön an die HFF Konrad Wolf“.

Beim Preis für das Beste Szenenbild ging die Potsdam-Fraktion dagegen leer aus: Trotz zwei Nominierungen für die HFF-Absolventen Udo Kramer („Nordwand“) und Christian M. Goldbeck („Krabat“) ging der Preis schließlich an Lola-Favorit „John Rabe“.

Auch HFF-Vizepräsident Martin Steyer muss auf seine dritte Lola noch warten: Nach den Auszeichnungen für „Requiem“ und „Trade“ war der Tondramaturge ins diesem Jahr für seine Arbeit im Nachkriegsdrama „Anonyma - Eine Frau in Berlin“ nominiert, ging aber leer aus.

Die wohl schönste Zufälligkeit des Abends lieferte die Lola-Vergabe für den besten Nebendarsteller. Andreas Schmidt gewann die Trophäe für sein Spiel in der Dorfjugend-Komödie „Fleisch ist mein Gemüse“, bei dem auch Dresens Stamm-Kameramann Andreas Höfer mitwirkte. „2006 saßen Dresen, Produzent Peter Rommel und ich auch als Nominierte zusammen im Saal, für „Sommer vorm Balkon“, erinnerte sich Schmidt. Gewonnen hatte damals keiner der drei. „Umso wunderbarer ist, dass wir heute alle drei als Sieger aus der Verleihung gehen“, lachte der sympathische Schauspieler. Er konnte sein Glück auch Stunden nach der Verleihung noch nicht wirklich begreifen: „Ich weiß keine Sekunde von der Preisübergabe.“

Auch die beiden Medienboard-Geschäftsführerinnen Kirsten Niehuus und Petra M. Müller hatten nach der Verleihung allen Grund, auf der After-Show-Party, die bis in den frühen Morgen ging, zu feiern. Von den insgesamt 17 Lolas gingen elf an Produktionen, die durch die Filmfördereinrichtung unterstützt wurden. „Wir werden nicht größenwahnsinnig, aber es ist ein Beweis dafür, dass sich die kreative Filmindustrie in der Hauptstadtregion wohl fühlt“, sagte Kirsten Niehuus selbstbewusst.

Siehe auch Seite 23

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