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Wie früher. In diesem historischen Kessel brauen Thomas Köhler und Jörg Kirchhoff (vorne, von links) ihr Bier. Seit 2005 auch nach Bio-Norm, damit ist die Braumanufaktur die einzige Bio-Brauerei im Land Brandenburg. Zu kaufen gibt es die „Potsdamer Stange“ und andere Sorten vor Ort, im Bioladen und zunehmend auch im Supermarkt.

© Manfred Thomas

Landeshauptstadt: Mit dem Prittstift etikettiert

Vor zehn Jahren gründeten Jörg Kirchhoff und Thomas Köhler die Braumanufaktur im Forsthaus Templin. Anfangs lief noch fast alles von Hand, mittlerweile erledigen Maschinen viele Schritte. Doch eines wollen die Bio-Brauer nie werden: ein Großbetrieb

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Als Jörg Kirchhoff und Thomas Köhler 2003 nach einem Namen für ihre neu gegründete Brauerei im Forsthaus Templin suchten, kreierten sie den Begriff Braumanufaktur – ein kleiner regionaler Betrieb mit handwerklich hergestelltem Bier, genau das drückte das Wort für die zwei Braumeister aus Potsdam und Kleinmachnow perfekt aus. Der Begriff machte Schule: „Mittlerweile nennen sich viele Hersteller wie zum Beispiel Störtebeker Bier Braumanufaktur, obwohl das Großbrauereien sind“, sagt der 43-jährige Kirchhoff amüsiert.

Es ist nur ein kleines Detail am Rande, das jedoch die Erfolgsgeschichte der Braumanufaktur unterstreicht, die am sechsten Dezember ihr zehnjähriges Bestehen feierte. Die Anfänge waren bescheiden: „2004 haben wir 500 Hektoliter Bier im Jahr gebraut“, sagt der 43-jährige Köhler, „heute produzieren wir diese Menge manchmal in einem Monat.“ Längst ist Brandenburgs einzige Bio-Brauerei, die vor allem für die Traditionsmarke Potsdamer Stange bekannt ist, eine feste Institution in der Region.

Mit der Braumanufaktur erfüllten sich Kirchhoff und Köhler einen Traum: Nach ihrer Ausbildung in Potsdam, einem Studium in Berlin und ersten Berufserfahrungen in Schleswig und im Emsland beschlossen die beiden Anfang der 2000er-Jahre, in die Heimat zurückzukehren. Über zwei Jahre suchten sie erfolglos nach einem geeigneten Standort, bis sie sich entschlossen, es mit dem seit 1997 leer stehenden Forsthaus Templin zwischen Potsdam und Caputh zu versuchen, das seit dem 19. Jahrhundert ein überaus beliebtes Ausflugslokal war. „Es hat im Kaiserreich funktioniert, in der Weimarer Republik, im ,Dritten Reich’ und in der DDR – warum sollte es heute nicht auch funktionieren?“, so Kirchhoff.

Gesagt, getan: 2002 erwarb das Braumeister-Duo das 6490 Quadratmeter große Grundstück von der Treuhand-Liegenschaftsgesellschaft und machte sich ans Sanieren, denn das Gebäude war in einem „traurigen Zustand“, wie sich Köhler erinnert: „Die Wände waren schimmlig, das Dach hatte Löcher, alle Rohre waren kaputtgefroren.“ Sicher hätte sich schon früher ein Investor gefunden, doch vor allem das marode Dach hatte Käufer abgeschreckt. Zudem mussten potenzielle Betreiber des typischen Sommerlokals im Winter mit Umsatzeinbußen rechnen. Mit einer Brauerei als zweitem Standbein konnte das Wagnis jedoch eingegangen werden – auch wenn es keineswegs einfach war, die Bier-Produktion in das denkmalgeschützte Gebäude zu integrieren: „Da mussten wir schon einige Verrenkungen machen“, sagt Kirchhoff.

Eineinhalb Jahre dauerte der Umbau, auch historische Braukessel aus den 20er-Jahren zogen unter das Dach des Forsthauses. Zunächst braute man konventionell, also ohne Bio-Zutaten, erst 2005 stellten Köhler und Kirchhoff probehalber eine Bier-Sorte auf Bio um: „Sie wurde ziemlich stark nachgefragt“, erinnert sich Köhler. „Wir bekamen auch sehr gute Signale von Naturland und Terra Naturkost, die uns sagten: Es gibt überhaupt kein Bio-Bier hier aus der Region.“ Bis dahin hatten die Braumanufaktur-Betreiber ihr Bier nur im Forsthaus ausgeschenkt, 2006 folgte der Schritt zum Flaschenbier und damit zum externen Verkauf.

Ein Jahr später wurde die Produktion komplett auf Bier aus biologisch angebauter Gerste, Hopfen und Malz umgestellt. „Obwohl die Rohstoffkosten etwa doppelt so hoch sind wie beim konventionellen Brauen, haben wir die Preise nach der Umstellung nicht erhöht“, sagt Köhler. Gab es 2003 nur die Sorten „Potsdamer Stange“ sowie ein helles und dunkles Bier, kamen im Laufe der Zeit immer mehr Kreationen hinzu, die zum Teil saisonal verkauft wurden: Etwa der „Mai-Bock“, die „Potsdamer Weiße“ oder das Weihnachtsbier „Nikolator“.

Die Braumanufaktur befand sich auf der Erfolgsspur, sodass man 2010 einen Quantensprung machen konnte, wie Kirchhoff sagt: „Wir haben uns eine Abfüllhalle und ein Flaschenlager errichtet.“ Dies war auch nötig, denn während anfangs die Bügelverschlüsse noch eigenhändig aufgesetzt und die Flaschen per Prittstift etikettiert wurden, kamen im Laufe der Zeit immer mehr Maschinen hinzu, die diese Arbeit automatisierten.

Im Jahr 2013 produzierte die Braumanufaktur rund 5000 Hektoliter Bier, eine Steigerung von gut 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Ein Grund dafür könnte sein, dass die Bio-Biere seit diesem Jahr verstärkt im Potsdamer Einzelhandel vertreten sind, ab Januar sollen sie auch bei Real im Sterncenter in den Regalen stehen. Im September 2014 gibt es zudem das erste Kleinbrauerei-Treffen im Forsthaus Templin, denn 2012 hatte Kirchhoff den Verein zur Förderung der Brandenburger Kleinbrauereien gegründet. Bislang gehören acht Betriebe dem Verein an, darunter auch die Potsdamer Meierei oder das Burgbräuhaus Belzig.

Weniger ein Plan als ein Traum für die Zukunft sei die Errichtung einer eigenen Kleinmälzerei und einer Kleinbrennerei für Schnaps, so Köhler: „Das wäre auch eine schöne Ergänzung für die Lehrausbildung.“ Heute hat die Braumanufaktur vier Gesellen und sechs Lehrlinge, mit dem Gastronomie-Betrieb kommen weitere zehn Mitarbeiter hinzu. Doch trotz steigender Verkäufe gibt es einen Traum, den die Bio-Bier-Produzenten explizit nicht verfolgen: „Eine Großbrauerei wollen wir nicht werden“, sagt Köhler.

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