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Potsdams beste Vorleserin. Jelena Kirsch gewann den Stadtentscheid.

© jaha

Stadtentscheid im Vorlesewettbewerb in Potsdam: Mit Krümel zum Sieg

Jelena Kirsch ist Potsdams beste Vorleserin: Die elfjährige Babelsbergerin wird Potsdam demnächst beim Landesentscheid vertreten.

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Potsdam - Einen großen Bruder hat sie auch – genau wie Karl „Krümel“ Löwe, der Held in Astrid Lindgrens Buch „Die Brüder Löwenherz“. Wie dieser Krümel den Häschern des Tyrannen Tengil mit einem Geistesblitz und der Hilfe eines Fremden entkommt, das las Jelena Kirsch am gestrigen Donnerstag beim Stadtentscheid des bundesweiten Vorlesewettbewerbs des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels vor. Dabei ließ sie die Geschehnisse in Nangijala, der Welt nach dem irdischen Leben, so lebendig werden, dass sie den Wettbewerb für sich entscheiden konnte.

21 Sechstklässler traten an - darunter nur vier Jungen

21 Sechstklässler aus ganz Potsdam – darunter nur vier Jungen – waren bei dem Wettbewerb in der Stadt- und Landesbibliothek angetreten. Alle hatten sich an ihren Schulen zuvor als beste Vorleser qualifiziert. Entsprechend unterhaltsam waren die zwei Stunden am Donnerstagnachmittag für die Zuhörer dann auch: Da war von Ratten und Kobolden die Rede, von modernen Götterkindern in New York, von einem krebskranken Mädchen, das sich in die Traumwelt eines Buches flüchtet, von einem hundehassenden Kommissar, dessen Hose in den Reißwolf gerät oder von Kämpfen zwischen Mohnschnecken und Piroggen. Aber auch Klassiker von Mark Twain oder Michael Ende hatten die Vorlesespezialisten ausgewählt – und ein Buch mit dem vielversprechenden Titel „Wenn Du dieses Buch liest, ist alles zu spät“.

Neben dem eigenen Wunschbuch mussten die Teilnehmer außerdem einen für sie fremden Text lesen: Wettbewerbs-Organisator Ronald Gohr, bei der Bibliothek für Kinder und Jugendliche zuständig, hatte dafür den Erzählband „Goldgören“ von Thilo Reffert ausgewählt. Die Geschichte von Jannis, der mit einem in gewöhnungsbedürftigem Deutsch sprechenden außerirdischen Hamster die Welt vor dem Klimakollaps retten will und als erste Maßnahme die Stromversorgung daheim abschaltet, meisterten die Vorleser aus dem Stand mit Bravour – teils sogar mit Gesangseinlagen.

Siegerin Jelena Kirsch schreibt auch selbst Geschichten

Bei so vielen Büchernarren und so viel Vorlesetalent hatte die fünfköpfige Jury, darunter auch Vorjahressieger Tillmann, eine schwere Entscheidung – kürte aber schließlich Jelena Kirsch von der Grundschule am Griebnitzsee zur Siegerin. Sie wird Potsdam nun beim Landesentscheid im Mai vertreten.

„Ich bin sehr sehr überrascht und freue mich auf jeden Fall“, sagte die Elfjährige, die von Eltern und Großeltern begleitet worden war, nach dem Wettbewerb. Zum Vorlesen sei sie auch über ihren älteren Bruder gekommen, erzählte sie – der habe ihr nämlich vorgelesen, als sie noch jünger war. Für den Text von Astrid Lindgren habe sie sich entschieden, weil ihr die Geschichte so gefiel. Ansonsten liest die Babelsbergerin aber auch gern die Bücher von Tanya Stewner oder Cornelia Funke.

Der große Traum: Ein Musical

Und: Jelena schreibt auch selbst – gemeinsam mit einer Freundin, wie ihre Eltern berichteten. Fantasiegeschichten, Gedichte, manchmal sogar mit Melodien – ein ganzes Musical ist ein großer Traum. „Zu Weihnachten hat sie eine Geschichte aufgeschrieben und vorgelesen“, berichtete ihr Vater Martin Kirsch.

Der bundesweite Vorlesewettbewerb findet bereits seit 1959 auf Initiative des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels statt. Potsdam ist seit Anfang der 1990er-Jahre dabei, wie Ronald Gohr sagte. Als Bibliothek, die ohnehin Wert auf Leseförderung lege, bot sich die Teilnahme nach der Wende schnell an. Seitdem ist das Interesse stetig gewachsen, berichtet Gohr: Beteiligten sich vor Jahren gerade mal zwei Handvoll Schulen, liegt die Zahl nun schon bei mehr als 20. Dabei mache sich auch bemerkbar, dass die Eltern in vielen Schulen mittlerweile zur Leseförderung angehalten werden, glaubt er.

2011 schaffte eine Potsdamerin den Bundessieg

Vor fünf Jahren hat es eine Potsdamerin sogar ins Bundesfinale geschafft: Alma Becker konnte sich damals in der Deutschen Nationalbibliothek in Frankfurt am Main mit einem Auszug aus der Flüchtlingsgeschichte „Die Geschichte von Ismael“ gegen die 26 Mitbewerber durchsetzen. Sie gewann und holte damit den Siegertitel gleichzeitig zum ersten Mal nach Brandenburg.

Für Jelena Kirsch gilt es nun erst mal im Landesentscheid, der im Mai stattfinden soll – der genaue Termin steht noch nicht fest. Mit etwas Glück kann die Elfjährige dann weiter zum dreitägigen Bundesfinale nach Berlin. Insgesamt hatten sich laut den Veranstaltern rund 600 000 Vorleser an 7200 Schulen beworben. Jelena ist nun eine von 710 Regionalsiegern. Nach Berlin fahren dann die 16 Sieger aus allen den Bundesländern. Wer Deutschlands bester Vorleser ist, entscheidet sich am 22. Juni.

Die Autorin war Mitglied der Jury.

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