
© Andreas Klaer
Von Henri Kramer: Müller-Preinesberger gewählt
31 Stimmen für Beigeordnete / Diskussion um Urlaubsreise mit Klinikumschef
Stand:
Elona Müller-Preinesberger bleibt Potsdams Sozialdezernentin. Mit 31 von 29 notwendigen Stimmen wählten die Stadtverordneten die parteilose 57-Jährige für ihre zweite achtjährige Amtszeit – gegen die Stimmen der Linken, aber wohl mit einigen anderen oppositionellen Stimmen im Stadtparlament. In einer ersten Reaktion sagte die Beigeordnete, sie „bedanke sich ausdrücklich für das Vertrauen“. Es lägen viele Aufgaben vor ihr: Etwa der Umgang mit dem Bildungs- und Teilhabepaket der Bundesregierung oder die Arbeit an besseren Bedingungen für behinderte Menschen in Potsdam.
Vorausgegangen war ein spannender Tag, an dem Müller-Preinesbergers Wahl eigentlich als sicher galt. Grund: Im Vertrag der Rathauskooperation um SPD, CDU/ ANW, Grüne und FDP handelten die Partner 2008 aus, dass die SPD das Vorschlagsrecht für den Posten der Sozialbeigeordneten habe – die Kooperationspartner würden das Vorhaben mit ihren Stimmen unterstützen. Bereits bei der Wahl von Baudezernent Matthias Klipp (Grüne) und Kulturbeigeordneter Iris Jana Magdowski (CDU) hatten diese Vorab-Festlegungen für eine Mehrheit im Stadtparlament ausgereicht.
Mit den Stunden bis zur Wahl stieg die Nervosität bei den Stadtkoalitionären. Grund: Nach dem sich jüngst die zwei „Potsdamer Demokraten“ von der CDU/ANW-Fraktion trennten und deswegen nicht mehr an den Kooperationsvertrag gebunden sind, hatte das Bündnis rechnerisch nur noch 30 Stimmen – nur eine Stimme mehr als für Müllers Wiederwahl notwendig. Dazu fehlten Politiker aus dem eigenen Lager. Dem CDU-Mann Hans-Wilhelm Dünn kam die Cebit- Messe dazwischen. Die SPD-Stadtverordnete Anke Michalske-Acioglu konnte wegen einer schweren Erkrankung nicht teilnehmen. Auch fehlte bei der Sitzung Björn Teuteberg (FDP). Lange wurde auch gerätselt, ob SPD-Stadtverordnete Klara Geywitz an der Abstimmung würde teilnehmen können – erst in diesen Tagen war sie Mutter von Zwillingen geworden. Doch 19 Uhr kam sie, für kurze Zeit.
Dazu kamen Unsicherheiten in der Kooperation, ob in der geheimen Wahl nicht doch ein Stadtverordneter aus dem Bündnis querschießt: So hatte Müller-Preinesberger mit ihrem entschiedenen Einsatz für das geplante „Freiland“-Zentrum sich gegen CDU und FDP gestellt. Zugleich hatte ihr Andreas Menzel von den Grünen mehrmals „Intransparenz“, etwa bei der Kita-Finanzierung, vorgeworfen – sie habe ihm Informationen verweigert. Zugleich hatte Linke-Chef Hans-Jürgen Scharfenberg in den Tagen vor der Wahl den Plan kritisiert, Müller-Preinesberger ohne Ausschreibung für weitere acht Jahre im Amt zu bestätigen. In der Sitzung sagte er, sie habe „keine ungetrübte Bilanz“ aufzuweisen und erinnerte unter anderem an das schon seit Jahren geplante Tierheim für Potsdam.
Nicht zuletzt sollte sich Müller-Preinesberger, die auch Aufsichtsratschefin des Klinikums „Ernst von Bergmann“ ist, in der Fragestunde der Stadtverordnetenversammlung auch zu einer gemeinsamen Reise mit Klinikumschef Steffen Grebner erklären. Beide sollen, wie berichtet, gemeinsam mit ihren Lebenspartnern vergangenen Frühsommer für einige Tage in die Potsdamer Berg-Hütte in Tirol gefahren sein – auf private Kosten, aber mit einem Dienstwagen des Klinikums. Die Antworten für Müller-Preinesberger übernahm Jakobs – er ließ seine Kritik am Agieren der Beigeordneten deutlich heraushören. Ob die gemeinsame Reise „schicklich, zulässig, opportun“ gewesen sei, sei zu diskutieren, so Jakobs. Es stehe die Frage, ob Müller-Preinesberger als Aufsichtsratsvorsitzende des Klinikums ihrer „Vorgesetztenrolle und Kontrollfunktion“ noch in der gebotenen Unabhängigkeit gerecht werden könne. Jakobs sagte, er habe bereits nach Bekanntwerden der Reise mit Müller-Preinesberger gesprochen – unter Hinzuziehung des Rechnungsprüfungsamtes und der Korruptionsbeauftragten. Dies habe nichts zu bemängeln gehabt.
Doch dennoch: Als es ans Eingemachte ging, stand die Mehrheit. Zunächst ließ Jakobs abstimmen, dass auf eine Ausschreibung von Müller-Preinesbergers Posten verzichtet werden solle. Hier stimmten nur die Linken und Andreas Menzel dagegen, 35 Stadtverordnete aber dafür.
Als es nun um die eigentliche geheime Urnenwahl von Müller-Preinesberger ging, sagte Scharfenberg, seine Fraktion werde an dieser nicht teilnehmen. Stadtpräsident Peter Schüler (Grüne) sagte, das sei nicht möglich. Als er dann begann, nach und nach die Stadtverordneten der Linken aufzurufen, ging tatsächlich keiner der Stadtpolitiker nach vorn zur Wahl. Nachdem das für Müller-Preinesberger erfolgreiche Ergebnis feststand, sagte SPD-Fraktionschef Mike Schubert in einer Erklärung, so einer Form der Beeinflussung von Stadtverordneten habe er noch nicht erlebt, das sei „hart an der Grenze des Tolerablen“. Scharfenberg wies dies als „Unterstellung“ zurück, die Fraktion habe sich schon vorher auf die Nicht-Wahlteilnahme verständigt.
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