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Voneinander lernen. Kristian Commichau (r.) auf Forschungsreise in Ghana.

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Homepage: Musik lautstark kommentiert Musikwissenschaftler auf Exkursion in Ghana

Bogenhaare, Stege und Saiten für Streichinstrumente, Rohre für Holzbläser und Öle für Blechbläser. All dies musste im Gepäck verstaut werden.

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Bogenhaare, Stege und Saiten für Streichinstrumente, Rohre für Holzbläser und Öle für Blechbläser. All dies musste im Gepäck verstaut werden. Dazu noch fünf Instrumente: Violine, Oboe, Fagott, Piccoloflöte, Horn. Sie begaben sich mit Kristian Commichau auf große Reise. Der Professor am Institut für Musik und Musikpädagogik der Universität Potsdam war in guter Begleitung. Mit ihm flog auch sein Chor, die vocal-concertisten, in das afrikanische Ghana. Das Goethe-Institut unterstützte die Konzertreise. Zuvor waren das Ensemble und ihr künstlerischer Leiter bereits gemeinsam in Israel, Australien, Indien, Südamerika und in Kanada. „Die Reise nach Ghana sprengte jedoch den bisher üblichen Rahmen“, erzählt Kristian Commichau.

In Ghana befindet sich eines der wenigen Sinfonieorchester Afrikas, das National Symphony Orchestra of Ghana (NSO). Commichau stellte Kontakte zu dem Chefdirigenten Lahnor A. Adjeim her und bot ihm eine Zusammenarbeit an, natürlich während der Reise. Außerdem holte er bei ihm Erkundigungen ein, wie die Orchesterarbeit materiell zu unterstützen sei. Adjeim berichtete, dass der technische Stand der Instrumente seiner Musiker nicht gerade auf hohem Niveau sei, die meisten wären defekt und nur notdürftig repariert. Das war ein Signal für den Potsdamer Professor und die Choristen. Sie sammelten im Freundeskreis Spenden, Mitglieder der Kammerakademie, des Landespolizeiorchesters, der Geigenbauer Bernhard Wölz beteiligten sich an der Schenkung von Instrumenten und Ersatzteilen.

Während der gut zweiwöchigen Reise in Ghana gab der Dirigent auch mit dem NSO Konzerte, die er mit ihm erarbeitete. „Man darf die orchestrale Qualität mit unseren Klangkörpern nicht vergleichen“, sagt Kristian Commichau. „Viele der Musiker haben, wenn überhaupt, lediglich ein paar Jahre Unterricht gehabt.“ Außerdem habe die abendländisch-westeuropäische Musik in Ghana, wie in den meisten Ländern Afrikas, kaum eine Tradition. Aber man sei begierig, sie kennenzulernen, sie zu hören. „Für mich und für den Chor war es ungewohnt, dass die Konzertgäste in den zumeist überfüllten Kirchen oder im National Theatre von Accra während des Singens und Musizierens das Gehörte lautstark kommentierten. Man erzählte uns, dass dies keine Unhöflichkeit ist, sondern Ausdruck des intensiven Interesses an der für sie ungewöhnlichen Musik.“

Die Programme, mit denen Commichau und die vocal-concertisten nach Ghana reisten, waren vielgestaltig. Dazu gehörte a-cappella-Literatur deutscher und englischer Komponisten, Werke ghanaischer Musiker, die für die Sängerinnen und Sänger nicht alltäglich waren. Im Gepäck hatten Commichau und der Chor auch Händels Oratorium „Der Messias“, aus dem sie Ausschnitte gemeinsam mit dem National Symphony Orchestra of Ghana in der Hauptstadt Accra aufführten. Das Händel-Werk ist auch beim dortigen Publikum populär, denn als das berühmte „Halleluja“ angestimmt wurde, erhoben sich alle Zuhörer von den Plätzen.

Gewöhnungsbedürftig war für die deutschen Gäste, dass die Musiker zu den Proben und Workshops, die Zuhörer zu den Konzerten rund eine Stunde später als geplant kamen. „In Ghana sei dies gang und gäbe und schließlich hatten sie sich darauf eingestellt. „Bei einigen rhythmisch geprägten Werken begannen einige Zuhörer zu tanzen oder mit zu klatschen. Bei dem Stück ,The Making of a Drum’ von Bob Chilcott schlug ich die Trommel. Einige Zuhörer sprangen auf. Viele Ghanaer assoziieren mit Trommeln nämlich noch das Wirken spiritueller Kräfte“.

Die Arbeitskontakte zu Studierenden waren ergiebig. Zwei Dirigierstudenten reisten mit den Deutschen durch das Land, um die Werke von Komponisten ihres Heimatlandes zu leiten. „Obwohl wir schon, die voccal-concertisten und ich, in so manchen Ländern musizierten, spürten wir noch nie so deutlich wie jetzt in Ghana die Wichtigkeit unseres Tuns“, so Commichau. Man habe die jeweils anderen musikalischen und kulturellen Traditionen kennengelernt. Klaus Büstrin

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