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Nach fünf Jahren Pause: Babyklappe in Potsdam wieder geöffnet
Im St.-Josefs-Krankenhaus befindet sich die einzige Babyklappe in Brandenburg. 2018 wurde sie wegen Sanierungsarbeiten am Gebäude vorübergehend stillgelegt.
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Fünf Jahre war die Babyklappe am katholischen Alexianer St. Josefs-Krankenhaus in der Allee nach Sanssouci wegen Sanierungsarbeiten an dem Gebäude stillgelegt. Am gestrigen Dienstag ist Brandenburgs einziges derartiges Angebot wieder in Betrieb genommen worden. In den Mittagsstunden segnete Propst Arnd Franke im Beisein der Klinikseelsorgerinnen Birgit Schürmann und Elisabeth Koopmann sowie des Teams der Geburtshilfe die Babyklappe.
Zwölf Babys wurden seit der Eröffnung 2003 dort abgelegt, wie Kliniksprecher Benjamin Stengl den PNN sagte. Eine Statistik über die Geschlechter führt das Krankenhaus nicht. Mit dem Angebot bewegt es sich in einer rechtlichen Grauzone. Legal sind Babyklappen in Deutschland bis heute nicht, unter anderem weil damit das Grundrecht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Herkunft verletzt wird.
Ausweg für verzweifelte Menschen in Ausnahmesituationen
Am Krankenhaus versteht man das Angebot als letzten Ausweg: „Wir bieten die Babyklappe wieder an, weil es eine ureigene christliche Aufgabe ist, für verzweifelte Menschen in einer Ausnahmesituation da zu sein und Leben zu retten“, sagt Regionalgeschäftsführer Alexander Mommert.

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Wird ein Baby in das beheizte Bettchen hinter der Klappe gelegt, wird das Klinikteam leicht zeitverzögert informiert. So bleibt Anonymität gewahrt. Die Findelkinder bekommen zunächst einen vorläufigen Namen - bei Mädchen Josefa Alexius, bei Jungen Josef Alexius, wie der Kliniksprecher berichtet. Nach der Aufnahme, Erstbetreuung, Untersuchung und Versorgung kommen sie unter die Obhut des Jugendamtes, das als staatlicher Vormund weitere Entscheidungen wie etwa über Impfungen trifft. Über die Adoptionsstelle wird eine Pflegefamilie gefunden.
Man versuche zu signalisieren, dass Mütter sich auch später noch zu einer vertraulichen Nachsorgeuntersuchung melden können. Es bestehe auch die Möglichkeit, später persönliche Daten der Mutter oder Erinnerungsstücke wie ein Kuscheltier für das Kind zu hinterlassen, betont Kliniksprecher Stengl. In Potsdam sei eine Mutter in einem Fall tatsächlich zurückgekommen, um das Gespräch zu suchen, wie er berichtet. Es sei aber schließlich bei der Abgabe des Kindes geblieben. „Die Frauen hadern sehr mit sich und dieser Entscheidung“, ist er überzeugt.
Auch eine anonyme oder vertrauliche Geburt ist möglich
Sowohl am St. Josefs als auch am städtischen Bergmann-Klinikum besteht für Schwangere in Not, die das Kind nicht bei sich aufwachsen lassen können oder möchten, auch die Möglichkeit einer anonymen oder vertraulichen Geburt. Bei der anonymen Geburt werden die Daten der Mutter nicht erfragt. Ähnlich wie die Babyklappe ist das nicht rechtssicher.
Als legale Alternative gibt es seit 2014 in Deutschland die vertrauliche Geburt. Dabei gibt die Mutter ihre Daten einmalig im Beratungsprozess an. Bei allen weiteren Schritten, zum Beispiel in der Klinik, verwendet sie ein Pseudonym. Die Daten werden in einem Umschlag verschlossen bei einer Bundesbehörde aufbewahrt. Nach einer Frist von 16 Jahren kann das Kind - und sonst niemand - Einsicht verlangen.
Am St. Josefs-Krankenhaus werden geschätzt bis zu fünf anonyme Geburten im Jahr durchgeführt, wie der Kliniksprecher sagt - in die Statistik fließt das nicht ein. Am Bergmann-Klinikum ist das Angebot einer anonymen oder vertraulichen Geburt seit 2014 dreimal in Anspruch genommen worden, heißt es auf PNN-Anfrage.
„Die vertrauliche oder anonyme Entbindung in der Klinik ist für Mutter und Kind zwar sicherer als eine Geburt allein zu Hause“, erklärt Siegfried Schlag, Chefarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe am St. Josefs. Allerdings sei die Hemmschwelle für Frauen mitunter unüberwindbar: „Die Babyklappe muss aus unserer Sicht als letzter Ausweg für Frauen, die ihr Kind unerkannt abgeben wollen, erhalten bleiben.“
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