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Friedrich Meinel erhält stehende Ovationen in der Erlöserkirche Potsdam, im Januar 2014.

© Andreas Klaer

Nachruf nach Unfalltod: Zum Tod des Potsdamer Kirchenmusikers Friedrich Meinel

1957 kam Friedrich Meinel an die Erlöserkirche in Potsdam und prägte die Kirchenmusik der Stadt. Nach einem Verkehrsunfall verstarb der 93-Jährige am 21. November.

Stand:

Die Potsdamer Kantorei und das Neue Kammerorchester musizierten am Samstag in der Erlöserkirche unter dem Dirigat von Ud Joffe das „Deutsche Requiem“ von Johannes Brahms. Einen Tag zuvor erfuhren die Sängerinnen und Sänger, dass Friedrich Meinel, der die Kantorei vor 67 Jahren gegründet und vier Jahrzehnte geleitet hat, an den Folgen eines Verkehrsunfalls am 21. November verstorben ist. Er wurde 93 Jahre alt.

Das Requiem, das er regelmäßig mit der Kantorei aufgeführt hat, wurde zu einem bewegenden und dankbaren Gedenken an den Kirchenmusikdirektor. Hoffnung und Zuversicht haben auch in diesem Werk Priorität. Friedrich Meinel hat diese Erkenntnis mit seinem musikalischen Wirken an der Erlöserkirche an die Hörenden weitergegeben.

Seit 1957 in Potsdam

Der in Schneeberg im Erzgebirge Geborene, der in Halle (Saale) Kirchenmusik studierte, in Mühlhausen wirkte, kam 1957 mit 26 Jahren an die Erlöserkirche in Potsdam. Er konnte bald Gemeindemitglieder gewinnen, die in der Kantorei mitsingen. Das erste Konzert mit Händels Dettinger Te Deum war so überzeugend, dass viele Sangesfreudige, vor allem junge, fortan den Chor bereicherten. Das war überwältigend, zumal 1957 der Oratorienchor Potsdam unter der Leitung des gestandenen Kirchenmusikers Ekkehard Tietze an der Friedenskirche gegründet wurde.

Der Kirchenmusiker Friedrich Meinel an seiner Hausorgel 2007.

© MANFRED THOMAS TSP

Schließlich zählte die Kantorei rund 120 Mitglieder. Die Stasi wurde misstrauisch, denn der Freiraum Kirche war ihr ein Dorn im Auge. Doch Meinel ließ sich von Einschränkungen staatlicherseits in puncto Öffentlichkeitsarbeit nicht schrecken. Mit Unterstützung seiner Frau, Annemarie Meinel, wurden die Werke der Oratorienliteratur der Barockzeit, Romantik und des 21. Jahrhundert aufgeführt, darunter das Te Deum von Helmut Barbe, das zur 1000-Jahr-Feier Potsdams 1993 erstmals gesungen wurde, das War-Requiem von Benjamin Britten oder das Oratorium „Golgota“ von Frank Martin.

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Auch die Pflege der Kammerchorarbeit war ihm ein Anliegen. Er gründete den erfolgreichen Motettenchor. Großen Anklang fand die Arbeit des Kinderchores, der unter der Leitung von Annemarie Meinel ohne ideologische Vorgaben ein musikalisch frisches Leben in das neugotische Gotteshaus brachte. Man erlebte eine klingende Erlöserkirche unter Friedrich Meinels Obhut.

Meinel kämpfte für neue Orgel

Fehlte nur noch die Orgel. Zwar gab es 1957 ein Instrument der Firma Sauer. Doch sie erfüllte nicht die Ansprüche, die ein A-Kirchenmusiker von einer Orgel hat. So setzte sich Meinel intensiv für den Bau eines neuen Instruments ein. Die renommierte Potsdamer Orgelbaufirma Schuke konnte gewonnen werden. 1965 wurde das Instrument mit seinem neobarocken Klang geweiht. Der Organist hat der „Königin der Instrumente“ in Gottesdiensten und Konzerten eine klangliche Erfüllung gegeben, die zu den Höhepunkten musikalischen Lebens in Potsdam gehörte. Gemeinsam mit Matthias Jacob, dem Friedenskirchen-Kantor, initiierte er den erfolgreichen Internationalen Orgelsommer.

1991 erhielt Meinel einen Lehrauftrag für künstlerisches Orgelspiel an der Universität der Künste Berlin, vier Jahre später eine Honorarprofessur.

Friedrich Meinel trug sich 2014 in das Goldene Buch der Stadt Potsdam ein.

© Andreas Klaer

Als der Kirchenmusiker 1996 in den Ruhestand ging, wusste er, dass die Kantorei und der Kinderchor mit Ud Joffe in eine gute Zukunft gehen. Bis zum Herbst 1997 leitete Meinel die Kantorei weiter. Auf der Schuke-Orgel der Erlöserkirche hat er noch einige Jahre ehrenamtlich den Gottesdiensten ein musikalisches Profil verliehen, auch in anderen Kirchen Potsdams. 2014 verabschiedete sich Meinel von seiner „Königin“. Seitdem ist Tobias Scheetz Organist der Erlöserkirche.

Die starke Aussagekraft von Friedrich Meinels Wirken demonstrierte das Untrennbare von Musik und Glauben. Brahms Requiem endet mit dem Chorsatz „Selig sind die Toten, die in dem Herrn sterben … sie ruhen von ihrer Arbeit, denn ihre Werke folgen ihnen nach.“ Bewegt vernahm man den Trost am Samstag.

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