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LEGAL SPRÜHEN IN POTSDAM: Neun Flächen im Stadtgebiet freigegeben Eine Tram wird bunt

Wie in Potsdam versucht wird, Graffiti in geordnete und legale Bahnen zu lenken. Ein Zwischenbericht

Stand:

In Babelsberg finden sich am Plantagenplatz in Höhe des Spielplatzes Friedhofsmauerflächen, die auf der Straßenseite freigegeben sind. Außerdem steht auch eine große Graffiti-Wand auf dem Spielplatz an der Fultonstraße. In Potsdam-West wartet die Hauswand am Spielplatz in der Nansenstraße auf Graffiti-Künstler. In der Nähe von Zentrum-Ost dürfen einzelne kleine Elemente auf der Skaterfläche in der Friedrich-List- Straße besprüht werden. Auf dem Kreisel in Groß Glienicke sind Mauerelemente aufgestellt, die auf beiden Seiten mit Graffiti verschönert werden können. In der Potsdamer Innenstadt stehen Graffitiwände auf der Aktionsfläche am Bassinplatz, am ehemaligen Toilettenhaus, zur Verfügung.

Am Schlaatz wurde eine Mauer hinter der Medienwerkstatt Schilfhof 28/29, zum Besprühen freigegeben. Zudem stehen Graffitiwände auf dem Spielplatz Falkenhorst, neben der Kita Falkenhorst 19/21, und am Pumpenhaus zum Sprühen bereit. Schließlich gibt es am Spielplatz Wieselkiez beidseitig besprühbare Graffiti-Mauern zum legalen Sprayen. KG

Feliks Aleksander steht vor der Mauer und blickt nach oben. Gerade ist ein junges Sprayer-Team um den 25-Jährigen mit dem Riesengraffito fertig geworden, das er nun vor sich sieht: An der Lärmschutzwand an der Nutheschnellstraße, gegenüber vom Stern-Center, prangt jetzt eine überdimensionale Straßenbahn mit Jugendsprüchen und fetzigen Motiven. Ganz legal. „Mit solchen Aktionen wollen wir die Akzeptanz von Graffiti erhöhen“, sagt Feliks Aleksander.

„Wir“, das ist in diesem Fall der Potsdamer Verein Proffiti, der sich seit 2007 in Projekten speziell mit Sprayern auseinandersetzt und deren legale Aktivitäten fördern will. Aktueller Kooperationspartner dafür ist der Potsdamer Verkehrsbetrieb (ViP), auf dessen Geheiß jetzt auch die Lärmschutzwand am Stern-Center bemalt werden konnte. Zuvor hatte der Profitti e.V. zusammen mit Schülern der Käthe-Kollwitz-Oberschule mehrere Stunden lang das Thema Graffiti diskutiert und über Motive geredet, die auf der Bahn an der Steinwand erscheinen sollen. Schließlich beteiligten sich mehrere Schüler an der Aktion, die in diesen Tagen beendet wurde. Die Idee dahinter, so erklären die Verantwortlichen: Was Jugendliche selbst gestalten, zerstören sie nicht.

Das Konzept, Graffiti in geordnete Bahnen lenken zu wollen, wird in Potsdam derzeit an vielen Stellen probiert. So hat die Stadtverwaltung erst in der vergangenen Woche neun Standorte veröffentlicht – meist sind es kleinere Wände –, deren Eigentümer die Erlaubnis gegeben haben, sie zu besprühen. „So findet auch die Jugendkultur ihren Platz in unserer Stadt“, sagt die Sozialbeigeordnete Elona Müller. Demnach dürfen rund 333 Quadratmeter Fläche insgesamt bemalt werden.

Die sind aus Sicht von Szenevertretern auch dringend nötig, als Ausgleich für rund 600 Quadratmeter Wandfläche, die während der Sanierung der Schiffbauergasse quasi „über Nacht“ wegplaniert worden seien. Um wieder diesen Stand – und sogar mehr – zu erreichen, verhandelt die Verwaltung aktuell mit dem Eigentümer und den Anwohnern einer Fläche in der Waldstadt. Die zwei Meter hohe und nahezu 600 Meter lange Wand am ehemaligen Plattenwerk in der Heinrich-Mann-Allee eigne sich aus Sicht der Verwaltung hervorragend für Graffiti-Kunst, so Müller. Gestalten sich die Verhandlungen nach Plan, soll die Wand bereits im kommenden Monat in der Liste legaler Sprayer-Flächen erscheinen, heißt es weiter.

Für die Stadt dürften solche Gespräche nicht immer einfach sein, gelten Graffiti vielerorts vor allem als kriminell. Kritiker verweisen auf die Kriminalstatistik: Im vergangenen Jahr hat die Potsdamer Polizei 2100 Straftaten in dem Bereich aufgenommen. Vor diesem Hintergrund knüpft die Stadt die Freigabe der Flächen an Bedingungen. Beispielsweise sollen die Sprayer selbst für Sauberkeit an den Graffiti-Wänden sorgen, Dosen und andere Utensilien also wegräumen.

Um zukünftig nicht nur im Internet die legalen Graffiti-Flächen zu finden, sondern auch auf der Straße die Wände eindeutig zu kennzeichnen, soll in Kürze gemeinsam mit Graffiti-Initiativen ein „Signet“ entwickelt werden, kündigt Stadtsprecherin Rita Haack an. Bei dieser Wahl wird wohl auch der Proffiti-Verein mitreden. Zunächst steht dort aber die Vorbereitung auf ein anderes Projekt im Fokus: Das gesprühte Riesenbild am Stern-Center wird demnächst mithilfe von Werbefolie auf eine ViP-Straßenbahn übertragen. Diese soll dann ab September als eine Art „Rollendes Klassenzimmer“ durch Potsdam fahren. Auf dieses Kunstwerk dürfte Feliks Aleksander dann noch ein wenig stolzer blicken.

Im Internet:

www.www.proffiti.de

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