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Noosha Aubel.

© Foto: Ottmar Winter / PNN

Update

Noosha Aubel verlässt das Rathaus: Potsdams Bildungsbeigeordnete bekommt neuen Job

Die parteilose Wahlbeamtin legt ihr Amt bald nieder. Damit verliert Oberbürgermeister Mike Schubert die nächste Spitzenkraft. Nicht nur in der Kultur ist das Bedauern groß.

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Das Potsdamer Rathaus verliert eine seiner wichtigsten Führungskräfte: Die bisherige Potsdamer Beigeordnete für Bildung, Kultur, Jugend und Sport, Noosha Aubel, legt ihr Amt zum 28. Februar 2023 nieder. Das teilte sie am früheren Dienstagnachmittag in einer Erklärung an Kolleg:innen und weitere Partner mit, die auch die PNN erreichte. Sie wolle sich „einer neuen beruflichen Herausforderung widmen“, so die parteilose Wahlbeamtin. Nach PNN-Informationen geht sie in die Doppelspitze der 2021 gegründeten Unternehmerstiftung für Chancengerechtigkeit gGmbH, in der Wirtschaftsvertreter sich für junge Menschen einsetzen wollen.

Zur Begründung erklärte die Dezernentin, sie richte ihr berufliches Handeln stets darauf aus, wirksame Veränderungen zu erzielen - wenn es zum Beispiel um Verbesserungen der Lebens-, Arbeits- und Rahmenbedingungen für Kinder, Jugendliche oder Familien gehe. „Dafür habe ich in den vergangenen fünf Jahren all meine Kraft eingesetzt und gemeinsam mit Ihnen vieles erreicht. Leider nicht immer in dem Umfang, wie ich es mir gewünscht hätte und es wurde in der jüngeren Vergangenheit zunehmend schwerer.“ Getreu dem Motto „love it, change it or leave it“ habe sie in den vergangenen fünf Jahren die ersten beiden Phasen intensiv durchlaufen. „Jetzt befinde ich mich in der dritten.“

Die Entscheidung sei ihr schwer gefallen, „da ich nach wie vor für die Aufgaben, die Inhalte und für unsere Stadt brenne“. Sie wolle sich nun „selbstbestimmt mit meinem Engagement und meiner Expertise“ für grundsätzlichere Verbesserungen einsetzen, insbesondere für benachteiligte Kinder und Jugendliche. Die neuen beruflichen Ufer sollten „stärker von relevanten Inhalten, gemeinsamen Überzeugungen und einer wertebasierenden Kultur geprägt sein“, merkte sie in Richtung Rathaus an.

Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD).
Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD).

© PNN/Ottmar Winter

Insbesondere Aubels Verhältnis zu Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) galt zuletzt als belastet. Dieser hatte sie zum Beispiel im vergangenen Jahr im Streit um den Standort für ein neues Gymnasium in Potsdam regelrecht düpiert, am Ende selbst die entscheidenden Gespräche geführt - ohne die 46-Jährige. Auch intern soll es regelmäßig Streit gegeben haben.

Der Abschied von Aubel reiht sich ein in mehrere Abgänge, für die Oberbürgermeister Schubert, der gerade auch die Hälfte seiner Amtszeit erreicht hat, nun passenden Ersatz finden muss. So haben Verkehrsplaner Norman Niehoff, aber auch die Gleichstellungsbeauftragte Martina Trauth und Potsdam-Museum-Chefin Jutta Götzmann neue Jobs gefunden, ebenso muss Schubert mehrere Spitzenpositionen bei den Stadtwerken neu besetzen.

Schubert reagiert auf den geplanten Abschied

Schubert erklärte auf Anfrage zu dem Weggang, dies habe ihm Aubel heute mitgeteilt: „Ich danke ihr für das Engagement in den vergangenen vier Jahren und ich wünsche ihr für ihre neue Tätigkeit und auch persönlich alles Gute.“ Er lobte, sie habe mit Stringenz die nötigen Veränderungen in ihrem Geschäftsbereich angegangen. „Sie hat gerade in den fast drei Jahren der Corona-Pandemie und bei den durch den Ukraine-Krieg ausgelösten Flüchtlingsbewegungen große zusätzliche Herausforderungen meistern müssen. Dies hat sie mit ihrer pragmatischen Herangehensweise und zupackenden Art geleistet. Gerade in der jüngeren Zeit sind dabei die Rahmenbedingungen durch die sich verschärfende Haushaltssituation und den engen Fachkräftemarkt auch in Potsdam zunehmend schwerer geworden.“

Aubel hinterlässt auch noch ungelöste Probleme. So hatte jüngst die Überlastung des Jugendamts Schlagzeilen gemacht. Zudem hatte eine Aufstellung für Potsdamer Schulen zuletzt gezeigt, dass die staatlichen Bildungseinrichtungen immer noch höchst unterschiedlich angewählt werden, gerade Plätze an Gymnasien fehlen. Auch im Sportpark Luftschiffhafen stehen größere Sanierungsprojekte vor der Tür.

Die Besetzung einer solchen Stelle dauert gemeinhin rund ein Jahr

Schubert sagte, er werde umgehend die Neubesetzung der Beigeordnetenstelle vorbereiten, „um in dieser herausfordernden Zeit die Vakanz der Stelle so kurz wie möglich zu halten“. So müsse auch eine kommissarische Geschäftsbereichsleitung gefunden werden, „um die aktuellen Herausforderungen in der Jugendhilfe, der Überarbeitung der Sportstättenplanung und bei der Digitalisierung der Schulen zu meistern“. Besetzungsverfahren für Beigeordnete dauern gewöhnlich rund ein Jahr.

Aubel hatte 2017 im Rathaus begonnen, zuvor hatte sie in der 55 000-Einwohner-Stadt Hilden (Nordrhein-Westfalen) das Jugend-, Bildungs- und Sportamt geleitet. Sie sollte für frischen Wind im Dezernat sorgen - und bekam auch noch zusätzlich den sensiblen Bereich des Jugendamts in die Verantwortung. Aubels Vorgängerinnen im Amt hatten stets mit massiver Kritik an ihrer Amtsführung zu kämpfen gehabt.

Erste Reaktionen: Theaterchefin spricht von „Riesenverlust für Potsdam“

Inzwischen gibt es schon erste Reaktionen. Die Chefin des Hans Otto Theaters, Bettina Jahnke, sagte den PNN auf Anfrage: „Das ist für Potsdam ein Riesenverlust. Ich habe auch vor meiner Zeit in Potsdam selten eine Beigeordnete erlebt, die so engagiert, so leidenschaftlich, kenntnisreich und präsent bei der Sache war.“ Der Nachfolger oder die Nachfolgerin werde in große Fußstapfen treten. „Ihren Weggang bedauere ich wirklich sehr.“ Ähnlich äußerte sich Heike Bohmann vom Nikolaisaal: „Ich bin traurig, dass Noosha Aubel geht. Sie war eine tolle Kollegin und eine schnelle, humorvolle Denkerin. Es hat immer Spaß gemacht, mit ihr zusammenzuarbeiten.“

Auch der Chef des Fördervereins des Potsdam Museums, Markus Wicke, meldete sich zu Wort. „Ich nehme die Entscheidung mit großer Enttäuschung auf, weil wir hier sehr gut zusammengearbeitet haben und wir uns von Vereinsseite jetzt auch etwas alleingelassen fühlen.“ Was Aubel für das kommunale Museum wollte, habe sich in großen Teilen mit dem gedeckt, „was wir wollen“. Es gehe um einen Ort, der für die Bürgerinnen und Bürger da ist, „kein elitärer Ort“. Wicke weiter: „Insofern wird sie schon ihre Gründe haben, aber die Enttäuschung überwiegt bei mir.“ Auf Twitter teilte der Verein mit: „Auch wenn jetzt alle gehen, wir bleiben. Herzliche Grüße aus der sinkenden Landeshauptstadt Potsdam.“

Sabine Chwalisz vom Tanzhaus fabrik sagte: „Ich habe die Nachricht mit großer Überraschung und auch Bedauern aufgenommen.“ Und: „Aus dem Abschiedsschreiben von ihr spricht eine gewisse Frustration mit der Stadt, auch das muss man klar sagen.“ Durch den Weggang würden bestimmte Prozesse, die man gemeinsam angestoßen habe – die kulturpolitischen Prozesse oder das Betreibermodell für die Schiffbauergasse – auf der Zielgeraden liegenblieben. Aubel sei immer ansprechbar gewesen. „Die freie Szene hatte in Noosha Aubel immer eine Fürsprecherin.“ Aber man müsse auch sagen, dass die Kultur in dem Monsterressort, für das Aubel verantwortlich war, keine Hauptrolle mehr spielen konnte. „Bei einer Neubesetzung wäre meiner Meinung nach zu überdenken, ob man das nicht doch wieder aufspaltet.“

Alexander Hollensteiner, Geschäftsführer der Kammerakademie.
Alexander Hollensteiner, Geschäftsführer der Kammerakademie.

© Andreas Klaer

Alexander Hollensteiner, Geschäftsführer der Kammerakademie Potsdam, erklärte: „Von der Nachricht wurden wir kalt erwischt. Noosha Aubel hat sich in den letzten Jahren, insbesondere in der Hoch-Zeit der Corona-Krise stark und zupackend für die Kultur eingesetzt. Auch auf ihre Initiative hin hat sich das Netzwerk KulturMachtPotsdam gegründet. Ihr zeitnaher Weggang, gerade in diesen bewegten und andauernd krisenhaften Zeiten, ist natürlich sehr bedauerlich.“

Für Robert Witzsche, Vorsitzenden des Potsdamer Kita-Elternbeirates, kam Aubels Ankündigung „total überraschend“. Der Elternbeirat bedaure den Weggang, er wertet ihn als Verlust. „Die Zusammenarbeit mit Frau Aubel war immer konstruktiv, immer zielorientiert, wenn auch nicht immer einig“, so Witzsche. „Es wurde ihr in Potsdam politisch nicht immer leicht gemacht, ihre Ziele zu verfolgen“, glaubt er. Annett Hagemann-Rentzsch vom Kreiselternrat sagte, für die Potsdamer Schulvertreter sei Aubel immer ansprechbar gewesen. Sie habe sich sehr für die Digitalisierung und die Schaffung von Gymnasien gekämpft, lobte sie: „Für uns ist das ein Verlust.“

CDU: „Dem Oberbürgermeister laufen die besten Leute fort“

CDU-Oppositionschef Matthias Finken.
CDU-Oppositionschef Matthias Finken.

© Andreas Klaer

Auch aus der Stadtpolitik gibt es erste Reaktionen, auch viel Überraschung ist dabei. Oppositionschef Matthias Finken (CDU) sagte, Frau Aubel habe ihr Ressort mit viel Sachverstand und Übersicht geführt: „Dem Oberbürgermeister laufen die besten Leute fort.“ Die Fraktion Die Andere: „Dieser Wechsel ist sicher keine gute Nachricht - und das sagen wir nicht so oft.“ Der Grünen-Stadtverordnete Andreas Walter twitterte: „Höchst bedauerlich.“ Die Grünen-Fraktionsspitze mit Saskia Hüneke und Gert Zöller drückte ebenso ihr Bedauern aus: „Vielleicht kann sie andernorts freier agieren als im politischen Umfeld der Landeshauptstadt.“

Der Sozial.Die Linke-Fraktionschef und Vorsitzender des Bildungsausschusses, Stefan Wollenberg, äußerte sich ebenso überrascht: „Wir haben Frau Aubel immer als streitbare, aber auch konstruktive Partnerin erlebt. Viele Entwicklungen sind in den letzten fünf Jahren angestoßen worden. Sie in der bisherigen Konstellation auch abzuschließen, hätte ich begrüßt.“ Gleichwohl respektiere er die Entscheidung. „Für Ihren künftigen Weg wünsche ich ihr alles Gute.“

Kritischer äußerte sich SPD-Fraktionschefin Sarah Zalfen: „Für ihr Engagement gebührt ihr herzlicher Dank. Sie hat viele wichtige Prozesse angestoßen und mit Leidenschaft vorangebracht, die allerdings noch nicht abgeschlossen sind. Der Weggang ist daher sehr bedauerlich.“ Und weiter: „Die für so eine Position erstaunlich kurzfristige Ankündigung stellt angesichts der Aufgaben und Krisen eine Herausforderung dar, die die Kolleg:innen und Mitarbeiter in der Verwaltung jetzt stemmen müssen. Wir haben sie für eine ganze Amtszeit gewählt und hätten gern mit ihr als Beigeordneter weitergearbeitet. Sie hat andere Ziele, das müssen wir respektieren.“

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