zum Hauptinhalt

DASwar’s: Nur noch kurz die Mails checken

Vor einigen Tagen sollte ich eine aktive Pause machen. Also, ich meine keine ärztliche Empfehlung für mich – ich brauch eher mal eine stille Pause.

Stand:

Vor einigen Tagen sollte ich eine aktive Pause machen. Also, ich meine keine ärztliche Empfehlung für mich – ich brauch eher mal eine stille Pause. Ich durfte die Manager eines großen Konzerns bewegen. Die wurden drei Tage darin geschult, wie sie ihr Unternehmen und ihre Mitarbeiter besser führen können. Sie kamen unter anderem aus Polen, Frankreich, Dänemark und England und verbrachten den ganzen Vormittag in Seminarräumen. „Viele Flipcharts und Powerpoints“, meinten sie am Mittag auf meine Frage, wie ihr Tag bislang war.

Es ist, nun ja, sagen wir mal „herausfordernd“, internationale Manager in dunklen Anzügen zu sportlicher Bewegung zu animieren. Jedes Mal bei meiner Ankunft traf ich sie mit dem Handy am Ohr, manche hatten sogar zwei Telefone gleichzeitig. Sie schienen überhaupt keine Zeit für eine Pause zu haben. „Die müssen alle schnell nur noch die Welt retten, bevor ich sie erden kann“, dachte ich spontan und sang leise: „Nur noch achtundvierzigtausend Mails checken.“

Ich hatte für den ersten Tag verschiedene Übungen geplant: Atemübungen, Mobilisationsübungen, Lockerungsübungen und ein kleines Laufspiel. Am Ende der halben Stunde war ich mir nicht ganz sicher, ob es zu viel oder zu wenig war. Jedenfalls hing bei einigen Managern das Hemd aus der Hose. Ich hielt das für ein gutes Zeichen. Und sie lachten.

Am nächsten Tag das gleiche Bild. Als ich ankam, empfing mich ein virtuoses Fingerspiel auf diversen Smartphones. Wichtige Telefonate. „Checking mails“, rief mir einer der Herren zu, als ich ihn zur aktiven Pause einlud. Diesmal hatte ich mir ein Ballspiel überlegt: Dabei steht man im Kreis, wirft sich einen Ball zu, während man den Namen desjenigen ruft, zu dem man wirft, und läuft dem Ball hinterher, um die Position des Fängers einzunehmen. Die ersten Ballwechsel waren etwas unsicher, doch es wurde zunehmend schneller. Peter warf zu Neil, der weiter zu Kevin, der zu Greg. Sebastian lenkte den Ball sofort mit dem Kopf weiter zu Marcus und der spitzelte ihn mit der Hacke weiter zu Toby. Ich war freudig überrascht, wie wunderbar das funktionierte: Danish Dynamit gegen die Three Lions, Deutschland gegen Polen. Gib Männern einen Ball und sie spielen eine ganze Fußball-Europameisterschaft.

Am dritten Tag eröffneten mir meine Manager, dass sie heute wirklich keine Zeit für eine Pause haben. Sie hätten eine umfangreiche Aufgabe bekommen und müssten sich auf eine Präsentation vorbereiten. Ich überlegte bereits an meiner Ansprache, dass Pausen wichtig sind und sie sich danach viel besser fühlen würden, als einer der Herren rief: „Okay, ein paar Minuten dieses lustige Ballspiel it’s good to come down.“

Ich kam mir vor, als hätte ich die Welt gerettet. Ganz ohne Telefon.

Peter Könnicke ist freier Journalist und arbeitet als Lauf- und Fitnesstrainer.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })