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Prozess am Potsdamer Landgericht: Onkel soll seine minderjährige Nichte jahrelang missbraucht haben
Er soll seine Nichte seit ihrem fünften Lebensjahr mehrmals vergewaltigt haben: Ein einstiger Börsenmanager und Parteifunktionär muss sich seit Dienstag vor dem Potsdamer Landgericht verantworten. Es drohen ihm fünf Jahre Haft.
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Potsdam - Die Anklageschrift schildert eine Leidensgeschichte. Der inzwischen 57-jährige Sven-Uwe K. (Namen geändert) soll seine Nichte Marie F. seit ihrem fünften Lebensjahr sexuell missbraucht haben – und zwar zu Gelegenheiten, wenn K. seine Schwester und ihre Tochter in der Schweiz besuchte. Seit Dienstag wird der Fall am Potsdamer Landgericht behandelt, K. drohen mehr als fünf Jahre Haft.
Der einstige Börsenmanager habe sein Opfer über Jahre hinweg gefügig gemacht, hielt Staatsanwalt Peter Petersen dem Mann vor. So habe der Onkel seine Nichte gewarnt, er werde ihre Familie auseinanderbringen, sollte sie ihn verraten. Zudem habe er gedroht, nur wenn sie schweige, werde er zumindest ihre Schwester in Ruhe lassen. Angeklagt sind insgesamt sechs Vorfälle. Viermal habe sich K. an F. in ihrem Kinderzimmer vergangen. Dazu kommen zwei mutmaßliche Missbrauchsfälle bei einem Familienurlaub in Brasilien vor nun zwölf Jahren – dort soll der Angeklagte sie in einer Sauna und einem Hotelzimmer vergewaltigt haben. Erst 2006 habe sich die heute 28-Jährige einem Sozialarbeiter und später ihrer Mutter anvertraut, hieß es am Rande der Verhandlung.
Das Opfer werden immer noch wegen traumatischer Erfahrungen behandelt
Die Vernehmung der Zeugin fand am Dienstag unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, um ihre Intimsphäre zu schützen. Auch der Angeklagte musste nach einem Beschluss des Landgerichts den Raum während der Aussage verlassen. Zuvor hatte die Nebenklage ein ärztliches Attest verlesen, wonach die Frau immer noch wegen der traumatischen Erfahrungen behandelt werde – und ihre Aussage unter anderem aufgrund von Angstzuständen gefährdet sei, wenn sich der Angeklagte im selben Raum aufhalte.
Der Angeklagte ließ die Vorwürfe durch seinen Verteidiger Claus Pinkerneil – bekannt aus der Sat.1-Dokusoap „Anwälte im Einsatz“ – allgemein bestreiten. Selbst äußerte sich Sven-Uwe K. aber nicht dazu. Allerdings leide er inzwischen, speziell wegen der Vorwürfe, an Depressionen, hieß es. Inzwischen ist er vollverrentet. 3000 Euro pro Monat erhalte der unverheiratete, kinderlose Mann noch aus seinen früheren Geschäftsführertätigkeiten, hieß es weiter. 2007 zog der Angeklagte nach einer zwei Jahre währenden beruflichen Zwangspause wegen Burn-outs in die Landeshauptstadt um, war dann zeitweise auch als Funktionär bei der Potsdamer CDU tätig, legte dann seine Ämter aber später nieder.
Urteil im November erwartet
Denn bereits 2013 stand er wegen eines Teils der jetzt verhandelten Vorwürfe vor dem Amtsgericht, wurde damals wegen schweren sexuellen Missbrauchs an Kindern zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt. Doch der Richterspruch erlangte nie Geltung. Denn danach legten Ankläger und Verteidigung jeweils Berufung ein. Schließlich wurde das Verfahren, als die weiteren Vorwürfe zu der besagten Brasilien-Reise dazukamen, komplett neu aufgerollt, das erste Urteil verworfen. Der jetzige Prozess am Landgericht ist damit die erste Instanz. Noch sieben Verhandlungstage sind angesetzt, ein Urteil ist für Mitte November vorgesehen. Bei den vergangenen Verhandlungen hatte die Verteidigung versucht, die Glaubwürdigkeit des mutmaßlichen Opfers infrage zu stellen. Auch am Dienstag versuchte Anwalt Pinkerneil erfolglos, den Ausschluss seines Mandanten von der Vernehmung seines mutmaßlichen Opfers zu verhindern – ohne Erfolg.
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