Landeshauptstadt: Panzerschieben per Handy
Die Potsdamer Firma eWave Interactive programmiert mit einmaliger Technik Spiele für Mobiltelefone
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In Carl Engelbert Wenzels Computertisch liegen in einem schmalen Fach rund zehn verschiedene Handys griffbereit. Nokia, Samsung, Siemens und so weiter. Doch keines der modernen Geräte benötigt der 29-Jährige zum Telefonieren. Denn Wenzel ist darauf spezialisiert, jene Funktionen zu programmieren, die ein modernes Mobiltelefon eher zu einer Multimedia-Station im Kleinformat machen. In der Potsdamer Firma eWave Interactive GmbH mit Sitz im Technologiezentrum Dennis-Gabor-Straße arbeitet der junge Mann mit acht anderen Mitarbeitern an Spielen für moderne Handys.
Das Unternehmen hat sich damit auf einen schnell wachsenden Markt spezialisiert. Handy-Spiele gelten als Boombranche im Bereich des Digitalen Entertainments: Der weltweite Umsatz soll im vergangenen Jahr bei über zwei Milliarden Euro gelegen haben, vier Jahre zuvor noch bei knapp über Null. „Damals waren die Geräte noch nicht bereit für Spiele, doch mittlerweile sind Bildschirm und Grafik bei vielen Handys gut genug dafür“, sagt Hendrik Heimer, Geschäftsführer von eWave Interactive. Seine Firma spürt diesen Aufschwung: Von 300 000 auf 800 000 Euro sei der Umsatz im vergangenen Jahr gesteigert worden. Ab März könnte das Geschäft noch stärker florieren: Dann soll das bisher kostenlose Spiel „Killing Fields“ für Geld im Internet angeboten werden.
Heimer rechnet sich gute Chancen aus, dass das Strategiespiel weiter ein Erfolg bleibe. Bei der Leipziger Spielemesse Games Convention gewann es schon einen Preis. Mit seinem Prinzip – futuristische Armeen treten in der Vogelperspektive gegeneinander in Echtzeit an – ist es für ihn beispielgebend dafür, was zur Zeit auf kleinen Telefonen maximal möglich ist. „Bei Handyspielen können wir uns anders als bei modernen PCs oder Gamekonsolen wieder auf das pure Spielprinzip konzentrieren, da Mobiltelefone trotz allem noch keine komplexen 3D-Grafiken abbilden können und die Steuermöglichkeiten durch die wenigen Tasten stark beschränkt sind“, sagt Heimer. Er vergleicht das Genre daher mit Spielen aus der Zeit der ersten Heimcomputer wie dem C64 oder dem Amiga, als einfache Ideen für die Spielmotivation sorgen mussten. So sei auch „Killing Fields“ angelegt: Über ein virtuelles Spielbrett mit Hexagon jagen dabei Panzer, Flugzeuge und andere Waffensysteme mit verschiedenen Fähigkeiten. „Das Besondere ist, dass tausende Spieler gleichzeitig gegeneinander und gegen den Computer kämpfen können“, schwärmt Heimer. Die dabei benutzte Technologie, Spielzüge zwischen mobilen Spielern ohne spürbare Zeitverzögerung darzustellen, ist laut seinen Angaben weltweit zur Zeit ein Unikat. „Die Server dazu stehen allerdings nicht in Potsdam, nur die Idee kommt von hier“, so Heimer.
Wegen dieses Wissensvorsprungs ist Heimer zuversichtlich für die weitere Entwicklung. Im Herbst soll die erste Filiale von eWave Interactive in Asien eröffnet werden: Singapur ist als Ziel anvisiert. Auch der Sitz in Potsdam sei eine solche bewusste Entscheidung gewesen, sagt Heimer. Denn ursprünglich kommt die Firma aus dem Städtchen Ravensburg im Süden von Baden-Württemberg. Als über die Umzugspläne entschieden wurde, hätte man sich statt für München oder Hamburg für „das schöne Potsdam“ entschieden. „Berlin und Leipzig sind gleich in der Nähe, zudem kommt etwa aus dem Institut von Hasso Plattner der qualifizierte Nachwuchs, den wir brauchen“, begründet Heimer die Wahl. Die Büroräume wirken, als sei das Engagement längerfristig geplant. In jedem Raum stehen lebensgroße Figuren bekannter Computerspiele: Lara Croft aus Tomb Raider, ein Ork aus den Warcraft-Strategiespielen. „Es braucht ja die richtige Umgebung für Kreativität“, meint Heimer schmunzelnd.
Unterdessen hat Programmierer Carl Engelbert Wenzel einen weiteren Schritt für das perfekte „Killing Fields“ abgeschlossen. Er arbeitet daran, dass jeder Spielzug ab März mit nur einer Handytaste zu bedienen ist. Auf einem der Handys aus seinem Arbeitsplatz zeigt er, wie das Spiel abläuft, erklärt welcher Panzer wann einzusetzen ist, um strategisch erfolgreich zu spielen. „Ich denke schon, dass es viele Menschen gibt, die solche Handspiele in Zukunft spielen werden, denn die Kosten werden immer billiger - und ein Computer, um zu spielen, ist eben nicht immer verfügbar.“ Henri Kramer
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