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Kaum Larven. In Potsdam gibt es auch in diesem Jahr nur wenige Eichenprozessionsspinner in den Gärten und Park. Dafür breiten sich Zecken weiter aus und warten vor allem in den Gräsern und Büschen auf Nahrung.

© Manfred Thomas

Landeshauptstadt: Pheromonfallen gegen Schmetterlingslarven Eichenprozessionsspinner sind in Potsdam auf dem Rückzug. Nach dem milden Winter lauern aber viele Zecken auf neue Wirte

Ab ins Grüne, den Frühling in der Natur erleben. Für viele sind die ersten warmen Tage eine willkommene Gelegenheit, die Potsdamer Gärten und Parks zu entdecken.

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Ab ins Grüne, den Frühling in der Natur erleben. Für viele sind die ersten warmen Tage eine willkommene Gelegenheit, die Potsdamer Gärten und Parks zu entdecken. Doch auch allerhand unwillkommene Tierchen wie Zecken oder Mäuse machen sich in diesem Jahr dort breit. Schuld sind der milde Winter und der ausgebliebene Frost. Einigermaßen im Griff hat die Landeshauptstadt hingegen den Befall mit Raupen des Eichenprozessionsspinners.

Vor allem Zecken hätten von den relativ milden Temperaturen der vergangenen Monate in Brandenburg und Berlin profitiert, sagte Herbert Lohner vom Naturschutzverband BUND. Sie würden oft an Mäusen überwintern. „Wenn der Winter weniger hart ist, überleben mehr Mäuse und deshalb gibt es potenziell mehr Zecken“, sagte Lohner. Dies bemerken auch Hundebesitzer, die früher als in den vergangenen Jahren die Blutsauger aus dem Fell ihrer Lieblinge entfernen müssen.

„Wir stellen fest, dass in unseren Breiten das Frühjahr zehn bis 15 Tage früher beginnt als in früheren Jahrzehnten“, erläuterte Lohner. Jüngere Zecken seien deshalb bereits jetzt aktiv. „Wer auf einer Decke unter Bäumen liegt, kann sie durchaus anlocken.“ Nach seinen Worten werden sie durch Körperwärme mobilisiert. Zecken könnten jahrelang im Laub auf ihre Wirtstiere warten. Viele dieser Arten können gefährliche Krankheiten wie Borreliose übertragen.

Im Gegensatz zu den Zecken kann die Stadt beim Eichenprozessionsspinner weitgehend Entwarnung geben. Wie im vergangenen Jahr wird nach Angaben eines Sprechers auf den Einsatz des umstrittenen Insektengiftes „Dipel ES“ im Stadtgebiet verzichtet. Der Bereich Grünflächen werde sich auf das Absaugen gemeldeter Nester des Schädlings beschränken. Wie viel Geld dafür in die Hand genommen werden muss, konnte ein Sprecher nicht sagen. Dies hänge vom tatsächlichen Aufwand ab. Im Jahr 2013 wurden 75 000 Euro in die Bekämpfung der Raupe investiert, im vergangenen Jahr waren es rund 20 000 Euro. Insgesamt rechne die Stadtverwaltung mit einem ähnlichen Befall wie 2014. Damals wurden 28 Fälle registriert, vor allem in der Heinrich-Mann-Allee.

Für die Gärten der Stiftung Preußischer Schlösser und Gärten (SPSG) gab Sprecher Frank Kallensee Entwarnung. Da in diesem und dem vergangenem Jahr kein Befall festgestellt worden sei, beschränke man sich darauf, sogenannte Pheromonfallen aufzustellen. Diese werden Kallensee zufolge in den Bäumen positioniert und sollen die Insekten anlocken. Zunehmend fühlen sich in der Region auch bislang unbekannte Insekten heimisch. Nach Angaben Lohners begünstigen milde Winter die Ausbreitung fremder Arten wie der Kirschessigfliege. „Es gibt erste Hinweise, dass sie in Berlin und Brandenburg angekommen ist“, sagte der Naturschützer. Sie komme ursprünglich aus Ostasien und sei über importiertes Obst nach Deutschland gelangt. Nun breitet sie sich vom Südwesten der Republik nach Norden aus. Die Fliege befällt sämtliche Beerensorten, aber auch Pflaumen und Kirschen und legt dort ihre Eier ab. „Wenn es unter minus drei Grad ist, stirbt sie“, ergänzte der Naturschützer. Dies war bekanntlich in diesem Winter nur selten der Fall. Dennoch könne die Fliege in geschützten Gartenlauben überwintern.

Eine Invasion von blutsaugenden Mücken muss Potsdam dagegen vorerst nicht befürchten. „Mücken benötigen Wasser, um darin ihre Eier abzulegen“, sagte Stefan Hetz vom Institut für Biologie an der Berliner Humboldt-Universität. In der Region war der April aber sehr trocken. Es regnete kaum. Damit könnte auch der Sommer halbwegs stechfrei vonstatten gehen – vorausgesetzt, es kommt nicht doch noch eine Schlechtwetterperiode mit Regen und hoher Feuchtigkeit wie vor zwei Jahren bei der Jahrhundertflut an Elbe und Havel.

Nach Einschätzung der Experten gibt es bei Insekten im Allgemeinen keinen Automatismus zwischen ausbleibendem Frost und einem rasanten Ausbreiten von Schädlingen im Frühjahr. „Ein Wechsel von Warm und Kalt bereitet Insekten Probleme“, sagte Hetz. Sollte es im Winter wärmer werden, laufe der Stoffwechsel an. Dabei drohe die Gefahr, „dass Insekten nicht mehr mit ihren Energiereserven zurechtkommen“. Außerdem könnten sich bei wechselhaftem und nicht so kaltem Wetter Schimmelpilze ausbreiten, die dann Larven von Insekten befallen, ergänzte Lohner. (mit dpa)

Stefan Engelbrecht

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