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Landeshauptstadt: Politische Mehrheit für Tourismusabgabe steht
Trotz Kritik: Rot-rot-grüne Koalition will Parkeintritt für Sanssouci verhindern. Derweil gibt es neue Rekordzahlen für Hoteliers
- Henri Kramer
- Matthias Matern
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Trotz der wachsenden Kritik von Händlern, Gastronomen und anderen Unternehmern an der geplanten Tourismusabgabe für Potsdam hält eine Mehrheit in der Stadtpolitik an dem Vorhaben fest – doch die Kritik wächst. Vor allem in der Rathauskooperation aus SPD, CDU/ANW, Grünen und FDP gehen die Meinungen über die Abgabe auseinander.
So erklärte CDU-Fraktionschef Horst Heinzel am Donnerstag den PNN, seine Partei könne der Abgabe in ihrer jetzigen Form nicht zustimmen. Er könne sich einen Pflichteintritt für den Park Sanssouci vorstellen – allerdings müssten die Potsdamer davon ausgenommen werden: „Da muss es eine Lösung geben.“ Die Schlösserstiftung hatte dagegen stets erklärt, ein kostenloser Eintritt nur für Potsdamer sei aus rechtlichen Gründen nicht möglich. Die Potsdamer FDP bekräftigte gestern ihr „Nein“ zu der Abgabe: Diese sei „unehrlich und ungerecht“ und müsse sofort beerdigt werden, so die Liberalen.
Dagegen hält die SPD an dem Vorhaben fest. SPD-Chef Mike Schubert nannte die Debatte über die Abgabe „verquer“ – bisher wisse niemand, welche Kosten auf die Firmen zukämen. Sein Ziel bleibe es, den Eintritt in den Park kostenfrei zu halten. Das wollen auch die Grünen, wie ihre Fraktionschefin Saskia Hüneke sagte. Allerdings habe sich ihre Fraktion zu der Tourismusabgabe noch keine Meinung gebildet. Zu weiteren Befürwortern der Abgabe zählen die Linken. Kreischef Sascha Krämer warnte davor, Horrorszenarien an die Wand zu malen – erst müssten die genauen Pläne der Stadt für die Abgabe vorliegen. Diese dürfe nicht zu wirtschaftlichen Härten führen, so Krämer. Wie der Linke-Chef sprach sich auch Schubert gegen die Pläne der Stadtverwaltung aus, 500 000 Euro aus den Erlösen der Abgabe in den städtischen Haushalt fließen zu lassen. Dagegen bestehen laut Verwaltungsrechtler Thorsten Ingo Schmidt auch rechtliche Bedenken (siehe Interview).
Die Stadt will mit der Abgabe insgesamt zwei Millionen Euro einnehmen, die Hälfte davon soll die Schlösserstiftung für die Pflege ihrer Parks erhalten. Damit soll ein Pflichteintritt für den Park Sanssouci verhindert werden. Erste Details der Abgabe waren jüngst bekannt geworden: So soll sich die Höhe der Abgabe nach dem Standort der potentiell 15 000 betroffenen Unternehmen und Geschäfte richten, also ob sie in der Nähe einer Touristenattraktion angesiedelt sind. Die FDP kritisierte, dies sei abstrus: Touristische Betriebe auf der Berliner Seite der Glienicker Brücke würden nicht belastet – dafür aber kleine Nahversorger in Bornstedt. Auch das Bürgerbündnis und die Potsdamer Demokraten kritisieren die Abgabe, ebenso mehrere Wirtschaftsverbände.
Neue Informationen für die Debatte kommen vom Statistikamt der Stadt. Demnach hat die Hotelbranche im vergangenen „Friedrich 300“-Jahr erneut eine Rekordzahl Touristen beherbergen können. Das geht aus dem neuen Quartalsbericht für die Landeshauptstadt hervor. Von Anfang 2012 bis Ende September meldeten die Hoteliers der Stadt knapp 810 000 Übernachtungen. Im Vorjahreszeitraum waren es knapp 710 100 Übernachtungen – also rund 100 000 weniger. 2010 wurden fast 690 000 Übernachtungen gezählt. Seit 2007 ist die Zahl der Touristen in Potsdam kontinuierlich gestiegen, Experten gehen davon aus, dass bei den Übernachtungen im vergangenen Jahr die Millionengrenze geknackt wurde.
In den Kassen der Geschäfte in der Potsdamer Innenstadt ist von den steigenden Touristenzahlen allerdings nur wenig zu spüren, beklagen viele Händler. Die meisten Gäste würden ohnehin von den Busunternehmen an der Innenstadt vorbei direkt nach Sanssouci gebracht, heißt es. Entsprechend müsse auch dort für den Erhalt der Schlösser und Gärten gezahlt werden – und zwar in Form eines Parkeintritts, findet etwa Axel Ballhause, Inhaber eines Teefachgeschäfts in der Brandenburger Straße: „An anderen Orten ist es eine Selbstverständlichkeit, dass man für den Erhalt eines Weltkulturerbes bezahlt, wenn man es besichtigen will.“
Die Behauptung, die Touristen würden zumeist an der Innenstadt vorbeigeschleust, hält Birgit Kunkel, Sprecherin der Tourismus Marketing Brandenburg GmbH, für unzutreffend. „Da braucht man sich im Sommer doch nur einmal in der Stadt umzuschauen. Auch die Besucherzahlen anderer touristischer Einrichtungen im Zentrum sprechen dagegen“, sagte Kunkel. Der Weg vom Luisenplatz entlang der Brandenburger Straße sei eine „klassische touristische Laufmeile“.
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