Landeshauptstadt: Polizei verstärkt Präsenz auf Straßen
Rocker trafen sich am Krankenhaus und planten Überfall auf Schopenhauer Straße / Ermittler: Prognose scheint sich zu bewahrheiten
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TATORT 1]TATORT 2]Nach zwei gewaltsamen Zusammenstößen von Mitgliedern der Motorradclubs (MC) Gremium und Hells Angels am Sonntag in Potsdam hat Polizeipräsident Rainer Kann gestern eine verstärkte Präsens von Sicherheitskräften im Stadtgebiet angekündigt. „Das Polizeipräsidium Potsdam ist entschlossen, der Provokation des Rechtsstaates durch Mitglieder von Rockerclubs wirksam zu begegnen“, sagte Kann. Nun sollen vermehrt Beamte in Uniform und in Zivil unterwegs sein.
„Das wird jeder Potsdamer sehen“, ergänzte Präsidiumssprecher Rudi Sonntag. „Uns erscheint dieses Vorgehen notwendig, um frühzeitig einer weiteren Eskalation entgegenzuwirken. Wir werden den Mitgliedern der Motorradclubs das Leben nicht gerade einfach machen.“ Offenbar war auch die Polizei von den Auseinandersetzungen überrascht, die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen versuchten Totschlags. Es ist das erste Mal überhaupt, dass sich Mitglieder des schon über Jahre in Potsdam ansässigen Gremium MC und des erst im März gegründeten Hells Angels-Chapters gewaltsam attackierten. Ein damit befasster Ermittler sagte den PNN: „Unsere Prognose scheint sich nun zu bewahrheiten. Potsdam und Umland entwickeln sich zum Zentrum von Rockerkriminalität und gewalttätiger Zusammenstöße.“ Die Experten der Polizei vermuten, dass die Hells Angels der Konkurrenz von Gremium die Vormacht in der Türsteherszene streitig machen. Hinzu kommt der seit Jahren in Berlin- Brandenburg tobende Rockerkrieg zwischen Hells Angels und Bandidos um Einfluss bei Sicherheitsdiensten samt Drogenhandel und Prostitution. Auch hier rücke das Potsdamer Umland in den Fokus, sagte der Ermittler den PNN.
Polizeisprecher Rudi Sonntag trat gestern Spekulationen entgegen, ob nicht wenigstens der Überfall von Gremium- Rockern auf ein Mitglied der Hells Angels am Sonntagnachmittag hätte verhindert werden können. Es war ein Racheakt, nachdem Hells Angels-Männer am Sonntagmorgen um 4 Uhr in der Früh Gremium-Mitglieder vor Clärchens Tanzcafé in Babelsberg mit Waffen attackiert und verletzt hatten. Einer erlitt durch einen Querschläger einen Steckschuss in den Fuss, dem anderen wurde mit einem Messer durch den Oberarm gestochen.
Wie sich nun herausstellt, ist mindestens ein weiteres Gremium-Mitglied vermutlich durch Schläge am Kopf verletzt und im Bergmann-Klinikum ambulant behandelt worden. Doch davon taucht der offiziellen Mitteilung von Staatsanwaltschaft und Polizei nichts auf. Wie die PNN aus sicherer Quelle erfuhren, konnten sich knapp zehn Gremium-Rocker dann am frühen Sonntagnachmittag unbehelligt von der Polizei am Bergmann-Klinikum treffen, um den Überfall auf das Hells Angels-Mitglied zu verabreden. Offenbar war der Mann im Stadtgebiet gesichtet und verfolgt worden. In der Klinik liegen die beiden verletzten Gremium-Rocker, bereits am Sonntag standen Mitglieder der Gruppierung dort Schmiere, um ihre Freunde vor weiteren Übergriffen zu schützen. Schließlich fuhren sie kurz vor 14 Uhr in die Schopenhauer Straße. An der Ecke Hegelallee bremsten sie den Wagen eines 34-jährigen Hells Angels- Rockers aus, zerrten den Mann heraus und verprügelten ihn.
Polizeisprecher Sonntag sagte, eine Observation der Gremium-Rocker sei nicht möglich gewesen und an enge rechtliche Voraussetzungen geknüpft. „Im Vorfeld haben uns keine Erkenntnisse dazu vorgelegen. Der Überfall war nicht vorhersehbar, Tatzeit und Tatort mitten in der Stadt atypisch.“ Ein Beamter sagte den PNN hingegen, die Ermittlungsgruppe Rocker sei am Wochenende durch den ersten Überfall und die „Berlin Harley Days“ personell an ihre Grenze gestoßen.
Brandenburgs Innenministerium indes erteilte der Forderung des CDU- Innenexperten Sven Petke nach einer gemeinsamen Sonderkommission „Rocker-Kriminalität“ für Berlin und Brandenburg eine Absage. Petke hatte erklärt: Es bereite ihm Sorge, dass die Sicherheitsbehörden offenbar noch kein Mittel gegen die gewalttätigen Auseinandersetzungen gefunden haben. „Wenn das so weiterläuft, ist der erste Tote nur eine Frage der Zeit.“ Ministeriumssprecher Geert Piorkowski sagte, schon jetzt gebe es einen durchgehenden Informationsaustausch mit der Berliner Polizei. Das Konzept habe sich bewährt. Alexander Fröhlich
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