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Links und rechts der Langen Brücke: Potsdam – allein gelassen

Henri Kramer über die Debatte um Parkeintritt oder Tourismusabgabe

Stand:

Es geht für Potsdam um die sprichwörtliche Wahl zwischen Pest und Cholera: Soll es die Tourismusabgabe oder der Zwangseintritt für den Park Sanssouci sein? Ein Bürokratiemonster oder ein Wegezoll für Anwohner? Dieser Konflikt wird sich kaum befrieden lassen – auch deshalb, weil er der Stadt von außen aufgezwungen worden ist. Man erinnere sich: Im Ursprung geht es darum, dass die Schlösserstiftung seit Jahren zu wenig Geld hat, ihre historischen Parkanlagen vernünftig zu pflegen. Diesen Missstand kennen die öffentlichen Eigner der Stiftung, die Länder Brandenburg und Berlin sowie der Bund. Doch sie haben daraus nicht den Schluss gezogen, der Stiftung mehr Geld für die Parkpflege zu geben. Vielmehr haben sie Potsdam die Pistole auf die Brust gesetzt: Entweder erklärt die Stadt, dass die Stiftung ab Juli aus dem kommunalen Haushalt in Form einer Tourismusabgabe mitfinanziert wird – oder der Parkeintritt wird eingeführt. Das Problem wurde also abgewälzt auf die Landeshauptstadt, vielleicht auch, weil die Stiftung selbst bisher nicht erkennbar dargestellt hat, wie sie ihre Einnahmen durch eine stärkere Vermarktung des Weltkulturerbes ohne Parkeintritt steigern könnte.

So müssen sich die Potsdamer Stadtverordneten bis zum Sommer zwischen zwei schlechten Varianten entscheiden: Entweder kommt der Sanssouci-Zwangseintritt mit all seinen Folgen. Die gravierendste: Der innenstadtnahe, schon immer frei zugängliche Park hätte deutlich weniger Zugänge als jetzt, der Weg durch den Park wäre gerade für Anwohner und Studenten auf dem Weg zum Uni-Standort Neues Palais nicht nur kostenpflichtig, sondern auch erschwert. Oder es wird die Tourismusabgabe eingeführt, die nach Angaben der Stadt stattliche 260 000 Euro Verwaltungsaufwand verursacht und insgesamt zwei Millionen Euro Einnahmen bringen soll. Zugleich werden 15 000 Unternehmen belastet, vor allem durch Arbeitsaufwand: Denn die Bagatellgrenze für die Abgabe liegt derzeit bei gerade einmal zehn Euro – es kann also sein, dass für viel Papierkrieg und Rechenschieberei samt Porto eine Firma eine Elf-Euro-Rechnung erhält. Ein Irrwitz. Zudem ist es eben ein logischer Bruch, dass sich Potsdam – allein gelassen auch von der rot-roten Regierung im Land – direkt an der Finanzierung der Stiftung beteiligen muss: Wer garantiert, dass da in den nächsten Jahren nicht noch mehr kommt? Und bisher ist auch nicht die Rede davon, dass die Stadt für ihren Einsatz nun ein Mitspracherecht bei Entscheidungen der Stiftung erhält. Dennoch wird eine rot-rote Mehrheit der Stadtverordneten der Abgabe aller Voraussicht nach zustimmen. Ein Jahr vor der Kommunalwahl werden SPD und Linke keinen Parkeintritt zulassen.

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