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Ein Fall für Berlin. Während die See-Anrainer, die den Weg am Griebnitzsee-Ufer sperrten, die Entscheidung der Bundespolitik kritisch sehen, keimt bei der Potsdamer Stadtverwaltung und bei der Bürgerinitiative Hoffnung auf einen freien Uferweg.

© Manfred Thomas

Von Sabine Schicketanz: Potsdam setzt auf den Bund

Berlin übernimmt Griebnitzsee-Fall: Anrainer skeptisch, Bürgerinitiative zuversichtlich

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Babelsberg - Der Griebnitzsee-Konflikt ist jetzt ein Fall für die Bundespolitik – das erhöht die Chancen für einen öffentlichen Uferweg, meint die Potsdamer Stadtspitze. Es sei „ein kleiner Erfolg“, dass Bundestag und Bundesrat nun den Verkauf des Bundesbesitzes am Seeufer absegnen müssen, sagte gestern Bürgermeister Burkhard Exner (SPD). Von der Entscheidung des Bundesfinanzministeriums, die bundeseigenen Griebnitzsee-Flächen als „Grundstücke mit besonderer Bedeutung“ zu werten, hatte Exner gestern aus den PNN erfahren.

Er rechne damit, dass für Parlament und Länderkammer das „öffentliche Interesse der Stadt“ an einem Uferweg auf dem Ex-Postenweg der DDR-Grenzer eine „andere Rolle“ spielen werde als bei einer „rein administrativen Entscheidung“. Exner verwies auf die Historie des Areals: Der Weg sei nach dem Mauerfall gleich nach der Glienicker Brücke geöffnet worden und dann fast zwanzig Jahre begehbar gewesen, bis Privatanrainer ihn im April 2009 sperrten. Dies spiele wohl für Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), der als einer der „Architekten der deutschen Einheit“ gelte, eine Rolle. Die Initiative „Griebnitzsee für alle“ wertete es auch als „Schritt in Richtung einer öffentlichen Lösung“, dass die Bundespolitik sich eingeschaltet hat, sagte Sprecher Walter Raffauf. Der Verkauf der Bundesflächen sei damit „aus der Mauschelecke raus“.

Anlass für die Griebnitzsee-Abstimmungen im Haushaltsausschuss des Parlaments und im Finanzausschuss der Länderkammer ist der Poker um das 32 000 Quadratmeter große Uferareal des Bundes. Potsdam will den kompletten Bundesbesitz für 2,6 Millionen Euro von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) erwerben. Die Summe sei Ergebnis eines gemeinsamen Wertgutachtens von Stadt und Bima. Mit dem Kauf will die Stadt mehr Grundstücke am See besitzen, über die der öffentliche Weg problemlos führen kann. Bei der Bima liegt jedoch ein Gegenangebot einer Gruppe von Anrainern vor, die drei Millionen Euro bieten und damit offenbar den öffentlichen Uferweg verhindern wollen. Anrainer-Anwalt Christoph Partsch sieht die Bima in der Pflicht, an den Höchstbietenden zu verkaufen. Sie habe laut Gesetz „rein fiskalisches Interesse“, so Partsch: „Das Gesetz der Bima ist eindeutig, dem könnte man folgen.“ Dass sich jetzt Bundestag und Bundesrat mit dem Grundstücksverkauf befassten, müsse kritisch gesehen werden: „Man muss sich fragen, wie viele Ausnahmen man machen will.“ Er hoffe, der Bundestag nehme „alle Fakten zur Kenntnis“. Zum Griebnitzsee- Konflikt gehöre nicht allein die Geschichte seit 1990, sondern auch die NS-Zeit. Die Nazis hatten jüdische Seegrundstücksbesitzer enteignet; Potsdam will den Uferweg notfalls mit Enteignungen durchsetzen.

Die Brisanz des Potsdamer Konflikts von öffentlichem Interesse und Privateigentum wurde gestern anhand der politischen Reaktionen deutlich. Die Potsdamer SPD-Bundestagsabgeordnete Andrea Wicklein machte Druck gegenüber der CDU auf: Bei der Abstimmung im Bundestags-Haushaltsausschuss müsse „die CDU zeigen, dass sie zu ihrem Wort steht“ und einen öffentlichen Uferweg wolle. Für die SPD sitzt auch der Brandenburger Abgeordnete Peter Danckert, Chef der Landesgruppe im Parlament, in dem Ausschuss. „Ich unterstütze die Position Potsdams“, versicherte er den PNN.

Wann sich Bundestag und Bundesrat mit der Griebnitzsee-Frage befassen, ist offen. Bisher hat die Bima offenbar noch keine Vorentscheidung getroffen, ob sie das Bundeseigentum direkt an die Stadt oder die Privatanrainer verkauft oder ausschreibt. Ob Potsdam bei einer Ausschreibung womöglich mehr als die im Wertgutachten ermittelten 2,6 Millionen Euro bieten werde, ließ Bürgermeister Exner gestern offen. Klar sei aber, dass die Stadt ihr Vorkaufsrecht geltend machen werde, wenn sie den Zuschlag nicht erhält. Dann werde es erneut „jahrelangen Rechtsstreit“ geben, so Exner. Dies werde sicher kein „schonender Umgang mit öffentlichem Vermögen“ sein.

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