Links und rechts der Langen Brücke: Potsdamer Manöver
Sabine Schicketanz sieht drohende Querelen bei Potsdams CDU, eine Linke im radikalen Kurswechsel und erstarrte Sozialdemokraten
Stand:
Wäre es eine christdemokratische Strategie, wäre sie perfide: In Potsdam die große Rathauskoalition zu brechen, damit die Sozialdemokraten sich auch in der Hauptstadt des rot-roten Brandenburgs den Linken zuwenden.
Dass das prominente CDU-Ehepaar Katherina Reiche und Sven Petke – beide verurteilten das Platzeck-Bündnis mit der SED-Nachfolgepartei auf Landesebene mit scharfen Worten – nun in den Verdacht gerät, eine ebensolche rot-rote Koalition im Potsdamer Stadthaus provozieren zu wollen, hat es sich selbst zuzuschreiben. In nur wenigen Tagen haben beide, die CDU-Kreischefin und der CDU-Landtagsabgeordnete, ihre politischen Partner der Rathauskooperation aus SPD, CDU /ANW, Grünen und der FDP mit öffentlicher Kritik brüskiert. Damit nicht genug: Zumindest der Angriff Petkes gegen SPD-Chef Mike Schubert ging auch dem Fraktionschef der Christdemokraten, Michael Schröder, zu weit. Er distanzierte sich öffentlich vom Parteifreund und ließ den Rathauskooperations-Ausschuss einberufen. Die Krisensitzung der Stadtkoalition findet Montagabend statt.
Die Vorgänge lassen die optimistische Hoffnung der CDU-Anhänger, ihre durch Querelen strapazierte Partei werde geschlossen ins Jahr der Potsdamer Oberbürgermeisterwahl gehen, rapide verblassen. Schon beim Kreisparteitag vor einer Woche hatten sich Abnutzungserscheinungen der befriedeten Potsdam-CDU gezeigt. Offener Protest gegen den Führungsstil und ein mageres Ergebnis für Kreischefin Katherina Reiche waren deutliche Zeichen der Basis. Dabei sind die Machtkämpfe um die Potsdamer Parteiführung nicht einmal zwei Jahre her.
Unruhe herrscht auch bei den Potsdamer Linken. Unter dem Eindruck des Bündnisses mit der SPD im Land startete die Partei per Beschluss des Kreisparteitags vor einer Woche einen radikalen Kurswechsel. Aus dem lang beschworenen Feindbild Sozialdemokratie ist nun ein potenzieller Partner geworden, um linke Politik in der Landeshauptstadt besser durchzusetzen. Die Annäherungsversuche allerdings werden von der SPD bisher mit Ignoranz bedacht. Auch die Oberbürgermeisterwahl bleibt für die Linken ein Wagnis. Ob angesichts der aktuellen Debatte der ehemalige Stasi-IM Hans-Jürgen Scharfenberg als Kandidat politisch vertretbar ist, wird sich die Partei überlegen müssen.
Erstarrt wie das Kaninchen vor der Schlange wirken die regierenden Sozialdemokraten angesichts der Turbulenzen links und rechts. Gebetsmühlenartig beschwört die Partei die große Koalition im Rathaus. Entschlossenheit, Elan, ja eine politische Strategie des Oberbürgermeisters für das Wahljahr sind nur spärlich zu erahnen.
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