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Landeshauptstadt: Potsdamer Neonazi im Visier Ermittler sehen Verbindung zu Mordserie

Er ist in Brandenburgs Neonazi-Szene einer der führenden Köpfe und Strippenzieher. Von Potsdam aus knüpfte er 2010 unter dem Dach der „Jungen Nationaldemokraten“ (JN), der Nachwuchsorganisation der NPD, am Netzwerk der Rechtsextremisten jenseits der Parteistrukturen.

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Er ist in Brandenburgs Neonazi-Szene einer der führenden Köpfe und Strippenzieher. Von Potsdam aus knüpfte er 2010 unter dem Dach der „Jungen Nationaldemokraten“ (JN), der Nachwuchsorganisation der NPD, am Netzwerk der Rechtsextremisten jenseits der Parteistrukturen. Nun gerät Adrian E.*, der Chef des Potsdamer JN-Stützpunktes, wegen der Morde des Jenaer Neonazi-Trios an türkischstämmigen Männern und einem Griechen ins Visier der Sicherheitssbehörden. Sein Zwillingsbruder, ein Neonazi aus Sachsen, mit dem er oft politische Aktionen plante, soll die Mörder beim Erstellen der DVD zu den brutalen Taten geholfen unterstützt haben. Staatsschutz und Verfassungsschutz in Brandenburg haben bislang noch keine Hinweise auf eine Beteiligung an den Verbrechen. Das Innenministerium verwies am gestrigen Mittwoch ausdrücklich auf die Zuständigkeit der Bundesanwaltschaft bei den Ermittlungen. Zudem sehen die Behörden Parallelen zur „Nationalen Bewegung“, die 2001 eine Anschlagsserie, darunter ein Brandanschlag auf die Trauerhalle des jüdischen Friedhofs in Potsdam, begangen hatte.

Wie das linke Portal Inforiot berichtet, gehört E. zu den „Exponenten“ einer Bewegung in der rechtsextremistischen Szene, die massiv auf Abstand zur NPD geht und unter dem Dach der JN lokale Kameradschaftsstrukturen und Freie Kräfte gegen Verbote zu schützen versucht. E. ist zudem im Brandenburger Neonazi-Netzwerk „Spreelichter“ aktiv, das in den vergangenen Jahren mit Propaganda-Aktionen aufgefallen war. Dabei treten die Neonazis mit spitzen, an den Ku-Klux-Klan in den USA erinnernden Hüten und Transparenten auf, auf denen steht: „Die Demokraten bringen uns den Volkstod.“

Eine ähnliche Aktion gab es jüngst am 9. November, als rund 50 Potsdamer Neonazis offenkundig anlässlich des Gedenktages zur Reichspogromnacht 1938 vermummt und mit Fackeln durch die Waldstadt II marschierten. Ermittler gehen davon aus, dass die „Freien Kräfte Potsdam“, die unter dem Dach der JN agieren, den Aufmarsch organisiert hatten. Das Bündnis „Potsdam bekennt Farbe“ hat am Dienstagabend den Vorfall in Waldstadt II einmütig verurteilt. Die Mitglieder des Bündnisses verabredeten, gegen die gegen Bestrebungen der „Freien Kräfte“ vorzugehen, etwa mit einer Informationskampagne. Das 5. Fest für Toleranz im Herbst 2012 soll zudem in der Waldstadt stattfinden.

Wie aus Kreisen der Sicherheitsbehörden, aber auch von linken Antifa-Gruppen zu erfahren ist, war E. auch an Vernetzungstreffen von JN-Funktionären aus Brandenburg, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern beteiligt. In Grabow, einem Ortsteil von Mühlenfließ bei Treuenbrietzen (Potsdam-Mittelmark), besitzt er ein Gehöft, wo Treffen von NPD und Neonazis stattfanden. Vor einigen Jahren noch war E. führend in der „Bewegung Neue Ordnung“ und im „Schutzbund Deutschland“ aktiv. Beide waren wegen programmatischer Nähe zur NSDAP 2006 vom brandenburgischen Innenministerium veboten worden.

Brandenburgs Verfassungsschutz will trotz der Ermittlungspannen bei der lange unentdeckten Mordserie von Neonazis an den V-Männern festhalten. Die Behörde habe seit jeher „ein Auge“ auf mögliche rechtsterroristische Aktivitäten gehabt, sagte Verfassungsschutzchefin Winfriede Schreiber.  (* Name geändert)

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