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Landeshauptstadt: Potsdamer Privilegien

Wolfgang Joops Mode ist republikweit gefragt. Bei der Frühjahrsaktion im Wunderkind Archiv lässt es sich schön shoppen

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Der Parkplatz ist voll. Zwischen noch blattlosen Ziergehölzen und Gartengestühl stehen Wagen aus Berlin, Rostock und München. In Wolfgang Joops Wunderkind Archiv Shop ist „Spring Sale“, Frühlings-Verkauf, und für die drei tollen Tage vom gestrigen Donnerstag bis Samstag sind Stammkunden aus ganz Deutschland angereist. Wenn sie denn den Weg zum Laden in der Friedrich-Ebert-Straße finden, sagt Archiv-Mitarbeiterin Britt Jung, denn die Baustelle vor dem Stadthaus, mit einem „Nur für Anlieger“-Schild, schrecke so einige Kunden ab. „Ich sag dann, bitte beherzt weiterfahren“, so Jung.

Das Anliegen der Herrschaften ist eindeutig, wenn auch nicht immer gleich verteilt: Während zumeist die Damen die Designer-Schnäppchen begutachten, aussuchen, anprobieren und wichtige Entscheidungen treffen, müssen sich die Herren mit ihrer Begleiter-Rolle arrangieren. Das tun sie geduldig, harren aus auf bequemen Polstermöbeln. Und neben dem Herrchen wartet oft ein ebenso geduldiger Hund.

Carlo ist ein Deutsches Drahthaar aus Spandau, „der nicht so schönen Schwester Potsdams“, sagt Frauchen. Antje Kappel und ihr Mann Wolf-Ingo sind bereits seit einer ganzen Weile hier. „Etwa zwei Stunden muss man schon einplanen“, sagt der Berliner. Seine Frau habe bis jetzt ein wunderschönes Jackett gefunden, leider dazu noch keine passende Hose. Zwei- bis dreimal im Jahr kommen sie von Spandau rüber nach Potsdam, gehen mit dem Hund im Königswald bei Sacrow spazieren – und bei Wunderkind einkaufen. „Joops Mode ist einfallsreich und eben von hier, nicht aus Paris. Das hat auch etwas mit Lokalpatriotismus zu tun“, schwärmt der Herr. Zu Hause hat er einen Joop-Anzug, heute bekommt er allerdings nichts.

Auch ein Mann aus Rostock bedauert, dass der Potsdamer Designer sich derzeit nur auf Damenbekleidung beschränkt. Im romantischen Innenhof zwischen Villa Bier und Remise wartet er auf seine Frau und bewacht dabei deren Handtasche. „Sie bezahlt alles selbst“, sagt er, und es komme einiges zusammen. Alle paar Monate sind sie in Potsdam, es lohnt sich. Und Joop, der sei zeitlos in seinem Design, dabei stets fernab von der Stange. „Wir haben ihn bei einer Show in der Rostocker Kunsthalle gesehen und sind seitdem seine Fans“, sagt der Mann. Gerade die Herrenmode sei großartig, die Männer sähen darin immer toll aus.

Die Verkäufer machen vor, wie das geht. Wirbeln schick beanzugt wie graue Eminenzen um die Damen und Herren herum, die an diesem Vormittag in das Archiv gekommen sind. Dreimal im Jahr veranstaltet Wolfgang Joop einen Sonderverkauf mit satten Rabatten, der letzte um Weihnachten sei großartig verlaufen, sagt Peter Hermann, Manager der vier Joop-Boutiquen in Deutschland. Für den Frühlings-Verkauf haben sie zusätzlich Personal eingeflogen. Susanne Mielke, seit sieben Jahren bei Joop, arbeitet in der Regel in der Dependance auf Sylt. Seit Mittwoch ist sie in Potsdam, eine schöne Abwechslung, findet sie. Sanssouci hat sie sich schon angeschaut, sagt sie begeistert, und vielleicht ist am Sonntag noch Zeit für ein bisschen Sightseeing. Dann geht es im Flieger zurück.

Jetzt berät und bedient sie in den berühmt-berüchtigten Katakomben im Vorderhaus. Ein paar Stufen hinunter befindet sich das ultimative Schnäppchenparadies: Joop ab 25 Euro. Eine Dame aus Berlin kämpft sich durch das Dutzend Kleiderständer voller Shirts, Oberteile, Jacken, Kleider. „Hat doch alles eine wunderbare Qualität, auch wenn es nicht die aktuelle Kollektion ist“, sagt sie.

„Kaschmir und Strick, das geht heute sensationell“, sagt Peter Hermann begeistert. Die überraschende Aprilkühle sei dafür gar nicht schlecht. Insgesamt zehn Damen und Herren beraten und betüddeln dezent die Kundschaft – Zeit für einen Schwatz inklusive. Durch die Räume hört man „...Wolfgang...“ raunen, man kennt sich und ihn, und überhaupt sind alle ganz entspannt. Es gibt Erdbeerbowle, Sekt und süße Kleinigkeiten. Der Herr aus Rostock beginnt zu stöbern, ein Kurzmantel, flauschig-weich, gefällt ihm. Der sehe auch in einigen Jahren noch gut aus, sagt er. Das gefällt ihm an Joop, das zeitlos-klassische, aber stets auch irgendwie besondere Design.

Doch auch Joop produziert stets Neues, die aktuelle Frühjahrs-Sommer-Kollektion ist im Foyer ausgestellt. An den Kreationen im Streublümchen-Muster, luftige transparente Hänger-Kleidchen und knielange Faltenröcke, kommt man nicht vorbei. „Ist doch was anderes als Peek und Cloppenburg“, sagt ein Herr.

Mittlerweile sind zwei junge Familien mit Kinderwagen dazugekommen, das kleinste Baby erst wenige Wochen alt, die Mutter gertenschlank. Transparente Blusen werden anprobiert. Die Dame aus Rostock trägt ihre ausgewählten Schätze im Arm. Es ist ein ganz ordentlicher Stapel geworden. Joop sei Deutschlands größter Designer, schwärmt sie, und er sei klug. „Nein sagen ist das Privileg des Alters“, habe er mal gesagt, ein großartiger Satz. Und sie zitiert ihn weiter: „Ich mag das Leben großgemustert, kleinkariert macht Kopfschmerzen.“ Sie lacht.

Kopfschmerzen hat an diesem Donnerstag keiner, notfalls treten die Gatten hinaus in den Hof, lassen die Hunde sich unter dem Himmel strecken.

Eine Potsdamerin schiebt ihr Fahrrad die Einfahrt hinunter, vorbei an den ortsfremden Limousinen. Am Lenker baumelt eine Joop-Einkaufstüte, drei Teile hat sie sich heute ausgesucht, sie ist zufrieden. Von der Frühlingsaktion hat sie aus der Presse erfahren. Sie lächelt. „Ich finde den Joop einfach gut.“

Spring-Sale im Wunderkind Archiv Shop noch heute und morgen, jeweils von 11 bis 19 Uhr, in der Friedrich-Ebert-Straße 37

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